Midkemia Saga 03 - Die Gilde des Todes
erzählte Arutha seine Geschichte, die Elben lauschten ihm stumm. Als er geendet hatte, sagte die Königin:
»Tathar?«
Der alte Ratgeber nickte. »Die hoffnungslose Suche.«
Erschrocken fragte Arutha: »Heißt das, daß ihr nichts über Silberdorn wißt?«
»Nein«, beruhigte ihn Aglaranna. »›Die hoffnungslose Suche‹ ist eine Sage unseres Volks. Wir kennen die Pflanze Aelebera, und wir kennen ihre Eigenschaften. Darüber berichtet uns die Sage von der hoffnungslosen Suche. Bitte erzählt sie, Tathar.«
Der alte Elb, der erste, wie Jimmy und die anderen bemerkten, der Spuren von Alter aufwies – kleine Fältchen um die Augen, und das Haar so hell, daß es weiß zu sein schien –, berichtete: »Nach dieser Sage unseres Volkes gab es einst einen Prinzen von Elbenheim, dem eine Maid versprochen war. Ein Moredhelkrieger machte ihr den Hof, sie aber wies ihn ab. In seinem Zorn vergiftete der Moredhel sie mit einem Trank, den er aus der Aelebera braute, woraufhin sie in einen todesähnlichen Schlaf fiel. Da machte der Prinz sich auf ›die hoffnungslose Suche‹ nach dem, was sie heilen könnte: der Aelebera, dem Silberdorn. Ihre Eigenschaft ist derart, daß sie sowohl heilen als auch töten kann. Doch wächst die Aelebera nur an einem bestimmten Ort, am Moraelin oder in Eurer Sprache dem Schwarzen See. Es ist ein Ort der Macht, ein heiliger Ort für die Moredhel, den kein Elb betreten darf. Die Sage berichtet, daß der Prinz von Elbenheim um Moraelin herumwanderte, bis er eine Schlucht eingetreten hatte, denn an Moraelin kann er nicht heran, und fort von dort will er nicht gehen, ehe er nicht das gefunden hat, was seine Liebste retten kann. Und so soll er immer noch dort umherwandeln.«
»Ich bin kein Elb!« entgegnete Arutha. »Ich werde mich zum Moraelin begeben, wenn Ihr die Güte habt, mir den Weg zu weisen.«
Tomas’ Blick wanderte über die Anwesenden. »Das werden wir tun, Arutha, doch nicht, bevor Ihr Euch ausgeruht und wir uns besprochen haben. Wir werden euch nun zeigen, wo ihr bis zum Abendmahl ruhen könnt.«
Die Elben zogen sich zurück und ließen Calin, Tomas und die Königin mit den Gästen allein.
»Dürften wir Euren Sohn sehen?« fragte Martin.
Mit seinem breiten Lächeln lud Tomas sie ein, mitzukommen. Er führte sie durch einen laubdachgeschützten Gang zu einem Gemach in einer riesigen Ulme, wo ein Baby in einer Wiege schlummerte.
Dem Anschein nach war es noch kein halbes Jahr alt. Es schien zu träumen, und seine kleinen Finger bewegten sich leicht. Martin betrachtete es und verstand, was Calin mit den gemischten Erbanlagen gemeint hatte. Der Junge sah eher menschlich als elbisch aus. Seine Ohren liefen nur ganz leicht spitz zu und hatten Läppchen, etwas, was unter echten Elben unbekannt war. Sein Gesicht war rund und pausbäckig wie das eines jeden anderen gesunden Babys auch, aber es hatte einen Zug an sich, der Martin verriet, daß er mehr das Kind seines Vaters als das seiner Mutter war. Aglaranna beugte sich über ihn und strich ihm zärtlich über den Kopf.
»Was habt ihr ihm für einen Namen gegeben?« fragte Martin.
Zärtlich antwortete die Königin: »Calis.« Martin nickte. In der Elbensprache bedeutete das ›Kind des Grüns‹, also soviel wie Leben und Wachstum – ein bedeutungsvoller Name.
Nachdem sie das Baby bewundert hatten, wurden die Besucher zu Gemächern in der Baumstadt Elbenheim geführt, wo sie Wannen voll Wasser und Schlafmatten vorfanden. Bald schliefen alle. Nur Arutha fand keine Ruhe, denn das Bild der kranken Anita wechselte vor seinem inneren Auge mit dem einer silbernen Pflanze ab, die am Ufer eines schwarzen Sees wuchs.
Martin genoß den ersten Abend seines ersten Besuchs in Elbenheim seit einem Jahr. Fast mehr noch als in der Burg Crydee war er hier zu Hause, wo er als Junge gespielt hatte und eins mit den Elbenkindern gewesen war.
Weiche Elbenschritte ließen ihn sich umdrehen. »Galain!« rief er erfreut, als er den jungen Elben, Calins Vetter, kommen sah. Er war Martins ältester Freund. Sie umarmten einander, und Martin gestand: »Ich hatte eigentlich erwartet, dich früher zu sehen.«
»Ich bin soeben erst vom Streifendienst am Nordrand des Waldes zurückgekehrt. Allerhand Seltsames tut sich dort. Ich höre, daß du vielleicht ein bißchen Licht in die Sache bringen kannst.«
»Vermutlich nicht mehr als das eines Kerzenflämmchens«, entgegnete Martin. »Doch daß Böses dort im Spiel ist, daran besteht kein Zweifel.«
Er weihte
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