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Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc

Titel: Microsoft Word - Eschbach, Andreas - Der letzte seiner Art.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: SF-Online
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Willen nicht wie frisch Verliebte, die es keine Sekunde ohne die Stimme der Geliebten aushalten. Und keiner von ihnen blickte je in meine Richtung.
    Was definitiv feststand war, dass Bridget gestern Abend
    nach Hause gegangen war und dieses Zuhause gleich wieder verlassen hatte, um – wohin zu gehen? Wie leicht oder wie schwer war es, sich in Irland vor der Polizei zu verbergen?
    Konnte ihr etwas passiert sein?
    Wer waren diese Männer, die mich beobachteten? Und
    warum taten sie es?
    Mir war unwohl dabei, Reilly am Morgen belogen zu haben, und je mehr Zeit dahinging, desto unwohler wurde mir.
    Womöglich hatte Reilly Recht. Womöglich tat ich gut daran, 127
    unterzutauchen und zumindest eine Weile unter den Fittichen des amerikanischen Adlers Schutz zu suchen.
    Wenn ich ihn andererseits jetzt anrief und ihm die Wahrheit berichtete, würde er mich nie mehr aus den USA fortlassen. Ich kannte ihn lange genug, um das mit Sicherheit zu wissen. Er würde mich dabehalten, nicht als Strafe, sondern aus purer Sorge. Für Reilly waren wir seine Söhne, sein Familienersatz.
    Er litt Qualen um uns. Zumindest, solange sein Ansehen bei seinen Vorgesetzten nicht gefährdet war. Deren Wohlwollen war ihm im Zweifelsfall jederzeit wichtiger als unseres.
    Ich stand vor dem altertümlichen Wandtelefon und
    zermarterte mir das Hirn nach einer plausiblen Erklärung, einer beruhigenden, glaubwürdigen Ausrede dafür, dass ich ihn nicht sofort informiert hatte. Aber meinem armen Hirn wollte nichts einfallen.
    Was hatte in den Unterlagen gestanden, die Harold Itsumi besessen hatte?
    Und wer besaß sie jetzt?
    Ich nahm den Hörer ab, wählte 001, hielt inne und hängte wieder ein. Nein. Ich wollte die Hoffnung noch nicht aufgeben, dass es eine Erklärung gab für all das und einen raffinierten Weg, damit fertig zu werden. Allerdings war ich, wenn eine solche kluge Lösung existieren sollte, nicht der, der sie finden würde. Ich holte das Mobiltelefon aus seinem Versteck. Ehe ich mit Reilly sprach, wollte ich mich noch einmal mit Gabriel beraten.
    Aber ich hatte zu lange gegrübelt. In Kalifornien war es inzwischen schon zehn Uhr vormittags und Gabriel längst auf Tour. Ich versuchte es über den normalen Anschluss bei ihm zu Hause und über das Mobiltelefon in dem Haus mit den
    Flamingos, weil er, wie ich ihn kannte, jede verfügbare Minute 128
    an dem unglaublich blauen Pool verbringen und sich von dem Roboter mit den siebenundzwanzig verschiedenen Sorten
    Mineralwasser verwöhnen lassen würde. Aber offensichtlich hatte Gabriel noch eine Menge Häuser mehr zu hüten in Santa Barbara.
    Egal. Dann musste auch der Anruf bei Reilly warten. Ich
    stopfte das Gerät zurück und ging in die Küche. Ich zitterte beinahe vor Hunger; eine weitere Nachwirkung des Combat Mode. Jede Faser meines überbeanspruchten Körpers schrie nach Nahrung, gierte nach Nährstoffen, lechzte danach,
    aufgefüllt zu werden mit allem, was der Einsatz der Implantate und Aufputschmittel verbraucht hatte. Das Verlangen war so unerbittlich, dass sogar das Konzentrat auf einmal beinahe verlockend aussah.
    Wie ich mich an dieses graue, widerliche Zeug gewöhnt
    habe! Als man es mir – angeblich war es ein Versehen
    gewesen, uns erst nach den entscheidenden Eingriffen aufzuklären, peinlich, aber nicht mehr zu ändern – das erste Mal vorgesetzt und gesagt hat, das sei in Zukunft alles, was ich in größeren Mengen zu mir nehmen dürfe, habe ich ungläubig gelacht, dann, als ich begriff, dass sie es ernst meinten, einen Tobsuchtsanfall bekommen und anschließend wochenlang
    Depressionen. Nie wieder einen Hamburger? Nie wieder ein Bier? Nie wieder die riesigen enchiladas bei Pedro's? Die ersten Monate musste ich immer wieder erbrechen, selbst wenn es der Hunger hinabgezwungen hatte. Es dauerte lange, bis soldatische Disziplin über den Abscheu siegte.
    Soldatische Disziplin? Wenn ich das heute hinschreibe,
    kommt es mir vor, als sei von jemand anderem die Rede, nicht von mir. Als sei das, woran ich mich erinnere, die Erinnerung an das Leben eines anderen. Eines Jungen, der in einem Bus nach South Carolina sitzt, auf dem Weg zur Grundausbildung.
    129
    Der die Haare geschnitten bekommt und währenddessen durch das Fenster einen Hornet Jagdbomber im Landeanflug beobachtet. Der endlose Runden über die Gefechtsbahn dreht, das Sturmgewehr im Anschlag, während der Drill Instructor immer wieder dieselben Befehle brüllt. Ein Junge, der in der geräuschvollen Dunkelheit des

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