Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
von Macros hierhergebracht, und ich bin davon der letzte.«
Kulgan betrachtete dieses Geschöpf. Trotz seiner äußeren Erscheinung hatte es doch etwas Gefälliges an sich. »Was wirst du jetzt tun?«
»Ich werde hier auf die Rückkehr meines Meisters warten und sein Heim in Ordnung halten.«
»Du erwartest ihn zurück?« fragte Pug.
»Höchstwahrscheinlich. In einem Tag, einem Jahr, einem Jahrhundert. Das ist nicht wichtig.
Alles wird für ihn bereit sein, sollte er zurückkehren.«
»Und wenn er nun gestorben ist?« gab Arutha zu bedenken.
»In diesem Fall werde ich über dem Warten alt werden und sterben. Aber ich glaube es nicht. Ich habe dem Schwarzen eine lange Zeit gedient. Zwischen uns gibt es ein… ein Verstehen. Ich glaube, ich würde es wissen, wenn er tot wäre. Er ist bloß… abwesend. Selbst wenn er tot ist, kommt er vielleicht dennoch zurück. Für andere Menschen bedeutet die Zeit nicht dasselbe wie für meinen Herrn. Ich bin zufrieden damit, zu warten.«
Pug dachte darüber nach. »Er muß wahrlich der Meister aller Magie gewesen sein.«
Gathis Lächeln wurde noch breiter. »Er würde lachen, wenn er das hören würde, Meister. Er hat sich immer darüber beklagt, daß es so viel zu lernen und so wenig Zeit zum Lernen gibt. Und das waren die Worte eines Mannes, der unzählige Jahre gelebt hat.«
Kulgan erhob sich von seinem Stuhl und sagte: »Wir müssen Männer holen, die all diese Dinge zum Schiff tragen.«
»Macht Euch darum keine Sorgen, Meister. Zieht Euch auf Euer Schiff zurück, wenn Ihr bereit seid. Laßt zwei Boote am Strand liegen. Beim ersten Licht des folgenden Tages werdet Ihr alles an Bord vorfinden, fertig zu Verschiffung.«
Kulgan nickte. »Also gut. Dann wollen wir unverzüglich damit beginnen, all diese Arbeiten zu katalogisieren, ehe wir sie fortbringen.«
Gathis trat zu einem Regal hinüber und kehrte mit einem zusammengerollten Pergament zurück.
»In Vorahnung Eurer Bedürfnisse, Meister, habe ich eine solche Liste aller Werke hier angefertigt.«
Kulgan entrollte das Pergament und fing an, die Aufstellung der Werke zu prüfen. Seine Augen wurden immer größer. »Hört nur«, rief er aufgeregt, »da ist eine Ausgabe von Vitalus’ Erwartungen einer Umwandlung dabei. Seit über hundert Jahren hielt man dieses Werk für verloren!« Er sah die anderen an, und Erstaunen zeigte sich auf seinem Gesicht. »Und Hunderte von Büchern mit Macros’ Namen. Das ist ein unermeßlicher Schatz!«
Gathis erklärte: »Ich bin erfreut, daß Ihr das findet, Meister.«
Kulgan wollte gerade darum bitten, daß ihm diese Bände gebracht würden, als Arutha sagte:
»Warte, Kulgan. Wenn du erst einmal damit anfängst, müssen wir dich fesseln, um dich von hier fortzubringen. Laß uns zum Schiff zurückkehren und warten, bis all das gebracht wird. Wir müssen bald wieder abreisen.«
Kulgan sah aus wie ein Kind, dem man seine Schokolade fortgenommen hat. Arutha, Pug und Meecham lächelten über den dicken Magier. Pug meinte: »Es gibt wirklich keinen vernünftigen Grund, jetzt hierzubleiben. Wir haben noch Jahre vor uns, um diese Bücher zu studieren, wenn die Krönung erst einmal hinter uns liegt. Sieh dich doch um, Kulgan. Willst du das alles wirklich in einem einzigen Atemzug in dich aufnehmen?«
Ein resignierter Ausdruck zog über Kulgans Gesicht. »Also gut.«
Pug schaute sich noch einmal gründlich im Raum um. »Überlege mal. Eine Akademie zum Studium der Magie und Macros’ Bibliothek im Herzen des Ganzen.«
Kulgans Augen fingen an zu leuchten. »Ich hatte die Bitte des Herzogs schon fast vergessen. Nie mehr wird ein Lehrling von einem Meister lernen, sondern von vielen. Mit diesem Vermächtnis und deiner eigenen Erfahrung und Ausbildung, Pug, haben wir eine wundervolle Grundlage.«
»Machen wir uns lieber auf den Weg. Es gibt einen neuen König zu krönen, und je länger ihr hier zögert, desto wahrscheinlicher ist es, daß ihr alles andere darüber Vergeßt«, meinte Arutha.
Kulgan sah ihn an, als hätte er ihn beleidigt. »Nun, ich werde wenigstens ein paar Dinge zum Studium mit an Bord nehmen, wenn Ihr nichts dagegen einzuwenden habt?«
Renaissance
Rillanon war in festlicher Stimmung.
Überall flatterten Fahnen im Wind. Girlanden aus Sommerblüten waren an die Stelle des schwarzen Flors getreten, der die Zeit der Trauer um den verstorbenen König und seinen Vetter Borric gekennzeichnet hatte. Jetzt würden sie also einen neuen König krönen, und das Volk
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