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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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seinem Sinn zu tun hat. Und wenn ich, sagen wir, ein Buch über Neuguinea lesen will, lese ich keines, das Hunderte von Jahren alt ist, oder? Sondern besorge mir das modernste, das es gibt. Aus dem Grund habe ich bei den
    modernen Philosophen angefangen. Wittgenstein – ich habe kein Wort verstanden. In dem Buch waren alle Sätze
    durchnummeriert, und schon beim ersten wusste ich nicht, was er damit meinte. Bertrand Russell war unterhaltsam zu lesen, aber ich hatte immer das Gefühl, er setzt etwas voraus, was er bei jemandem wie mir nicht finden wird. Also dachte ich, besser, ich gehe ein Stück zurück und suche ein Buch, das mir die Grundlagen erklärt. Nachdem ich mich durch ein höchst eigenartiges Buch von Friedrich Nietzsche gequält hatte, gab 53
    mir jemand den Tipp, dass Immanuel Kant enorm grundlegend sei. Jetzt stehen hier seine gesammelten Werke, wunderschön in roten Karton gebunden, und das Lesezeichen steckt im
    ersten davon ungefähr bei Seite siebzehn, mitten in wortreichen Betrachtungen über das Verhältnis von Prädikat zu Subjekt und von analytischen Urteilen zu synthetischen. Ich bin eigens in die Bibliothek gegangen, um Begriffe wie a priori und a posteriori nachzuschlagen. Irgendwann war ich so weit, immer nur einen Satz zu lesen und dann den Nachmittag lang am
    Strand spazieren zu gehen und darüber nachzudenken, und als mich das auch nicht weiterbrachte, habe ich Kant aufgegeben.
    Eine Zeit lang habe ich nur gekauft, aber kaum gelesen, bis ich bei den alten Griechen angekommen war. Da hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, zumindest so viel zu verstehen, dass ich so etwas wie Vorlieben entwickeln konnte. Aristoteles zum Beispiel kommt mir staubtrocken vor, und als ich feststellte, dass er allen Ernstes der Auffassung war, das Gehirn sei nur ein Organ zum Kühlen des Blutes, habe ich ihn beiseite gelegt.
    Ich meine, was kann mir so jemand über das Leben erzählen?
    Sokrates erinnert mich fatal an Mister Drummond, einen
    Versicherungsvertreter bei uns in der Nachbarschaft, von dem mein Vater zu sagen pflegte, die einzige Chance, ihm nicht zu unterliegen, sei, sich unter keinen Umständen auf ein Gespräch mit ihm einzulassen. Platon mit seinen rabiaten Ideen zum idealen Staat ist eine ausgesprochen gruselige Lektüre; seine Aufteilung der Bevölkerung in Arbeiter, Wächter und
    Herrscher könnte auch von Stalin stammen, möchte ich mal behaupten. Epikur lässt sich ziemlich weitschweifig über Schmerzempfindungen und Lustempfindungen aus, wie sie
    sich ausdehnen und verdichten und die Abwesenheit des einen angeblich die Anwesenheit des anderen bedingt und so weiter, aber in dieser Beziehung kann er meines Erachtens nicht viel 54
    Ahnung gehabt haben. Und den Sinn des Lebens darin zu
    sehen, einfach seinen Spaß zu haben, ist mir entschieden zu simpel.
    So habe ich herumgesucht, bis es bei Seneca schließlich
    Klick gemacht hat. Vielleicht, weil er Römer war, kein Grieche. Ich denke manchmal, wir Amerikaner sind so etwas wie die Römer von heute: die militärische Weltmacht Nummer eins, die allen anderen sagt, wo es langgeht. Und wann immer ich etwas über die römische Lebensart lese, kommt sie mir in mancher Hinsicht sehr amerikanisch vor, sowohl in ihren
    Ausschweifungen als auch in ihrer pragmatischen
    Nüchternheit. Erstaunlich im Grunde, dass es überhaupt
    römische Philosophen gab.
    So liegt mein Büchlein von Seneca stets obenauf, aber an diesem windigen Samstagnachmittag hatte ich nicht die innere Ruhe, darin zu lesen. Nachdem ich meine
    Tagebucheintragungen abgeschlossen hatte, beschäftigte ich mich stattdessen damit, die übrigen Bücher anders zu stellen und abzustauben. Das hatte zudem den Vorteil, dass ich
    meinen unermüdlichen Verfolger im Blick behielt.
    Nachdem der Fischkutter entladen war und die Menge sich
    zerstreut hatte, trieb er sich bei den Bushaltestellen und Bootsanlegeplätzen herum. Eine weitere bekannte Attraktion Dingles ist ein Delfin namens Fungie, der in der Bucht lebt und aus unerfindlichen Gründen mit den Bootsbesitzern des Ortes zusammenarbeitet: Wann immer sie zahlende Gäste
    hinausschippern, taucht er zuverlässig auf, lässt sich
    fotografieren und treibt seine Späße, und das, ohne in
    irgendeiner Weise dafür entlohnt zu werden. So zuverlässig in der Tat, dass, wenn man auf einer solchen Fahrt den Delfin nicht zu sehen bekommen sollte, einem das Geld für die
    Fahrkarte anstandslos zurückerstattet wird. Mir ist es so 55
    gegangen, als ich neu

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