Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
Alles Blut war aus dem Gesicht des Jagdmeisters gewichen. Seine Züge blieben gleichgültig, aber Tomas wurde klar, daß Martin von der Nachricht erschüttert worden war.
Tomas wandte sich Macros zu. »Ich kannte den König nicht, aber der Herzog war ein feiner Mann.
Diese Nachricht stimmt mich traurig.«
Macros ging zu Martin hinüber. Dieser beobachtete den Zauberer, denn wenngleich er ihn niemals getroffen hatte, so kannte er doch seinen Ruf. Arutha hatte ihm von der Zusammenkunft auf der Insel erzählt und Tomas von seinem Einschreiten während des Tsurani-Angriffs auf Elvandar. »Ihr, Martin Langbogen, sollt Euch unverzüglich nach Crydee begeben. Von dort aus werdet Ihr mit Prinzessin Carline und Prinzessin Anita nach Krondor segeln.«
Martin wollte etwas sagen, als Macros die Hand erhob. Alle Anwesenden erstarrten, als holten sie Luft. Fast flüsternd sagte Macros: »Am Ende hat Euer Vater Euren Namen in Liebe gesprochen.« Dann ließ er die Hand sinken, und alles war wieder wie vorher.
Martin empfand keine Angst, sondern eher ein Gefühl des Trostes über die Worte des Zauberers.
Er wußte, daß niemand sonst diese kurze Bemerkung gehört hatte.
»Doch jetzt vernehmt freudigere Kunde. Der Krieg ist vorüber. Lyam und Ichindar werden sich in zwanzig Tagen treffen, um den Frieden zu besiegeln.«
Ein Jubeln ging durch den Hof. Von oben wurde die Nachricht den unten Versammelten zu gerufen. Bald hallte der ganze Elbenforst vom fröhlichen Lachen wider. Dolgan betrat die Lichtung und rieb sich die Augen: »Was ist das? Wieder ein Grund zum Feiern, während ich ein Nickerchen mache? Ihr macht mich glauben, wir sind hier nicht länger willkommen.«
Tomas lachte. »Nichts dergleichen, Dolgan. Hol deine Brüder, und feiert mit uns. Der Krieg ist vorüber.«
Dolgan zog seine Pfeife hervor, klopfte die Asche heraus und trat dann den ausgebrannten Tabak über den Rand der Plattform. »Endlich«, sagte er, als er seinen Tabaksbeutel öffnete. Er wandte sich ab und tat, als wollte er seine Pfeife füllen. Tomas gab vor, die feuchten Spuren auf dem Gesicht des Zwerges nicht zu bemerken.
Arutha saß auf dem Thron seines Vaters. Er war ganz allein in der großen Halle. Er hielt die Nachricht seines Bruders in den Händen. Er hatte sie schon mehrmals gelesen und versucht, sie zu verstehen, zu begreifen, daß ihr Vater tatsächlich von ihnen gegangen war. Kummer lastete schwer auf ihm.
Carline hatte die Nachricht ruhig aufgenommen. Sie war in den stillen Garten neben der Burg gegangen, um mit ihrem Schmerz allein zu sein.
Die Gedanken rasten durch seinen Kopf. Er erinnerte sich an den Tag, als sein Vater ihn zum erstenmal mit auf die Jagd genommen hatte, und an einen anderen, als er von der Jagd mit Martin Langbogen zurückgekehrt war. Wie stolz war er gewesen, als sein Vater ihn für den großen Hirsch gelobt hatte, den er erlegt hatte. Er spürte nur noch schwach den Schmerz, den er beim Tode seiner Mutter empfunden hatte. Aber das lag schon lange zurück und war im Laufe der Zeit verblaßt.
Plötzlich stand das Bild seines Vaters vor ihm, wie er im Palast des Königs wütend gewesen war, und Arutha seufzte tief. »Wenigstens ist das meiste von dem, was du dir gewünscht hast, in Erfüllung gegangen, Vater«, murmelte er vor sich hin. »Rodric ist tot und Guy in Ungnade gefallen.«
»Arutha?« erklang eine Stimme von der anderen Seite der Halle.
Er blickte auf. Aus den Schatten der Tür trat Anita hervor. Ihre Füße in den Satinschühchen überquerten geräuschlos den Steinboden der großen Halle.
In seine Gedanken verloren, hatte er nicht bemerkt, daß sie eingetreten war. Sie trug eine kleine Lampe, denn der Abend hatte die Halle in Dunkelheit gehüllt. »Die Pagen wollten dich nicht stören, aber ich konnte es einfach nicht mit ansehen, wie du so allein in der Dunkelheit sitzt«, erklärte Anita. Arutha war froh, daß sie gekommen war, und auch erleichtert. Anita war eine junge Frau von ungewöhnlichem Verstand und von einem zarten Wesen erfüllt. Sie war die erste, die Arutha kannte, die hinter seine oberflächliche Ruhe und seinen trockenen Humor geschaut hatte. Besser als alle, die ihn seit seiner Kindheit kannten, verstand sie seine Launen, konnte seine düsteren Stimmungen beheben und wußte die rechten Worte, um ihn zu trösten.
Ohne auf seine Antwort zu warten, sagte sie: »Ich habe die Nachricht gehört, Arutha. Es tut mir so schrecklich leid.«
Arutha lächelte sie an. »Noch bist du
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