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Middlesex

Middlesex

Titel: Middlesex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Eugenides
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immer, wenn wir durch das Schwarzenviertel fuhren, die Autotüren verriegelte. Sonntags hörte ich ihn im Wohnzimmer: »Die kümmern sich nicht um ihre Häuser. Die lassen alles einfach verkommen.« In der Woche darauf, als Lefty mit mir zum Diner fuhr, fielen mir die breiten Rücken der Polizisten am Tresen mehr auf denn je. Ich hörte, wie sie mit meinem Vater scherzten. »He, Milt, Sie können allmählich Soulfood auf die Speisekarte setzen.«
    »Finden Sie?«, sagte mein Vater jovial. »Vielleicht Kohlgemüse?«
    Ich schlich mich hinaus, machte mich auf die Suche nach Marius. Er war an seiner üblichen Ecke, stand aber nicht, sondern saß und las ein Buch.
    »Morgen Prüfung«, sagte er. »Muss büffeln.«
    »Ich bin in der Zweiten«, sagte ich.
    »Erst in der Zweiten! Ich hätte gedacht, du bist mindestens in der Highschool.«
    Ich schenkte ihm mein einnehmendstes Lächeln.
    »Muss an diesem Ptolemäerblut liegen. Aber halt dich ja von den römischen Männern fern, klar?«
    »Was?«
    »Nichts, kleine Königin. Hab dich bloß bisschen verarscht.« Jetzt lachte er, was er nicht allzu oft tat. Sein Gesicht öffnete sich, strahlte.
    Und plötzlich brüllte mein Vater meinen Namen. »Callie!«
    »Was?«
    »Komm sofort hierher!«
    Marius stand ein wenig verlegen von seinem Stuhl auf. »Wir haben uns bloß unterhalten«, sagte er. »Schlaues Mädchen haben Sie da.«
    »Du hältst dich von ihr fern, verstanden?«
    »Daddy!«, protestierte ich entsetzt, mein Vater war mir vor Marius peinlich.
    Doch Marius' Stimme blieb sanft. »Ist schon cool, kleine Cleo. Hab sowieso die Prüfung. Geh mal hin zu deinem Dad.«
    Im weiteren Verlauf des Tages behielt Milton mich im Auge.
    »Du darfst nie, nie, nie so mit Fremden sprechen. Was ist nur los mit dir?«
    »Das ist kein Fremder. Er heißt Marius Wyxzewixard Challou ehliczilczese Grimes.«
    »Hörst du? Du hältst dich von solchen Leuten fern.«
    Hinterher sagte Milton zu meinem Großvater, er solle mittags nicht mehr mit mir ins Diner kommen. Aber nur wenige Monate später ging ich wieder hin, und zwar aus eigener Kraft.

ÓPPA!
    Immer halten sie es für die alte Schule, die feine Art. Die Bedächtigkeit meiner Avancen. Das gemächliche Tempo meiner Vorstöße. (Inzwischen habe ich gelernt, den ersten Schritt zu machen, nicht aber den zweiten.)
    Ich lud Julie Kikuchi zu einem Wochenendausflug ein. Nach Vorpommern. Das Ziel war Usedom, eine Ostseeinsel, dort wollten wir in einem alten, von Wilhelm II. bevorzugten Badeort übernachten. Ich stellte klar, dass wir getrennte Zimmer haben würden.
    Da Wochenende war, versuchte ich, mich eher schlicht zu kleiden. Das fällt mir nicht leicht. Ich trug einen Kamelhaarrolli, einen Tweedblazer und Jeans. Und ein Paar handgefertigte Cordovan-Schuhe von Edward Green. Man nennt die Art auch Dundee. Sie wirken schick, bis man die Vibram-Sohle gesehen hat. Das Leder hat die doppelte Stärke. Der Dundee ist ein Schuh, der für Wanderungen übers Landgut bestimmt ist, für Krawattenträger, die durch den Dreck stapfen, und die Spaniels zotteln hinterher. Vier Monate hatte ich auf diese Schuhe warten müssen. Auf dem Schuhkarton steht: »Edward Green: Schuhmachermeister für die Wenigen.« Genau zu denen gehöre ich. Zu den Wenigen.
    Ich holte Julie in einem gemieteten Mercedes ab, einem lärmenden Diesel. Sie hatte für die Fahrt ein paar Kassetten aufgenommen und Lesestoff mitgebracht: The Guardian, die zwei letzten Nummern von Parkett. Wir fuhren auf schmalen Alleen nach Nordosten. Wir gelangten durch Dörfer mit Reetdachhäusern. Das Land wurde sumpfiger, kleine Meeresarme zeigten sich, und bald überquerten wir die Brücke auf die Insel.
    Soll ich gleich zur Sache kommen? Nein, langsam, gemächlich, so geht's. Zunächst möchte ich erwähnen, dass wir hier in Deutschland Oktober haben. Trotz des kühlen Wetters war der Strand von Heringsdorf mit einigen unverwüstlichen Nudisten gesprenkelt. Vornehmlich Männern, die walrossgleich auf Handtüchern lagen oder in gestreiften Strandkörben ausgelassen beieinander saßen.
    Von der eleganten, von Kiefern und Birken umstandenen Promenade blickte ich auf diese FKKler und fragte mich, was ich mich immer frage: Wie ist es, sich so frei zu fühlen? Also, mein Körper ist so viel besser als ihrer. Ich bin der mit dem wohlgeformten Bizeps, den gewölbten Brustmuskeln, dem schimmernden Gluteus. Aber so wie sie könnte ich niemals in aller Öffentlichkeit herumlaufen.
    »Nicht gerade das Titelblatt von

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