Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
jubelte.
Die Leute von Rillanon wußten nur wenig von Lyam, aber er war nett anzusehen, und er lächelte häufig in der Öffentlichkeit. Für die Bevölkerung war es, als wenn die Sonne hinter dunklen Wolken hervorgekommen wäre, die Rodrics Herrschaft umgeben hatten.
Nur wenige waren sich der vielen königlichen Posten bewußt, die durch die Stadt streiften, immer auf der Suche nach Zeichen von Guy du Bas-Tyras Agenten oder möglichen Mördern. Und noch wenigere bemerkten die schlicht gekleideten Männer, die immer in der Nähe waren, wenn sich Gruppen zusammenfanden, um über den neuen König zu reden.
Arutha ritt mit seinem Pferd auf den Palast zu. Er ließ Pug, Meecham und Kulgan weit hinter sich. Er verfluchte das Schicksal, das ihre Reise um fast eine Woche verzögert hatte. Es war schon später Vormittag, und die Priester von Ishap trugen bereits des Königs neue Krone durch die Stadt.
In weniger als drei Stunden würden sie vor dem Thron erscheinen, und dann würde Lyam die Krone übernehmen.
Arutha erreichte den Palast, und Rufe der Posten hallten durch den enormen Hof: »Prinz Arutha kommt!«
Er überließ sein Pferd einem Pagen und eilte die Treppe zum Palast hinauf. Als er den Eingang erreichte, kam Anita strahlend auf ihn zugeeilt. »Oh, es tut gut, dich zu sehen!« rief sie freudig.
Er erwiderte ihr Lächeln. »Es ist auch schön, dich wiederzusehen. Ich muß mich auf die Zeremonie vorbereiten. Wo ist Lyam?«
»Er hat sich ms königliche Grabmal zurückgezogen und die Nachricht hinterlassen, du solltest ihn unverzüglich dort aufsuchen.« Ihre Stimme klang besorgt. »Etwas Merkwürdiges geht hier vor, aber niemand scheint zu wissen, um was es sich handelt. Nur Martin Langbogen hat Lyam seit dem Abendessen gestern gesehen, und als ich Martin danach traf, trug sein Gesicht den merkwürdigsten Ausdruck.«
Arutha lachte. »Martin sieht immer merkwürdig aus. Komm, gehen wir zu Lyam.«
Sie wollte nicht, daß er ihre Warnung so in den Wind schlug. »Nein, du gehst allein. So hat Lyam es befohlen. Außerdem muß ich mich für die Zeremonie umkleiden. Aber glaube mir, Arutha, etwas äußerst Merkwürdiges liegt in der Luft.«
Arutha wurde nun doch nachdenklicher. Anita konnte so etwas immer gut beurteilen. »Also gut.
Ich muß sowieso darauf warten, daß meine Sachen vom Schiff heraufgebracht werden. Ich werde Lyam aufsuchen, und wenn dieses Geheimnis dann aufgeklärt ist, werde ich mich bei der Zeremonie zu dir gesellen.«
»Gut.«
»Wo ist Carline?«
»Sie regt sich über dies und das auf. Ich werde ihr sagen, daß du da bist.«
Sie küßte ihn auf die Wange und eilte davon. Arutha war nicht mehr im Grabmal seiner Vorfahren gewesen, seit er ein kleiner Junge war und das erste Mal zur Krönung Rodrics nach Rillanon gekommen war. Er bat einen Pagen, ihn hinzubringen, und der Knabe führte ihn durch ein Gewirr von Korridoren.
Im Laufe der Jahre hatte man den Palast vielen Änderungen unterzogen. Neue Flügel waren angefügt worden, neue Teile über denjenigen errichtet worden, die durch Feuer, Erdbeben oder Krieg zerstört worden waren. Aber im Zentrum des weitläufigen Gebäudes war die ehemalige, erste Burg erhalten geblieben. Der einzige Hinweis darauf, daß sie die alten Hallen betraten, war das plötzliche Auftauchen von dunklen Steinwänden, Hie im Laufe der Zeit glattgeschliffen worden waren. Zwei Wachen standen neben der einzigen Tür, über der ein Relief der conDoin-Könige prangte. Es war ihr Wappen, der gekrönte Löwe mit dem Schwert in den Klauen. Der Page sagte:
»Prinz Arutha«, und die Posten öffneten die Tür. Arutha trat hindurch und befand sich in einem kleinen Vorraum, von dem aus eine lange Treppenflucht nach unten führte.
Er folgte der Treppe, vorbei an hell leuchtenden Fackeln, die die Steine der Wand mit schwarzem Pech befleckten. Am Ende stand Arutha vor einem hohen, bogenförmigen Durchgang.
Zu beiden Seiten türmten sich heldenhafte Statuen einstiger conDoin-Könige. Rechts, mit Zügen, die vom Alter undeutlich geworden waren, stand die Statue von Dannis, dem ersten conDoin-König Rillanons. Er war vor ungefähr siebenhundertundfünfzig Jahren gekrönt worden. Linker Hand befand sich die Statue von Delong, dem einzigen König, den man »den Großen« genannt hatte. Er hatte als erster das Banner Rillanons aufs Festland getragen und Bas-Tyra erobert, zweihundertundfünfzig Jahre nach Dannis.
Arutha schritt an den Darstellungen seiner Vorfahren vorbei und betrat
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