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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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scheint aus einer Art Aggression heraus zu handeln – und zu überleben –, die jemandem, der so etwas nicht mitgemacht hat, wahrscheinlich kaum zu
    vermitteln ist.
    Dann war da Jack Monroe. Lebte jetzt in irgendeinem
    Kuhkaff in Iowa, kaum zu glauben. Ich dachte an ihn und
    fragte mich, ob er wohl noch dieses unglaublich helle,
    platinblonde Haar hatte, an dem man ihn damals
    wahrscheinlich selbst aus dem Weltraum erkannt hätte.
    Bestimmt ist er aber immer noch sehnig und durchtrainiert, er war der Typ, der ein Leben lang in Form bleibt. Und bestimmt ist er heute alles andere als gut aussehend. Sein Gesicht war von einer starken Jugendakne zerfurcht worden, was ihm beim Rasieren Probleme machte. Ich habe nie vorher und nie
    nachher jemand kennen gelernt, der so oft so viele kleine Pflaster im Gesicht trug. Er sagte nie viel, und wenn, dann in der rauen, kurz angebundenen Weise, wie sie Leute aus
    Nebraska bisweilen an den Tag legen. Und beim Essen war er immer als Erster fertig, weil er seine Mahlzeiten hinabschlang wie ein Wolf.
    Im Lauf der Zeit stellte sich heraus, dass seine Haut generell ein Problem mit Verheilen und Vernarbung hatte. Von uns
    allen hat er mit Abstand die auffälligsten Narben
    davongetragen. Falls es mit den Jahren schlimmer geworden 133
    sein sollte als das, was ich seinerzeit beim Duschen zu sehen bekommen habe, sieht er heute aus wie Frankensteins Monster, wie aus lauter Einzelteilen zusammengenäht.
    Ansonsten ist er ein Konservativer, wenn ich jemals einen kennen gelernt habe. Recht und Ordnung, Vaterland, Amerika, und keine weiteren Fragen. Ich fühlte mich unwohl bei der Vorstellung, ihm anzuvertrauen, dass ich unserem
    Führungsoffizier Informationen vorenthalten hatte, von denen die Möglichkeit bestand, dass sie die nationale Sicherheit betrafen, und das hauptsächlich aus dem höchst eigennützigen Motiv, meinen Wohnsitz in Irland und die damit verbundenen Freiräume nicht gefährden zu wollen.
    Blieb Forrest DuBois, der einzige reiche Erbe, den ich je kennen gelernt habe, Nachfahre französischer Einwanderer und, wie man vermuten darf, bis auf den heutigen Tage des Französischen mächtig, weil dies in seiner Familie so Sitte war.
    Wenn ich an Forrest denke, sehe ich seine hellwachen,
    kornblumenblauen Augen vor mir und den ständigen Ausdruck grimmigen Zorns darin. Sein Vater hatte ihm nicht zugetraut, mit dem Familienvermögen angemessen – sprich so, wie er
    selbst – umzugehen, und ihn mit einem überaus raffinierten Testament im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten quasi ausgebootet. Offiziell gehörte ihm das Vermögen seines
    Vaters, aber es wurde von einem Stiftungsrat verwaltet, der sich den Ansichten seines alten Herrn verpflichtet fühlte und den er nicht loswurde, obwohl er alles versuchte. Ich sehe ihn noch vor mir, wie er am Tisch sitzt, einen Brief eben dieses Stiftungsrates lesend und sich die Haare zerwühlend, die von so ausgewaschenem Braun waren, dass sie mittlerweile
    wahrscheinlich gut als grau durchgehen dürften. Er saß oft mit Stephen Myers zusammen, der in Sachen Recht und
    Geldanlage beschlagen gewesen war, um seine juristischen 134
    Optionen zu diskutieren und sich anzuhören, was man alles Aufregendes mit den Millionen machen könnte, die von den alten Freunden seines Vaters stockkonservativ verwaltet
    wurden. »Das Haus können sie dir nicht nehmen«, diesen Satz habe ich noch im Ohr.
    Sie hatten es ihm tatsächlich nicht genommen, wie es aussah.
    Er wohnte bis auf den heutigen Tag darin. Ich fragte mich, was er dort wohl machte, jahrein, jahraus, zwischen all den
    Stilmöbeln und den Ölportraits seiner Vorfahren, von denen er uns damals in eher angewidertem Tonfall erzählt hat.
    Wenn er guter Laune war, war es immer angenehm gewesen,
    mit ihm zu reden. Er war einer von den Burschen, die zu allem, was so vor sich geht, Hintergrundinformationen haben,
    jemanden kennen, der ihnen was im Vertrauen verraten hat, eben hinter die Kulissen gucken. Sein Rat wäre womöglich sogar ganz interessant gewesen.
    Doch wie ich so dastand, im Flur, vor dem Wandapparat, die Liste mit den Namen und Adressen in der Hand, wurde mir
    klar, was der wirkliche Grund gewesen war, dass ich nie
    versucht hatte, Kontakt mit den anderen aufzunehmen. Wann immer ich mir gesagt hatte, ich hätte mich verpflichtet, es nicht zu tun, war das eine Ausrede gewesen. Ich hatte weitaus
    gravierendere Verstöße gegen weitaus gewichtigere
    Vorschriften begangen, ohne mit der Wimper

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