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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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eventuellen Besuchern meiner Wohnung vorzuenthalten, dass sich in der Tür dahinter eine Vorrichtung befindet, die Türen für gewöhnlich nicht
    aufweisen. Eine Vorrichtung, die ich ebenfalls eigenhändig angebracht habe. Es waren dazu nötig: der Kauf einer
    Stichsäge, mehrerer Scharniere sowie zweier
    Verriegelungsbolzen aus Messing nebst der nötigen Schrauben, außerdem die Bekanntschaft eines ortsansässigen pensionierten Handwerkers, der mich in einem zwar betagten, aber robusten Kastenwagen zum Baumarkt nach Tralee mitgenommen hat,
    wo er mir nicht von der Seite gewichen ist, bis ich alles hatte, was ich brauchte und außerdem jede Menge Ratschläge aus
    seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz, die ich nicht brauchte.
    Ich nenne es meine »Katzenklappe«, was sie auch ist,
    abgesehen davon, dass sie groß genug wäre für einen
    ausgewachsenen Tiger. In der ersten Zeit, die ich, ein
    personifiziertes Staatsgeheimnis der Vereinigten Staaten von Amerika, allein in einem fremden Land gelebt habe, war ich die Sorge nicht losgeworden, dass sich eines Tages die
    Notwendigkeit ergeben könnte, unauffällig aus meinem Haus zu fliehen. Eine Hintertür ist für ein solches Vorhaben schon einmal kein schlechter Anfang, aber Häuser wie das meine sind Standard in Irland, weswegen mir übel gesonnene Verfolger sicher auch dessen Rückseite beobachtet und unweigerlich bemerkt hätten, wenn die Tür dort geöffnet worden wäre.
    Deshalb die Klappe: Sie ist so niedrig angebracht, dass ihr Wirken hinter der umlaufenden Gartenmauer weitgehend
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    verborgen bleiben sollte, und erlaubt es so, die Tür zu
    benutzen, ohne sie öffnen zu müssen.
    Ich hob den Vorhang beiseite, zog die Klebstreifen ab, die ich eines Tages über die Schlitze geklebt habe, um die
    Heizkosten im Rahmen zu halten, öffnete die Verriegelung und drückte gegen das ausgesägte Stück Tür. Es schwang leicht und geräuschlos nach außen, und ein Schwall kühler Abendluft drang herein.
    Kühle, ja. Das war noch so ein Problem. Es genügte nicht, das Haus unbemerkt zu verlassen – man musste draußen auch unbemerkt bleiben. Und das ist im Zeitalter einer Beobachtungstechnologie, die mit Restlichtverstärkern und Infrarotdetektoren Nächte gewohnheitsmäßig zu Tagen macht, umso schwieriger, je kühler die Umgebung ist.
    Doch glücklicherweise haben die Einbrecher, die meine
    Wohnung heimgesucht haben, noch mehr übersehen als nur
    mein Mobiltelefon. Ich ging in die Küche, öffnete den
    Kühlschrank und darin das Tiefkühlfach, das auf den ersten Blick von drei Tiefkühlpizzen in ihren Kartons belegt war.
    Allerdings hatte jeder, der einen zweiten Blick hineingeworfen und sich vor allem klar gemacht hatte, dass jemand wie ich mit Tiefkühlpizza absolut nichts anfangen kann, merken müssen, dass die Kartons nur Attrappe sind, eine schmale, selbst gebastelte Blende, die etwas ganz anderes verbirgt. Meinen Tarnanzug nämlich.
    Ich zog das nachtschwarze, eiskalte Paket heraus. Über zehn Jahre hatte der Anzug unbeachtet vor sich hin gekühlt, aber als ich ihn nun hochhielt und schüttelte, glitt der Stoff gerauschlos und federleicht auseinander, als wäre nichts gewesen.
    Wundersame Welt moderner Werkstoffe. Es war, als hielte ich einen Schatten in Händen, einen Schatten in Form eines Ninja-Anzugs.
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    Die Außenseite dieses Anzugs ist nicht nur von
    unergründlich tiefem Schwarz, sie besteht auch aus einem Material, das imstande ist, Kälte enorm lange zu speichern.
    Damit der Träger eines solchen Tarnanzugs nicht darin erfriert, ist die Außenschicht gegen die Innenseite isoliert, trotzdem blieb mir fast der Atem weg, als ich hineinschlüpfte. Wie eine Klammer legte sich lähmende Kalte um Brust und Schenkel, und als ich die Gesichtsmaske überzog, biss der Frost in Wangen und Lippen, bis sie taub wurden.
    Gewohnungsbedürftig. Ich betrachtete mich im Flurspiegel.
    Es schien in einem anderen Leben gewesen zu sein, dass ich in diesem Anzug über einen Trainingsparcours gerobbt war.
    Meine Gestalt war so schwarz, dass sie wie ausgestanzt wirkte aus der wirklichen Welt.
    Eine Stunde ungefähr blieb mir, wenn ich mich recht
    erinnerte. So lange war die Außenhülle imstande, meine
    Strahlungstemperatur zuverlässig auf einem Level zu halten, das zu niedrig war, als dass sich Infrarotsichtgerate dafür interessiert hatten.
    Eine Stunde. Mehr als genug.
    Ich ging vor meiner Katzenklappe auf die Knie, atmete noch einmal durch und glitt in einer fließenden

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