Midkemia Saga 01 - Der Lehrling des Magiers
Pug war entsetzt über seine Erscheinung. Etwas mehr als eine Stunde war vergangen, aber der alte Geistliche sah aus, als hätte er ein paar schlaflose Nächte verbracht.
Borric schenkte dem Priester einen Kelch voll Wein ein und reichte ihn ihm.
Tully zögerte, denn er lebte abstinent, aber dann nahm er einen tiefen Schluck.
Die anderen nahmen ihre früheren Plätze um den Tisch wieder ein.
Borric sah Tully an und sagte nur; »Nun?«
»Der Soldat vom Strand erlangte nur für wenige Minuten wieder das Bewußtsein, ein letztes Aufbäumen vor dem Ende. In dieser Zeit hatte ich Gelegenheit, mit ihm in Geisteskontakt zu treten. Ich blieb während seiner letzten Fieberträume bei ihm und versuchte, soviel ich konnte über ihn zu erfahren. Ich hätte den Kontakt fast nicht mehr rechtzeitig unterbrochen.«
Pug wurde blaß. Wenn Tully den Kontakt nicht rechtzeitig abgebrochen hätte, dann hätte der Priester ebenfalls sterben oder aber wahnsinnig werden können, denn dadurch wurden Gefühle, Ängste und Empfindungen ebenso wie Gedanken übertragen. Jetzt verstand er auch Tullys erschöpften Zustand. Der alte Priester hatte viel Energie aufbringen müssen, um die Verbindung mit einem Partner aufrechtzuerhalten, der nicht mitarbeitete; außerdem hatte er die Schmerzen und das Entsetzen des sterbenden Mannes geteilt.
Tully trank erneut von seinem Wein, ehe er fortfuhr: »Wenn die Träume dieses sterbenden Mannes kein Produkt seiner Fieberphantasie waren, dann fürchte ich, daß sein Erscheinen hier eine ernste Situation ankündigt.« Noch einmal trank Tully, dann stellte er den Kelch beiseite. »Der Name des Mannes war Xomich. Er war ein einfacher Soldat, der in der Nation Hons-honi etwas angehörte, das sich das Kaiserreich von Tsuranuanni nennt.«
»Ich habe niemals von dieser Nation oder diesem Kaiserreich gehört«, bemerkte Borric.
Tully nickte. »Es hätte mich auch überrascht, wenn Ihr es kennen würdet. Das Schiff dieses Mannes kam von keinem Meer Midkemias.« Pug und Tomas sahen einander an. Pug fühlte, wie es ihm kalt den Rücken hinablief. Tomas mußte es ebenso ergehen, denn sein Gesicht wurde aschfahl.
Tully fuhr fort. »Wir können nur Vermutungen anstellen, wie dieses Werk vollbracht wurde. Aber ich bin sicher, daß dieses Schiff aus einer anderen Welt kam, die sich in Zeit und Raum von der unsrigen unterscheidet.« Ehe Fragen gestellt werden konnten, sagte er: »Laßt es mich erklären.
Dieser Mann war krank, hatte Fieber, und sein Geist wanderte.« Tullys Gesicht zuckte, als er sich der Schmerzen entsann. »Er gehörte einer Ehrengarde für jemanden an, an den er als >Erhabener< dachte. Es gab widersprüchliche Bilder, und ich bin mir nicht sicher, aber es scheint so, als hätten sie sich auf einer merkwürdigen Reise befunden. Merkwürdig einmal wegen der Anwesenheit dieses Erhabenen, zum anderen wegen ihres Auftrags.
Der einzige konkrete Gedanke, den ich gewonnen habe, war der, daß dieser Erhabene es nicht nötig hatte, per Schiff zu reisen. Davon abgesehen habe ich nur kurze und unzusammenhängende Eindrücke gewonnen. Da war einmal eine Stadt, die er als Yankora kannte, dann ein schrecklicher Sturm, eine plötzliche, blendende Helligkeit - vielleicht ein Blitz, der das Schiff getroffen hat, aber eigentlich glaube ich das nicht. Dann war da ein Gedanke, daß sein Kapitän und seine Kameraden über Bord gespült wurden. Schließlich ein Krachen auf den Felsen.« Er machte eine kurze Pause. »Ich bin nicht sicher, ob diese Bilder in der richtigen Reihenfolge aufgezählt wurden, denn ich halte es für wahrscheinlich, daß die Mannschaft vor dem blendenden Licht verlorenging.«
»Warum?« wollte Borric wissen.
»Ich greife vor«, erwiderte Tully. »Ich werde meine letzte Bemerkung in wenigen Minuten erklären. Zuerst jedoch möchte ich sagen, warum ich denke, daß dieser Mann aus einer anderen Welt kommt.
Dieser Xomich wuchs in einem Land zum Manne heran, das von großen Armeen beherrscht wurde. Es handelt sich um eine kriegerische Rasse, deren Schiffe die Meere kontrollieren. Aber welche Meere? Meines Wissens wurde niemals ein Kontakt mit diesen Leuten erwähnt. Und es gibt noch andere Visionen, die sogar noch überzeugender sind. Große Städte, weit größer als diejenigen im Herzen Keshs - und das sind die größten, die uns bekannt sind.
Armeen, die an einem hohen Festtag Paraden abhalten und an einem Stand vorbeimarschieren. Stadtgarnisonen, die größer sind als die Armee des Königs im
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