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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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zu zucken. Selbst die Überwachung unserer Telefone wäre kein wirklicher Grund gewesen, es nicht zu tun, wenn ich es wirklich gewollt hätte. Es gab Briefe, es gab Telefonzellen, es gab Faxgeräte und seit einigen Jahren E-Mail, und abgesehen davon ließ man uns nach dem, was Gabriel erzählt hatte, sowieso allerhand durchgehen inzwischen. Schließlich muss mir auch irgendjemand seinerzeit den Brief mit der Anschriftenliste zugeschickt haben.
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    Der wirkliche Grund, warum ich mich nie gemeldet hatte,
    war, dass ich es nicht gewollt hatte. Selbst jetzt rief die Idee, eine dieser Nummern zu wählen, vor allem die Vorstellung in mir wach, wie wir in einigen Jahren stundenlang am Telefon hängen und über nichts anderes reden würden als über unsere Gebrechen und Beschwerden. Wir würden gemeinschaftlich
    unsere Wunden lecken, ständig weißt du noch? sagen, von alten Zeiten schwärmen, angeben mit den Frauen, die wir
    flachgelegt hatten. Wir würden nach und nach einen Club
    bilden, der in der Vergangenheit lebte.
    Und das wollte ich nicht. Ich wollte in der Gegenwart leben, mich abfinden mit dem, was hier und jetzt war. Ich wollte nicht darüber nachdenken, was einmal gewesen war und was ich
    verloren hatte und was unter anderen Voraussetzungen hätte sein können und all dieses unfruchtbare Zeug. Ich hatte keinen Kontakt zu den anderen gesucht, weil sie für die Vergangenheit standen, mit der ich fertig werden oder die ich zumindest abschließen wollte.
    Ich musste an die Männer mit den Mobiltelefonen denken
    und an den toten Anwalt, der angeblich geheime Unterlagen besessen hatte, und an Bridget, die spurlos verschwunden war.
    Die Vergangenheit war nicht abgeschlossen. Die
    Vergangenheit war noch nicht einmal vergangen. Sie war
    gerade dabei, mich wieder einzuholen.
    Um acht Uhr – zwölf Uhr in Kalifornien – versuchte ich es noch einmal in Santa Barbara, aber mittags Pause zu machen schien nicht zu den Gewohnheiten von Gabriel Whitewater zu zählen.
    Ich zog mich mit einem Buch in meinen Lesesessel zurück, für ungefähr fünf Minuten, bis eine innere Unruhe mich wieder aufspringen ließ und dazu trieb, das Schlafzimmer
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    aufzuräumen und alle Zimmer durchzufegen, etwas, das bei mir normalerweise eher zu kurz kommt.
    Kurz vor neun wählte ich Gabriels Nummer erneut, und es
    hob immer noch niemand ab. Ich fand seltsam, was mir schon heute Mittag hätte eigenartig vorkommen müssen: dass
    jemand, der angeblich ein Nebengewerbe betreibt, keinen
    Anrufbeantworter geschaltet hat, wenn er nicht zu Hause ist.
    Ich ließ es so lange klingeln, bis ich aus der Leitung
    geworfen wurde.
    Dann holte ich das Mobiltelefon hervor, um das Spielchen in der Villa mit den Flamingos zu wiederholen. Ich tippte die Nummer sorgfältig neu ein – um die Möglichkeit
    auszuschalten, dass ich mich vorhin verwählt hatte und seit Stunden den völlig falschen Apparat anrief –, ließ es klingeln und stellte mir hoffnungsvoll vor, dass es in einem solchen Haus einfach seine Zeit dauerte, bis man vom unglaublich blauen Pool bis ans Telefon gelangte, erst recht, wenn einem dabei ein selbsttätig umherfahrender Kühlschrank zwischen die Beine geriet.
    In diesem Augenblick klingelte das Wandtelefon.
    Reilly!, schoss es mir durch den Kopf. Hastig schaltete ich das Mobiltelefon aus und schob es zurück in sein Versteck, gerade so, als bestünde die Gefahr, dass er es über die
    Telefonleitung sehen konnte. Dann hob ich behutsam den
    Wandapparat ab und meldete mich.
    »O'Shea hier, guten Abend«, vernahm ich die sonore Stimme des Arztes. »Ich hoffe, ich störe nicht; auf der anderen Nummer war die ganze Zeit belegt –«
    Mir fiel ein Stein vom Herzen. »Sie sind es!«
    »Das klingt, als hätten Sie jemand anders erwartet.«
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    »Nein, befürchtet.« Ich schüttelte den Schreck ab. »Spielt keine Rolle. Was kann ich für Sie tun, Doktor?«
    Ich hörte ihn schmunzeln. »Umgekehrt – ich fürchte, ich
    muss noch etwas für Sie tun, ehe ich nach Dublin verschwinde.
    Am besten morgen Abend, so gegen sechs.«
    »Wieso das denn?«, fragte ich unbedacht. Ich war so
    verwirrt, dass mir nicht einmal auffiel, wie unbedacht die Frage war.
    Er zögerte. »Soll ich es Ihnen wirklich sagen?«
    »Ich bitte darum.«
    »Ich habe die neuen Röntgenbilder entwickelt, und wie es aussieht, hat einer Ihrer Beinverstärker bei Ihrem Kraftakt etwas abbekommen. Spüren Sie nichts?«
    Ich bewegte beunruhigt die Beine, erst das eine, dann das andere. »In

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