Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc

Titel: Microsoft Word - Pelzer, Dave - Der verlorene Sohn.doc Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jojox
Vom Netzwerk:
oder was?«, fragte ein kleines Kind.
    Ich glitt von der Schaukel und ging weiter. Mein Inneres fühlte sich hohl an. Vor mir saß, im Schatten der Bäume, ein junges Paar am selben Tisch, an dem vor vielen Jahren Vater und Mutter gesessen hatten. Die Frau stand auf und rief nach ihren Kindern. Sie legte die Hand auf die Hüften - genau wie es Mutter getan hatte, als sie ihre Kinder gerufen hatte. Für ein paar Sekunden trafen sich unsere Blicke. Die Frau lächelte mir zu, als sie den Kopf neigte. Als ich das Geräusch der Kinder hörte, die von der Schaukel gelaufen kamen, schloss ich die Augen. Ich

    88

    wünschte mir, ich hätte die Antwort, warum zwischen Mutter und mir alles so entsetzlich schief gelaufen war.
    Die beiden Fragen, die mir immer wieder im Kopf herumgingen, waren, ob Mutter mich je geliebt hatte und warum sie mich so behandelt hatte, wie sie es getan hatte.
    Später an jenem Abend wollte ich unbedingt mit Mrs.
    Catanze reden, aber ich brachte den Mut nicht auf.
    Am nächsten Morgen erwachte ich spät und schlurfte in die Küche. »Sie ist nicht da, du Zwerg«, zischte Larry junior. »Du musst dir schon selbst was zu essen machen.«
    Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Weder konnte ich kochen, noch wusste ich, wo die Müslischalen waren.
    Ich wusste nicht mal, wo ich Cornflakes finden würde.
    »Soso«, begann der >kleine< Larry, »wie ich gehört habe, hat dich deine Mutter ständig windelweich geschlagen. Sag mal, wie fühlt man sich denn da? Ich meine, wie ist das, wenn jemand dein Gesicht als Wischmopp nimmt?«
    Ich traute meinen Ohren nicht. Dieser Scheißkerl!
    Immer wenn ich mit Larry junior zusammen war, versuchte er mich runterzumachen. Ich biss mir auf die Lippen und versuchte, mir eine Antwort auszudenken.
    Mir fiel nichts Gescheites ein. Ärger wallte in mir auf.
    »Na, komm schon, Mann. Wie ist das so? Ich meine, ich bin neugierig. Ganz im Ernst, wie ist das, wenn einem die Scheiße aus dem Hirn geprügelt wird?
    Warum haste nich zurückgeschlagen? Was biste denn? Ein Waschlappen?«
    Ich wandte mich ab und rannte in mein Zimmer. Ich konnte hören, wie er hinter mir her lachte, als ich die Tür zuknallte. Ich vergrub mich in meinem Bett und 89

    heulte, ohne zu wissen, warum. Ich blieb den ganzen Tag in meinem Zimmer.
    »Mrs. Catanze, bin ich ein Waschlappen?«, fragte ich sie
    am nächsten Tag, als sie mit mir ins Einkaufszentrum fuhr. »Ein Waschlappen? David, wo hast du denn das gehört? «
    Ich wollte Larry junior nicht verpetzen. Aber er war wirklich ein Scheißkerl, und ich mochte ihn sowieso nicht. Ich war immer noch erbost darüber, wie er und die anderen älteren Kinder über mich dachten. So schluckte ich heftig, ehe ich Lilian antwortete.
    »Beachte Larry einfach nicht«, sagte Mrs. Catanze hinterher. »Er ist ein wütender, unausgegorener junger Mann. David, wir haben bei uns eine ganze Palette von... «
    Ich schaute sie fragend an.
    »... eine ziemlich bunte Mischung junger Leute mit unterschiedlichen ... mit besonderen Bedürfnissen.
    Larry ist einfach in einem rebellischen Alter. Er kämpft gegen alles an und will sich mit jedem anlegen. Nimm ihn nicht so ernst, und geht euch möglichst aus dem Weg. Er testet dich noch. Aber das gibt sich mit der Zeit. Okay?«
    »Ja, Madam. Ich verstehe schon. Aber bin ich ein Waschlappen, weil ich mich nicht gewehrt habe? Ich meine, ist das denn richtig, wenn man seine eigene Mutter schlägt?«
    Mrs. Catanze schaltete die Automatik im Auto auf
    »Parken«. Wir hielten vor dem Tanforan Park, einem großen Einkaufszentrum. Sie wandte sich zu mir nach rechts und nahm ihre Brille ab. »Nein, David«, sagte sie sachlich. »Du bist kein Waschlappen, weil du dich nicht gewehrt hast. Ich weiß nicht alles, was geschehen ist, 90

    aber ich weiß ganz bestimmt, dass du kein Waschlappen bist. So, und jetzt lass uns gehen. Ich habe hier einen Scheck über 127 Dollar vom Kreis bekommen, damit ich dir Sachen zum Anziehen kaufen kann. Und«, sagte Lilian lächelnd, »ich möchte das Geld jetzt gern ausgeben. Lektion eins: Wir gehen einkaufen! «
    Als mich Lilian an der Hand nahm, quietschte ich vor Vergnügen: »Wow! 127 Dollar! Das ist viel Geld!«
    »Nicht unbedingt, wenn man als Junge noch wächst.
    Und du willst doch noch wachsen, oder? Das Geld muss fürs ganze Jahr reichen. Wart's ab, bis du selbst Kinder hast, dann weißt du, was das heißt«, sagte Lilian, als sie die Tür zum Sears-Laden öffnete.
    Ein paar Stunden später und mit drei

Weitere Kostenlose Bücher