Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon
kehrte etwas von dem Selbstvertrauen zurück, das er früher ausgestrahlt hatte. »Jede Falle hat irgendeine Schwäche. Selbst so etwas wie ein einfacher Stein, der von oben herunterfällt, hat seinen schwachen Punkt: er kann vorbeigehen. Und ich glaube, ich habe den schwachen Punkt dieser Falle entdeckt.«
Pug sagte: »Das wäre allerdings recht erquicklich. Ich habe mir schon ein Dutzend Möglichkeiten ausgedacht, doch dazu müßte man immer außerhalb des Feldes der Falle sein. Ryath wollte mich nach draußen bringen, doch das ist ihr nicht gelungen. Was sollen wir hier drinnen unternehmen, um wieder in die richtige Zeit zu fliehen. Ich kann mir jedenfalls nichts vorstellen.«
»Der Trick, mein lieber Pug, liegt woanders. Wir müssen uns nicht wieder nach vorn in die Zeit kämpfen, sondern unseren Weg zurück durch die Zeit beschleunigen. Wir müssen schneller und schneller reisen, in einer Geschwindigkeit, von der noch kein Mensch geträumt hat.«
Tomas fragte: »Und wo führt das hin? Wir bewegen uns doch immer weiter vom jetzigen Konflikt fort. Was gewinnen wir damit?«
»Denkt doch einmal nach, Milamber von der Versammlung«, sprach Macros Pug mit seinem Tsurani-Namen an. »Wenn wir weit genug zurückgehen ...«
Pug sagte einen Augenblick lang nichts, dann dämmerte es ihm. »Wir gehen zurück zum Anfang aller Zeit.«
»Und davor ... davor hatte die Zeit keine Bedeutung.«
Pug fragte: »Ist das überhaupt möglich?«
Macros zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, aber da mir nichts anderes einfällt, bin ich dazu entschlossen. Ich werde Eure Hilfe brauchen. Ich habe zwar das Wissen, doch mir fehlt die Macht.«
Pug nickte: »Sagt mir, was ich tun soll.«
Macros bedeutete ihm, daß er sich setzen sollte, und nahm ihm gegenüber Platz. Tomas stand hinter seinem Freund und beobachtete ihn interessiert. Macros streckte seine Hände aus und legte sie Pug auf den Kopf. »So gehe mein Wissen auf Euch über.«
Pug spürte, wie sich seine Gedanken mit Bildern füllten ...
... und das Universum, wie er es bisher gekannt hatte, erzitterte. Nur ein einziges Mal zuvor hat er dieses Gefühl des allumfassenden Bewußtseins erfahren: auf dem Turm der Prüfung, als er den Titel eines Erhabenen errang. Jetzt ist er ein soviel reiferer, soviel wissenderer Beobachter, und er versteht soviel mehr von dem, was er sieht: die Symmetrie, die Ordnung, die erstaunliche Herrlichkeit, die sich um ihn herum dreht, nach einem Plan konstruiert, den ganz zu verstehen seine Fähigkeiten der Wahrnehmung nicht zulassen. In Ehrfurcht steht er da.
Er läßt sein Bewußtsein umherwandern, und wieder erstaunen ihn die Wunder des Universums, welches ihn umgibt. Und wieder schwimmt er zwischen den Sternen, wieder nimmt er die magischen Kraftlinien wahr, die alle Dinge des Universums verbinden, und er sieht, wie etwas danach strebt, von einem anderen Universum in dieses einzudringen. Es ist etwas Verfaulendes, ein Geschwür, und es erschüttert die Ordnung von allem, was ist. Es ist eine Dunkelheit, die alles auslöscht. Es ist der Feind. Doch es ist schwach, und es ist vorsichtig. Er sinnt darüber nach, während es sich seinem Verstand entzieht. Er bewegt sich in der Zeit zurück.
Er beobachtet den Garten. Er sieht sich selbst vor dem Zauberer sitzen, und sein Jugendfreund steht hinter ihm. Er weiß, was er zu tun hat. Die Zeit im Garten fließt erhaben dahin, schwimmt in einem Rhythmus gleich dem Puls der Zeit in dem Raum, der ihn umgibt, doch in die entgegengesetzte Richtung; für jede vergehende Sekunde geht er im Garten eine Sekunde zurück.
Er greift zu, und sein Geist nimmt den Schlüssel zum Fluß der Zeit. Diese Berührung ist für ihn so gegenständlich, als ergreife seine Hand einen Stein. Er streichelt ihn, und er fühlt den Herzschlag des Universums, das Geheimnis dieser vorgetäuschten Dimension. Er sieht, und er weiß. Er versteht diesen Fluß, er dreht den Schlüssel herum, und jetzt vergehen für jede Sekunde der Zeit im Universum zwei Sekunden im Garten. Er verspürt eine stille Freude, weil er etwas vollbracht hat, von dem er glaubte, es läge jenseits aller Möglichkeiten eines sterblichen Zauberers. Er vergißt seinen Stolz und konzentriert sich auf die Aufgabe, die vor ihm hegt. Wieder verändert er den Fluß der Zeit, und für jede wirkliche Sekunde vergehen für ihn, Tomas und Macros nun vier.
Wieder und wieder dreht er den Schlüssel herum, und sie fliegen für jede Stunde im Universum mehr als einen
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