Midkemia Saga 03 - Die Gilde des Todes
Alpträumen. Sie brachten ein Kind herein, ein kleines Mädchen, bestimmt nicht älter als neun. Ich dachte, mich könnte nichts mehr erschüttern. Doch da zieht der Vermummte einen Dolch und…« Jack schluckte und kämpfte offenbar dagegen an sich zu übergeben. »Sie malten Zeichen mit ihrem Blut und leisteten so was wie ‘nen Schwur. Ich bin wirklich nicht gottesfürchtig, aber an hohen Feiertagen habe ich doch immer Ruthia und Banath ein paar Münzen geopfert. Und jetzt bete ich zu Banath, als würde ich die städtische Schatzkammer am hellichten Tage ausrauben. Ich weiß nicht, ob das was damit zu tun hatte, aber mich haben sie den Eid nicht schwören lassen…« Seine Stimme wurde wieder zu einem Schluchzen.
»Mann, sie haben ihr Blut getrunken!« Er holte tief Luft. »Ich sagte, ich würde mit ihnen arbeiten. Alles ging auch gut, bis sie mir befahlen, Jimmy einen Hinterhalt zu stellen.«
»Wer sind diese Männer, und was wollen sie?« fragte Lyam.
»Dieser Koboldfreund hat mir einmal gesagt, daß es eine Prophezeiung über den Lord des Westens gibt. Der Lord des Westens muß sterben, dann erst kann was geschehen.«
Lyam blickte Arutha an. »Du sagtest, sie nannten dich Lord des Westens?«
Arutha hatte seine Fassung wiedergewonnen. »Ja, zweimal.«
Lyam kehrte zur Befragung zurück. »Was sonst?«
»Ich weiß nicht«, antwortete Jack. »Sie redeten untereinander, aber ich war nicht wirklich einer von ihnen.«
Die Kammer schien zu erzittern, und wieder drohte das Feuer der Kohlen und der Fackeln zu erlöschen.
»Er ist hier!« schrillte Jack.
Arutha kam an Lyams Seite. »Was ist mit dem Gift?« fragte er scharf.
»Ich weiß es nicht«, schluchzte Jack. »Der Koboldkumpan hat es mir gegeben.« Er schien zu überlegen. »Einer der anderen nannte es ›Silberdorn‹.«
Arutha ließ den Blick durch die Kammer wandern, doch keiner schien den Namen je zuvor gehört zu haben. Plötzlich sagte ein Priester: »Es ist da!«
Einige der Priester beteten, dann hielten sie inne, und einer stellte fest: »Es hat unseren Schutz durchbrochen.«
Lyam fragte Tully: »Sind wir in Gefahr?«
»Die finsteren Mächte können nur jene lenken, die sich ihnen verschrieben haben«, versicherte ihm Tully. »Vor direktem Angriff sind wir sicher.«
Es wurde wieder eisig in der Kammer, die Fackeln flackerten wie in einem heftigen Sturm. »Laßt ihn mich nicht holen«, kreischte Jack. »Ihr habt es versprochen!«
Tully blickte Lyam an, der nickte und Vater Julian zu übernehmen bat. Dann befahl er den Tsurani-Wachen, dem Lims-Kragma-Priester Platz zu machen.
Julian stellte sich vor Jack und fragte: »Wünschst du dir aus tiefstem Herzen die Gnade unserer Herrin?«
Vor Furcht brachte Jack keinen Ton hervor. Aber er blinzelte mit tränenvollen Augen und nickte. Julian begann leise zu beten, und die anderen Priester machten schnell Zeichen in die Luft. Tully trat neben Arutha und flüsterte: »Verhaltet Euch ruhig. Der Tod ist unter uns.«
Es war schnell vorbei. In einem Augenblick schluchzte Jack noch hilflos, im nächsten sackte er zusammen, und nur die Ketten verhinderten, daß er auf den Boden stürzte.
Julian wandte sich an alle Anwesenden. »Er ist jetzt sicher bei der Herrin des Todes. Kein Leid kann ihm nun mehr widerfahren.«
Unvermittelt schien etwas an den Mauern zu rütteln. Eine finstere Wesenheit war zu spüren, und ein unmenschlich hohes Schrillen zerriß die Luft, als die Wesenheit ihre Wut hinausschrie, weil sie sich um ihren Diener betrogen fühlte. Alle Priester sowie Pug und Kulgan errichteten einen magischen Schutz gegen den tobenden Geist – und plötzlich war alles totenstill.
Erschüttert sagte Tully: »Es ist geflohen!«
Das Gesicht eine steinerne Maske, so kniete Arutha neben dem Bett. Anita lag auf dem weißen Kissen, und das dunkelrote Haar bauschte sich wie eine Krone. »Sie sieht so schmal aus«, flüsterte er.
Er blickte auf die anderen im Gemach. Carline hatte die Hand um Lauries Arm geklammert, und Martin stand mit Pug und Kulgan neben dem Fenster. Aruthas Augen schienen sie anzuflehen. Alle blickten auf die Prinzessin, außer Kulgan, der offenbar in seine Gedanken vertieft war. Sie hielten die Totenwache, denn Nathan hatte gesagt, die junge Prinzessin würde keine Stunde mehr leben.
Lyam befand sich in einem anderen Gemach und bemühte sich, Anitas Mutter Trost zuzusprechen.
Plötzlich schritt Kulgan um das Bett herum und sagte mit einer Stimme, die durch den gedämpften Ton der
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