Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Middlesex

Middlesex

Titel: Middlesex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Eugenides
Vom Netzwerk:
lachte zu laut. Als hätte er es gemerkt, brach er ab. Peinliches Schweigen folgte. Dann fragte GUS: »Na, Milt, was soll's sein?«
    »Zwei mit allem. Und was haben wir an Vegetarischem?«
    »Wir haben Bohnensuppe.«
    »Gut. Dann besorg meinem Jungen einen Teller Bohnensuppe.«
    »Kommt sofort.«
    Milton und Pleitegeier setzten sich auf Hocker und warteten auf das Essen. Nach einer weiteren langen Stille sagte Milton:
    »Weißt du überhaupt, wie viele dieser Lokale dein alter Herr jetzt besitzt?«
    »Wie viele?«, fragte Pleitegeier.
    »Sechsundsechzig. Allein acht in Florida.«
    Damit war das Hardselling beendet. Stumm verzehrte Milton seine Hercules-Hotdogs. Er wusste ganz genau, warum GUS so überfreundlich tat. Weil er dachte, was jeder denkt, wenn ein Mädchen verschwindet. Er dachte das Schlimmste. In manchen Augenblicken dachte Milton das auch. Er gab es nur vor keinem zu. Aber jedes Mal, wenn Tessie von der Nabelschnur sprach, wenn sie behauptete, sie könne mich noch immer irgendwo in der Ferne spüren, merkte Milton, dass er ihr glauben wollte.
    An einem Sonntag, als Tessie zur Kirche ging, gab Milton ihr einen großen Schein. »Zünde eine Kerze für Callie an. Gleich ein paar.« Er zuckte die Achseln. »Schaden kann's ja nicht.«
    Doch kaum war sie weg, schüttelte er den Kopf. »Was ist bloß los mit mir? Kerzen anzünden! Herrgott!« Er war wütend auf sich, dass er einem solchen Aberglauben nachgegeben hatte. Erneut schwor er sich, mich zu finden; ja, er würde mich zurückholen. Auf welche Weise auch immer. Er würde eine Chance erhalten, und wenn sie sich bot, würde Milton Stephanides sie auch nutzen.
    Die Dead kamen nach Berkeley. Matt und die anderen Jungen pilgerten zum Konzert. Mir wurde die Aufgabe übertragen, auf das Lager aufzupassen.
    Es ist Mitternacht im Mimosenwäldchen. Ich wache auf, höre Geräusche. Lichter streichen durch die Büsche. Stimmen murmeln. Die Blätter über meinem Kopf werden weiß, und ich sehe das Gerüst der Äste. Licht sprenkelt den Boden, meinen Körper, mein Gesicht. Im nächsten Moment leuchtet eine Taschenlampe durch die Öffnung in meine Höhle.
    Die Männer sind im Nu über mir. Der eine richtet die Taschenlampe auf mich, während der andere mir auf die Brust springt und mir die Arme festhält.
    »Raus aus den Federn«, sagt der mit der Taschenlampe.
    Es sind zwei Obdachlose aus den Dünen gegenüber. Während der eine auf mir sitzt, durchsucht der andere das Lager.
    »Was habt ihr kleinen Scheißer denn hier für hübsche Sachen?«
    »Sieh dir den an«, sagt der andere. »Das Äffchen scheißt sich gleich in die Hosen.«
    Ich presse die Beine zusammen, die Mädchenängste sind noch präsent in mir.
    Sie suchen hauptsächlich nach Drogen. Der mit der Taschenlampe schüttelt die Schlafsäcke aus und durchwühlt meinen Koffer. Nach einer Weile kommt er wieder her und läßt sich auf ein Knie nieder.
    »Wo sind denn deine ganzen Freunde, Mann? Sind die abgehauen und haben dich allein gelassen?«
    Er hat angefangen, meine Taschen zu durchsuchen. Bald findet er meine Geldbörse und kippt sie aus. Dabei fällt mein Schülerausweis zu Boden. Er leuchtet mit der Taschenlampe darauf.
    »Was ist das denn? Deine Freundin?«
    Er starrt auf das Foto und grinst. »Lutscht dir deine Freundin gern den Schwanz? Bestimmt.« Er hält sich den Ausweis vor die Hose und stößt mit den Hüften. »Oh, und wie!«
    »Zeig mal«, sagt der auf mir.
    Der Kerl mit der Taschenlampe wirft den Ausweis auf meine Brust. Der Kerl, der mich festhält, kommt mir mit seinem Gesicht ganz nahe und sagt mit tiefer Stimme: »Rühr dich bloß nicht, du Arschloch.« Er lässt meine Arme los und nimmt den Ausweis.
    Ich kann jetzt sein Gesicht sehen. Krausbart, schlechte Zähne, die Nase so schief, dass man die Scheidewand sieht. Er betrachtet den Schnappschuss. »Dürre Schnitte.« Er blickt von mir auf den Ausweis, und sein Ausdruck verändert sich.
    »Das ist ne Schnecke!«
    »Kluges Köpfchen. Sag ich schon immer.«
    »Nein, ich mein den da.« Er zeigt auf mich. »Die ist das! Der ist eine sie.« Er hält den Ausweis hoch, damit der andere ihn sehen kann. Die Taschenlampe leuchtet wieder auf Calliope in Blazer und Bluse.
    Schließlich feixt der Kniende. »Verheimlichst du uns was? Hm? Hast du die Sachen irgendwo in deiner Hose versteckt? Halt sie fest«, befiehlt er. Der Mann auf mir hält mir wieder die Arme fest, während der andere meinen Gürtel löst.
    Ich wehrte mich dagegen. Ich wand mich und

Weitere Kostenlose Bücher