Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon
Siegeschance. Kommt, wir haben eine weitere Reise vor uns.«
Der Zauberer führte sie den Weg entlang, und sie gingen an den schimmernden Rechtecken vorbei. Dazwischen sahen sie die schnell zurückkehrenden Sterne der neuerlichen Schöpfung. Langsam kroch das Grau des Spaltraumes davon. »Macros«, fragte Pug, »was ist das für ein Ort?«
»Es ist der seltsamste Ort von allen, selbst verglichen mit der Ewigen Stadt. Er wird die Halle des Universums genannt, Sternengang, Torweg oder meistens der Gang zwischen den Welten. Für die Mehrheit jener, die hierherkommen, ist es einfach der Gang. Wir haben viel Zeit, uns zu unterhalten, während wir unterwegs sind. Denn wir werden nach Midkemia zurückkehren. Doch vorher muß ich Euch noch einige Dinge erzählen.«
»Zum Beispiel?« fragte Tomas.
»Zum Beispiel etwas über die wahre Natur des Feindes«, erwiderte Pug.
»Das auch«, stimmte Macros zu. »Ich habe Euch damit bis zum Schluß verschont, denn falls wir der Zeitfalle nicht entkommen wären, warum hätte ich Euch damit belasten sollen? Doch jetzt müssen wir uns auf den letzten Kampf vorbereiten, und deshalb müßt Ihr den Rest der Geschichte kennen.«
Die beiden Zauberer sahen Tomas an, und der sagte: »Ich verstehe nicht, was Ihr meint.«
»Viele Dinge der Vergangenheit sind Euch bisher verborgen geblieben, Tomas. Es ist an der Zeit, daß der Schleier gelüftet wird.«
Macros blieb stehen, streckte die Hand aus, und während er sie Tomas auf die Augen legte, sagte er ein fremdartiges Wort. Tomas erstarrte, als er spürte, wie die Erinnerung zurückkam.
Eine Welt drehte sich durch das Nichts und umkreiste einen lebenspendenden Stern. Auf dieser Welt blühte das Leben in Hülle und Fülle. Zwei Wesen standen mit gegrätschten Beinen darüber, und jedes hatte seine besondere Aufgabe. Rathar hielt die vielfältigen Stränge von Leben und Macht in den Händen, und mit Sorgfalt verwob sie diese zu einem komplizierten Geflecht der Ordnung, verband sie zu einem starken breiten Band. Gegenüber von Rathar stand ein weiteres Wesen, Mythar, der nach dem Band griff, es mit wilder Besessenheit wieder in seine einzelnen Stränge zerpflückte und sie durcheinander fliegen ließ, bis Rathar sie abermals aufnahm und zusammenwob. Beide folgten dem Trieb ihrer jeweiligen Natur, und beiden waren alle anderen Lebewesen gleichgültig. Sie waren die Zwei Blinden Götter des Anfangs. Solcher Art war die Beschaffenheit des Universums in seinen Kindertagen. Endlos arbeiteten die beiden Gottheiten vor sich hin, und die winzigen Faserstränge, die Rathar entgingen, fielen auf den Boden der Welt unter ihnen. Und daraus entstand das größte Wunder der Schöpfung: Leben.
Ashen-Shugar wurde von den unsanften Händen der Hebamme, einer Moredhel, aus dem Leib seiner Mutter gezerrt. Hali-Marmora nahm das Schwert und durchtrennte die Nabelschnur, die den Sohn mit ihr verband. Mit vor Schmerz verzogenem Gesicht fauchte sie: »Das ist das Letzte, was du von mir ohne Kampf bekommst.« Die Moredhel lief mit dem neugeborenen Valheru los und übergab ihn einem Elb, der draußen vor der Berghalle wartete.
Der Elb kannte seine Pflicht. Kein Valheru lebte ohne Kampf. So war der Lauf der Dinge. Der Elb trug das stille Kind, das seit seiner Geburt noch keinen Laut von sich gegeben hatte. Das Kind war ohne Wissen geboren worden, ein winziges Ding, doch nicht ohne Macht.
Der Elb erreichte den Ort, den er ausgesucht hatte, und ließ das Kind allein auf einem Felsen zurück, wo es ohne Kleidung und ohne Schutz in der untergehenden Sonne lag.
Das Kind Ashen-Shugar betrachtete seine Umgebung, und mit jeder vergehenden Minute nahm es mehr Wissen über die Namen und Beschaffenheit der Dinge auf. Ein Aasfresser näherte sich schnüffelnd dem Säugling, und mit einem geistigen Schrei der Wut schlug ihn der winzige Valheru in die Flucht.
Gegen Abend glitt hoch über ihm ein Wesen auf seinen breiten Schwingen dahin. Es entdeckte das Ding auf dem Felsen und fragte sich, ob es eine gute Mahlzeit abgeben würde. Da wurde es plötzlich von dem Säugling gerufen.
Ashen-Shugar entdeckte den riesigen Adler, der über ihm seine Kreise zog, und im gleichen Moment wußte er, das war seine Kreatur. In einfachen Bildern befahl er dem Adler zu landen, dann zu jagen. Innerhalb von Minuten war der Vogel mit einem zuckenden Fisch im Maul zurück, und zerlegte mit Schnabel und Krallen die Beute, die zweimal so groß wie der Säugling war. Wie bei allen seines
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