Midkemia Saga 02 - Der verwaiste Thron
Süden zu ziehen, denn die Tsuranis hatten die Straßen nach Carse und Tulan abgeschnitten.
Ein Ruf vom Turm ließ sie herumfahren. »Läufer nähern sich.«
Arutha blickte mit zusammengekniffenen Augen aufs glitzernde Meer hinaus. Auf der Straße, die dorthin führte, konnte er drei Gestalten ausmachen, die ihnen locker entgegen trabten. Als sie nah genug waren, um deutlich gesehen zu werden, sagte Arutha: »Langbogen.« Erleichterung klang aus seiner Stimme.
Dann verließ er die Mauer und stieg die Treppe hinab, um im Hof auf den Jagdmeister und seine Männer zu warten. Roland stand an seiner Seite, als die drei staubigen Männer durch die Burgtore traten. Sowohl Garret als auch Charles schwiegen, als Martin sagte: »Seid gegrüßt, Hoheit.«
»Sei gegrüßt, Martin. Was gibt es Neues?« fragte der Prinz.
Martin fing an, über die Tatsachen zu berichten, die sie im Lager der Tsuranis ausfindig gemacht hatten. Nach einer Weile schnitt Arutha ihm das Wort ab. »Spar dir deinen Atem lieber für den Rat, Martin. Roland, rufe Vater Tully, Schwertmeister Fannon und Amos Trask zusammen. Sie sollen in die Ratshalle kommen.«
Roland eilte davon, und Arutha fuhr fort: »Charles und Garret sollen ebenfalls teilnehmen, Martin.«
Garret warf einen kurzen Blick auf den ehemaligen Tsurani-Sklaven, der bloß mit den Schultern zuckte. Beide wußten, daß das langersehnte, heiße Mahl noch ein wenig länger auf sie warten mußte.
Martin nahm neben Amos Trask Platz, während Charles und Garret stehen blieben. Der ehemalige Kapitän zur See nickte Martin grüßend zu, als Arutha seinen eigenen Stuhl zurechtrückte, wie es seine Gewohnheit war. Wenn er mit seinen Ratgebern zusammentraf, kümmerte er sich wenig um Formalitäten. Seit der Belagerung der Burg war Amos inoffizielles Mitglied von Aruthas Stab geworden. Er war ein Mann mit ungeahnten Fähigkeiten.
Arutha berichtete: »Martin ist soeben von einer besonders wichtigen Mission zurückgekehrt.
Martin, erzähl uns, was du gesehen hast.«
Er berichtete: »Wir sind über die Grauen Türme gestiegen und in das Tal eingedrungen, in dem sich das Hauptquartier der Tsuranis befindet.«
Fannon und Tully schauten den Jagdmeister überrascht an, während Amos Trask der Mund offenstehen blieb. »Mit einem einzigen Satz schiebt ihr eine ganze Legende beiseite«, bemerkte der Seemann.
Martin ignorierte diesen Kommentar und sagte: »Ich halte es für das Beste, wenn Charles Euch erzählt, was wir gesehen haben.«
In der Stimme des ehemaligen Tsurani-Sklaven schwang Besorgnis mit. »Schlechte Neuigkeiten, Hoheit. Allen Anzeichen nach wird der Kriegsherr im kommenden Frühjahr eine Großoffensive starten.«
Mit Ausnahme von Fannon waren alle im Raum sprachlos. »Wie kannst du da sicher sein? Sind neue Armeen in seinem Lager eingetroffen?«
Charles schüttelte den Kopf. »Nein. Die neuen Soldaten werden erst kurz vor dem ersten Tauen des Frühjahrs eintreffen. Meine ehemaligen Landsleute mögen Euer kaltes Klima nicht. Sie werden die Wintermonate außerhalb der Stadt der Ebene auf Kelewan verbringen, in milderen Zonen, wo sie sich wohler fühlen. Erst direkt vor der Offensive werden sie durch den Spalt kommen.«
Selbst jetzt noch, nach fünf Jahren, zweifelte Fannon an Charles’ Loyalität – im Gegensatz zu Langbogen. »Wie kannst du dann sicher sein«, fragte der Schwertmeister, »daß es eine Offensive geben wird? Seit dem Sturm auf Elvandar vor drei Jahren hat keine mehr stattgefunden.«
»Im Lager des Kriegsherrn hat es neue Banner gegeben. Es sind die der Clans der Partei der Blauen Räder, die seit der Belagerung Crydees abwesend waren. Das kann nur eine neuerliche Wende in der Politik des Hohen Rates bedeuten. Es verrät uns, daß die Kriegsallianz erneut gebildet worden ist.«
Von allen Anwesenden schien nur Tully wirklich zu begreifen, was Charles da sagte. Er studierte die Tsuranis und lernte alles von den Gefangenen, was er nur konnte. »Das erklärst du uns besser, Charles«, forderte er ihn nun auf.
Charles ordnete seine Gedanken, ehe er sagte: »Ihr müßt eines über mein ehemaliges Heimatland wissen. Über allem, abgesehen von Ehre und Gehorsam dem Kaiser gegenüber, steht der Hohe Rat.
Dort Ansehen zu gewinnen ist viel wert, sogar das Leben. Mehr als eine Familie ist durch Intrigen und Verschwörungen innerhalb des Rates zerstört worden. Wir im Kaiserreich nennen das ›Das Spiel des Rates‹.
Meine Familie hatte eine gute Stellung im Hunzan Clan
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