Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
ergeben sind. Das ist doch die oberste Pflicht.«
»Für gewöhnlich, ja. In Eurem Fall sahen wir uns Problemen gegenüber, die neu für uns sind.
Soweit wir das beurteilen können, habt Ihr Euch der zugrundeliegenden Sache der Bruderschaft der Magier, der Ordnung des Kaiserreiches, unterworfen. Gewöhnlich sind wir sicher. Wir lesen einfach die Gedanken des Lehrlings. Aber bei Euch konnten wir das nicht. Wir müßten auf Drogen zurückgreifen, auf ein Wahrheitsserum, auf lange Verhöre und Übungen, die jede Falschheit aufgezeigt hätten.«
»Weshalb?«
»Den Grund dafür kennen wir nicht. Die Zauber, mit denen man seine Gedanken verschleiern kann, sind uns bekannt. Es war aber nichts dergleichen. Es war, als verfügtet Ihr über eine Eigenschaft, der wir nie zuvor begegnet waren. Vielleicht ein Naturtalent, das uns unbekannt ist, aber in Eurer Welt ist das nichts Besonderes; oder es ist das Resultat Eurer Ausbildung durch einen Meister des Geringeren Pfades. Auf jeden Fall schützte es Euch vor unseren Künsten des Gedankenlesens.
Und es schuf Unruhe in diesen Hallen, dessen könnt Ihr sicher sein. Mehrere Male während Eurer Ausbildung wurde die Frage gestellt, ob Ihr weiterlernen dürft. Und jedesmal wurde unsere Unfähigkeit, Eure Gedanken zu lesen, als Grund für Eure Beendigung aufgeführt. Aber immer waren mehr Mitglieder dafür, Euch weitermachen zu sehen, als dagegen. Im großen und ganzen stellt Ihr einen möglichen Reichtum an neuem Wissen dar, und deshalb verdient Ihr, daß man die vorhandenen Zweifel zu Euren Gunsten auslegt. Natürlich nur um sicher zu sein, daß wir ein so wertvolles Talent nicht verlieren.«
»Natürlich.«
»Gestern wurde die Frage Eurer Weiterführung kritisch. Als die Zeit kam, Euch endgültig in die Versammlung aufzunehmen, wurde die Frage erneut aufgeworfen. Sie endete mit einem Unentschieden. Es gab allerdings eine Stimmenthaltung, die von mir selbst. Solange ich mich nicht der einen oder anderen Seite zugeselle, ist die Frage Eures Überlebens strittig. Ihr seid frei, wie ein Mitglied der Versammlung zu handeln, bis ich meine Stimme vergebe, entweder, um Eure Aufnahme in die Versammlung gutzuheißen, oder nicht. Unsere Tradition läßt einen Wechsel beim Abstimmen nicht zu, außer, man hat sich der Stimme enthalten, Da niemand, der während der Abstimmung abwesend war, seine Stimme später abgeben darf, bin ich nun der einzige, der die Stimmengleichheit aufheben kann. Also entscheide ich nun über das Ergebnis, ganz gleich, wie lange ich es hinauszögere.«
Milamber schaute den älteren Magier lange und scharf an. »Verstehe.«
Hochopepa schüttelte langsam den Kopf. »Ich frage mich, ob Ihr das wirklich tut. Um es einfach zu sagen: Die Frage ist, was soll ich mit Euch machen? Ohne es gewollt zu haben, liegt plötzlich Euer Leben in meinen Händen. Ich muß entscheiden, ob Ihr getötet werden sollt oder nicht. Deshalb wünschte ich, Euch zu sehen. Ich wollte wissen, ob ich mich in meinem Urteil geirrt habe.«
Plötzlich warf Milamber den Kopf in den Nacken und lachte laut. Tränen liefen ihm über die Wangen. Als er sich wieder beruhigt hatte, erklärte Hochopepa: »Ich kann daran nichts Lustiges entdecken.«
Milamber hob die Hände in einer besänftigenden Geste. »Beleidigung lag nicht in meiner Absicht, mein zivilisierter Freund. Aber Ihr müßt die Ironie dieser Situation ebenso gut erkennen wie ich. Ich war ein Sklave, und mein Leben war von der Laune anderer abhängig. Trotz all meiner Ausbildung, und obwohl ich jetzt aufgestiegen bin, hat sich an dieser Tatsache nichts geändert.« Er machte eine kurze Pause, und sein Lächeln war freundlich. »Aber mir ist es immer noch lieber, wenn Ihr über mein Leben entscheidet und nicht mein ehemaliger Aufseher. Das ist es, was ich so lustig finde.«
Hochopepa war von dieser Antwort überrascht, lachte dann aber auch. »Viele von unseren Brüdern kümmern sich nicht um die alten Lehren. Aber wenn Ihr mit unseren alten Philosophen vertraut seid, werdet Ihr mich begreifen. Ihr scheint ein Mann zu sein, der sein Wallum gefunden hat. Ich meine, wir verstehen uns, mein barbarischer Freund. Ich glaube, wir haben einen guten Anfang gemacht.«
Milamber musterte Hochopepa. Ohne den unbewußten Prozeß zu kennen, mit dem dieser seine Entscheidung traf, war er der Meinung, einen Verbündeten gefunden zu haben und vielleicht sogar einen Freund. »Ich glaube es auch. Und ich halte Euch ebenfalls für einen Mann, der sein Wallum
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