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Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge

Titel: Mickey Haller 04 - Der fünfte Zeuge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Fall mit scheinbar erdrückender Beweislage und beginnt, sich in falscher Sicherheit zu wiegen. Man begnügt sich mit dem, was man bereits hat, und anderes potenzielles Beweismaterial bleibt lange unentdeckt. Manchmal zu lange.
    Ich war mir sicher. Es musste dieses Schreiben sein. Vor einem Tag hatte sie es seinetwegen noch mit der Angst zu tun bekommen. Jetzt war sie auf einmal voller Zuversicht. Warum? Der einzige Unterschied zwischen gestern und heute war der Schriftsatz zur Abweisung von Opparizios Vorladung. Plötzlich wurde mir ihre Strategie klar. Die Anklage würde die Abweisung der Vorladung unterstützen. Wurde Opparizio nicht vor Gericht zitiert, konnte ich den Geschworenen das belastende Schreiben unter Umständen nicht vorlegen.
    Wenn ich die Situation richtig einschätzte, konnte die Verteidigung bei der Verhandlung über diesen Antrag einen schweren Rückschlag erleiden. Mir wurde klar, dass ich mich dagegen so erbittert zur Wehr setzen müsste, als hinge der Ausgang des Verfahrens davon ab. Denn das war ja tatsächlich so.
    Ich beschloss, das Handy wegzustecken. Keine Anrufe mehr. Es war Freitagabend. Ich würde den Fall Fall sein lassen und mich am Morgen wieder damit befassen. Bis dahin konnte alles warten.
    »Rojas, machen Sie ein bisschen Musik. Endlich Wochenende, Mann!«
    Rojas drückte auf einen Knopf am Armaturenbrett, um die CD zu starten. Ich hatte vergessen, was ich eingelegt hatte, erkannte aber rasch Ry Cooders »Teardrops Will Fall«, eine Coverversion des Sixties-Klassikers auf seinem Album Anthology. Es hörte sich gut an, und es hörte sich richtig an. Ein Song über verlorene Liebe und das Alleingelassenwerden.
    Der Prozess begann in weniger als drei Wochen. Unabhängig davon, ob wir herausfanden, was Freeman vor uns versteckt hielt, waren wir bereit. Unseretwegen konnte es losgehen. Wir mussten zwar noch ein paar Vorladungen rausschicken, aber ansonsten waren wir bestens gerüstet, und meine Zuversicht wuchs von Tag zu Tag.
    Am Montag wollte ich mich in mein Büro zurückziehen und das Vorgehen der Verteidigung niederschreiben. Nach einem sorgfältig entworfenen Skript würde Stück für Stück und Zeuge für Zeuge die Unschuldshypothese vorgestellt, bis sich alles zu einer tosenden Welle berechtigten Zweifels zusammenfügte.
    Aber bis dahin musste ich noch ein Wochenende hinter mich bringen, und ich wollte so viel Abstand wie möglich zwischen mir und Lisa Trammel und allem anderem haben. Cooder war inzwischen bei »Poor Man’s Shangri-La« angelangt, dem Song über UFOs und »space vatos«, also intergalaktisch Reisende, in Chávez Ravine, bevor man den Stadtteil den Menschen dort weggenommen und das Dodger Stadium gebaut hatte.
What’s that sound, what’s that light?
Streaking down through the night
Was ist das für ein Geräusch, was für ein Licht?
Das da durch die Nacht herunterkommt
    Ich bat Rojas, die Musik lauter zu drehen. Ich öffnete die hinteren Fenster und ließ den Wind und die Musik durch mein Haar und meine Ohren streichen.
UFO got a radio
Little Julian singing soft and low
Los Angeles down below
DJ says, we gotta go
To El Monte, to El Monte, pa El Monte
Na, na, na, na, na
Livin’ in a poor man’s Shangri-La
Im UFO gibt’s ein Radio
Little Julian singt sanft und leise
Los Angeles tief unter uns
der DJ sagt, wir müssen los
nach El Monte, nach El Monte, nach El Monte
na, na, na, na, na
das Leben in einem Arme-Leute-Shangri-La
    Ich schloss die Augen, während wir dahinfuhren.

17
    R ojas setzte mich an der Eingangstreppe meines Hauses ab, und ich stieg langsam die Stufen hinauf, während er den Lincoln in die Garage fuhr. Sein Auto stand am Straßenrand. Er würde damit nach Hause fahren und, wie gewohnt, am Montag wiederkommen.
    Bevor ich die Haustür aufschloss, ging ich ans äußerste Ende der Veranda und schaute auf die Stadt hinab. Die Sonne hatte noch ein paar Stunden Arbeit vor sich, bevor sie über einer weiteren Woche unterginge. Von hier oben hatte die Stadt einen ganz speziellen Sound, der so unverkennbar war wie das Pfeifen eines Zugs. Das tiefe Summen von Millionen konkurrierender Träume.
    »Ist irgendwas?«
    Ich drehte mich um. Rojas stand auf der Treppe.
    »Nein, wieso? Was sollte sein?«
    »Ich weiß nicht. Ich hab Sie nur hier oben stehen sehen, und da dachte ich, es wäre vielleicht irgendwas: dass Sie sich ausgesperrt haben oder was.«
    »Nein, ich habe nur nach der Stadt geschaut.«
    Ich ging zur Tür und zog den Hausschlüssel aus der

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