Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
niemals, auch nicht für den Bruchteil einer Sekunde, wenn du unsere Aufgabe überleben willst.« Er betrachtete die Schlacht aus der Entfernung. »Wir haben die festgesetzte Stunde schon fast erreicht, aber noch nicht ganz. Hört gut zu, denn die Zeit wird knapp.« Er sah erst Pug, dann Kulgan an. »Wenn dies alles vorüber und der Spalt geschlossen ist, denn kehrt auf meine Insel zurück. Ihr werdet dort die Erklärungen für all das finden, was geschehen ist, wenn sie euch auch vielleicht nicht voll zufriedenstellen.« Wieder erschien dieses bittere Lächeln. »Kulgan, wenn du hoffst, deinen früheren Schüler wiederzusehen, dann umklammere diesen Stab mit aller Kraft, die du besitzt. Behalte Pug in deinen Gedanken, und achte darauf, daß der Kontakt zwischen deinem Stock und der Erde Midkemias niemals unterbrochen wird. Ist das klar?«
»Aber was wird aus Euch selbst?« fragte Kulgan.
Macros Ton war barsch. »Meine Sicherheit geht nur mich selbst an. Sorgt euch nicht um mich.
Meine Aufgabe in diesem Drama war ebenso im vorhinein festgelegt wie die eure. Jetzt paßt auf.«
Sie wandten ihre Aufmerksamkeit wieder der Schlacht zu. Die nördlichen Elemente der königlichen Armee griffen an, und Lyam und Tomas erteilten ihren eigenen Einheiten den Befehl zum Angriff. Wieder trafen die Reiter auf den Schildwall, und diesmal brachen die Reihen der Tsuranis auseinander. Einen Augenblick lang beherrschte die königliche Kavallerie das Feld, und die Tsuranis brachen zusammen. Doch dann war der Vorteil des Angreifens dahin. Sie wurden von einem Schwärm von Fußsoldaten abgewiesen, die die Pferde unter ihren Reitern töteten oder Reiter zu Boden zerrten, und bald war das Gleichgewicht wiederhergestellt. Ein Meer von kämpfenden Gestalten umgab die Spaltmaschine. Es gab keine Organisation und kaum Disziplin. Die Männer kämpften ums Überleben, nicht darum, an Boden zu gewinnen. Das Geräusch von Metall, das gegen gehärtetes Holz schlug, klang durchs Tal. Wohin die Zuschauer auch blickten, überall floß Blut, und der Lärm des Todes war entsetzlich.
Macros sah Pug an. »Jetzt ist die Zeit gekommen. Begleite mich.«
Pug schritt hinter dem braungewandeten Zauberer einher. Er hielt Macros’ Stab fest umklammert, denn er glaubte an die Warnung des Zauberers, daß es seine einzige Hoffnung war, zu überleben, was vor ihm lag. Sie schritten durch das Schlachtgetümmel hindurch, als würde irgend etwas sie beschützen. Mehrmals setzte ein Soldat an, sie zu erschlagen, aber jedesmal wurde er von anderer Seite daran gehindert. Pferde trampelten sie fast nieder – und drehten dann im letzten Augenblick bei. Es war, als öffne sich ein Pfad vor ihnen und schlösse sich dann hinter ihnen wieder.
Sie näherten sich dem, was von den Reihen der Tsuranis noch übrig war. Ein Schildhalter fiel, getroffen von der Lanze eines Reiters. Sie traten über den Toten hinweg und befanden sich in dem kleinen, relativ ruhigen Zirkel, der die Spaltmaschine umgab. Noch immer ergossen sich Soldaten aus dem Spalt, und der Zirkel vergrößerte sich. Macros und Pug stiegen auf der gegenüberliegenden Seite auf die Plattform, während von der näher gelegenen Soldaten hervoreilten. Sie schienen die beiden Magier überhaupt nicht zu bemerken.
Macros trat in die Leere des Spaltes. Pug folgte ihm. Doch anstatt in Kelewan aufzutauchen, wie er es erwartet hatte, hingen sie an einem farblosen Ort. Jeglicher Ortssinn ging hier verloren. Er war ohne Licht, aber dennoch nicht dunkel. Er bestand aus diversen Schatten von Grau, ohne Schwarz oder Weiß. Pug fand sich allein. Nur das Geräusch seines Herzschlags beruhigte ihn, daß er nicht aufgehört hatte, zu sein. Leise fragte er: »Macros?«
Dessen Stimme drang an sein Ohr: »Hier, Pug.«
»Ich kann Euch nicht sehen.«
Ein Kichern war zu hören. »Nein, weil es kein Licht gibt. Was du siehst, ist nur eine schwache Illusion, mein Werk, damit du hier einen Bezugspunkt hast. Ohne die nötige Vorbereitung wären selbst deine Kräfte nicht in der Lage, dir hier deinen Verstand zu bewahren, Pug. Akzeptiere einfach, daß der menschliche Geist kaum geeignet ist, mit diesem Ort fertig zu werden.«
»Was ist das für ein Ort?«
»Das ist der Ort dazwischen. Hier kämpften die Götter während der Chaotischen Kriege, und hier werden auch wir unser Werk vollbringen.«
»Männer sterben, Macros. Wir sollten uns beeilen.«
»Hier gibt es keine Zeit, Pug. Für diejenigen da draußen in der Schlacht sind wir in
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