Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon
Geschwindigkeit zu. Scheinbar hatte die Fähigkeit des Fliegens auch etwas mit Magie zu tun, denn die Reise in schwindelnder Höhe gewann weiter an Tempo, obwohl Ryath kaum mit den Flügeln schlug. Schneller und schneller flogen sie dahin. Es war sehr bequem, was sie Tomas' Magie verdankten, die sie vor Wind und Kälte schützte, dennoch wurde Pug etwas schwindlig. Die Wälder der Fernen Küste zogen unter ihnen hinweg, dann die Grauen Türme, und schließlich überquerten sie das Land der Freien Städte von Natal. Als nächstes befanden sie sich schon direkt über dem Wasser des Bitteren Meeres. Auf der tiefblauen See glitzerte es silbern und grün, und die Schiffe auf den Handelsrouten des Sommers zwischen Queg und den Freien Städten sahen aus wie Kinderspielzeuge.
Wahrend sie hoch über dem Inselkönigreich von Queg dahinschossen, konnten sie die Hauptstadt und die verstreut liegenden Ortschaften sehen, die aus dieser Höhe ebenfalls wie Spielzeug wirkten. Weit unter ihnen glitten beflügelte Schatten in Formation über die Küste des Landes, und der Drache kicherte fröhlich. Ihr kennt sie, nicht wahr, Herrscher des Adlerreichs?
Tomas sagte: »Sie sind nicht mehr das, was sie einst waren.«
Pug fragte: »Worum geht es?«
Tomas zeigte nach unten. »Das sind die Nachfahren der Riesenadler, mit denen ich ... Ashen-Shugar vor Ewigen Zeiten jagte. Ich ließ sie fliegen, so wie niedere Menschen heute Falken fliegen lassen. Diese alten Vögel waren auf ihre Weise intelligent.«
Die Männer der Inseln richten sie ab und reiten sie wie andere Menschen Pferde. Sie sind eine unterworfene Rasse.
Tomas schien irritiert zu sein. »Wie so viele sind sie heute nur noch ein Schatten von dem, was sie einst waren.«
Belustigt antwortete der Drache: Und dennoch findet man auch einige, die noch gewachsen zu sein scheinen, Valheru.
Pug sagte nichts. Sein Freund bewahrte so viele Geheimnisse, die nie ein Mensch ergründen würde. Tomas war einzigartig auf dieser Welt, und auf seiner Seele lagen Lasten, die kein anderes Wesen begreifen konnte. Pug konnte vage verstehen, wie diese Abkömmlinge der stolzen Adler, mit denen Ashen-Shugar gejagt hatte, Tomas schmerzen mußten. Doch wie sehr Tomas das auch beunruhigen mochte, er war damit ganz allein.
Kurze Zeit später kam eine weitere Insel in Sicht, winzig im Vergleich zu Queg, doch immer noch groß genug, daß sie eine ansehnliche Bevölkerung aufnehmen konnte. Doch Pug wußte, hier wohnten nur wenige, denn es war die Insel des Magiers, das Heim von Macros dem Schwarzen.
Als sie über den nordwestlichen Rand der Insel rasten, tauchten sie tiefer, glitten über eine Hügelkette und dann über ein kleines Tal hinweg. Pug sagte: »Das kann doch nicht sein!«
Tomas fragte: »Was?«
»Es gab hier früher einen eigentümlichen Ort. Ein Haus mit Außengebäuden. Dort habe ich Maeros kennengelernt. Kulgan, Gardan, Arutha und Meecham waren ebenfalls dabei.«
Über hohen Bäumen stießen sie herab. Tomas sagte: »Diese Eichen und Kiefern sind in den fast zwölf Jahren, seit du den Zauberer kennengelernt hast, nicht mehr gewachsen, Pug. Es sind uralte Bäume.«
Pug erwiderte: »Das ist ein weiteres von Macros' Geheimnissen. Also bete lieber, daß die Burg wenigstens noch da ist.«
Ryath flog wieder über eine Hügelkette, und sie konnten das einzige Gebäude auf der ganzen Insel sehen: eine einsame Burg. Über dem Strand, wo Pug und seine Gefährten vor Jahren zuerst an Land gegangen waren, legten sie sich in die Kurve, und der Drache sank rasch tiefer und landete auf einem Weg oberhalb des Sandes. Ryath verabschiedete sich von ihren Freunden, stieg wieder in die Luft und machte sich zur Jagd auf. Während er dem im Azur des Himmels verschwindenden Drachen nachsah, sagte Tomas: »Ich hatte vollkommen vergessen, wie es ist, einen Drachen zu reiten.« Nachdenklich blickte er Pug an. »Als du mich gefragt hast, ob ich dich begleite, hatte ich Angst, ich würde die schlafenden Geister wecken.« Er klopfte sich an die Brust. »Ich dachte, hier drin würde Ashen-Shugar nur darauf warten, eine Ausrede zu finden und mich wieder zu überwältigen.« Pug studierte Tomas' Gesicht. Sein Freund konnte seine starken und tiefen Gefühle gut verbergen, doch Pug bemerkte seine Bewegtheit trotzdem. »Aber jetzt weiß ich, zwischen Ashen-Shugar und Tomas gibt es keinen Unterschied. Ich bin beide.« Er senkte den Blick für einen Moment, und das erinnerte Pug daran, wie Tomas als Junge immer
Weitere Kostenlose Bücher