Midkemia Saga 05 - Gefährten des Blutes
seiner Widerwärtigkeit fast erhaben.
Borric wollte kichern, doch aus seiner ausgedörrten Kehle löste sich nur ein heiseres Keuchen. »Setz dich«, sagte die Wache und half Borric mit überraschend gutem Benehmen auf den Boden. »Es ist Zeit für die Mittagsrast.« Der Mann sah sich um, ob sie beobachtet wurden, dann öffnete er seinen eigenen Wasserschlauch und ließ Borric etwas von dem Naß in die Hände laufen. »Ihr Leute aus dem Norden sterbt so schnell in der Sonne.« Er wusch Borrics Nacken und trocknete seine Hände, indem er dem Prinzen mit ihnen durch die Haare fuhr, was den Kopf ein wenig abkühlte. »Zu viele sind schon liegengeblieben; Kasim wird das nicht gefallen.« Schnell gab er dem Prinzen noch einen Schluck Wasser, dann ging er weiter, als wäre zwischen ihnen nichts gewesen.
Dann brachte eine andere Wache Wasserschläuche und Becher, und der Tumult ums Wasser begann. Jeder Sklave, der noch zum Sprechen fähig war, verkündete lauthals seinen Durst, als könnte er übersehen werden, wenn er still bliebe.
Borric konnte sich kaum mehr rühren, und bei jeder Bewegung blitzte grelles gelbes und weißes Licht hinter seinen geröteten Augen auf. Trotzdem griff er, halb blind, nach dem Metallbecher. Das Wasser war warm und bitter, aber auf Borrics ausgetrockneten Lippen schmeckte es besser als der feinste Wein aus Natal. Er trank den Wein schluckweise, zwang sich, ihn im Mund zu behalten, wie es ihm sein Vater beigebracht hatte, ließ die dunkle, purpurfarbene Flüssigkeit um seine Zunge kreisen, schmeckte die feinen Bestandteile des Weins. Eine leichte Bitterkeit, vielleicht von den Stengeln und Blättern, die beim Most im Faß geblieben waren, während die Winzer den Wein so stark wie möglich gären ließen, ehe er abgefüllt wurde. Vielleicht war es auch ein Makel. Borric konnte den Wein nicht erkennen; ihm fehlte die richtige Vollmundigkeit, und er hatte nicht genug Säure, um den Fruchtgehalt auszugleichen.
Es war kein guter Wein. Er würde sehen, ob Papa ihn auch probierte oder ob Erland eine Flasche hiesigen Weins auf den Tisch stellen würde, ob sie diesem Wem irgendwelche Aufmerksamkeit entgegenbringen würden.
Borric blinzelte, und durch die von der Hitze und Trockenheit klebrigen Augen konnte er nicht erkennen, wo die Spuckschale war.
Wie sollte er den Wein ausspucken, wenn es keine Spuckschale gab?
Er durfte ihn nicht trinken, sonst würde er sehr betrunken werden, wie ein kleiner Junge. Vielleicht würde es niemand bemerken, wenn er den Kopf zur Seite drehte und unter den Tisch spuckte.
»He!« schrie eine Stimme. »Der Sklave da spuckt sein Wasser aus!«
Hände rissen Borric den Becher aus den Händen, und der Junge fiel hintenüber. Er lag im Speisesaal seines Vaters auf dem Boden und fragte sich, warum die Steine so warm waren. Sie sollten doch kalt sein. Das waren sie doch immer. Wie konnten sie nur so warm geworden sein?
Dann zogen ihn zwei Hände unsanft auf die Beine, und eine weitere stützte ihn. »Was soll das denn bedeuten? Willst du dich umbringen, indem du nichts mehr trinkst?« Borric öffnete die Augen ein wenig und sah den vagen Umriß eines Gesichts vor sich.
Schwach sagte er: »Vater, ich kann den Wein nicht erkennen.«
»Er phantasiert«, sagte die Stimme. Hände hoben ihn auf und trugen ihn davon, und dann befand er sich an einem dunkleren Ort.
Ihm wurde Wasser ins Gesicht, auf Nacken, Handgelenke und Arme geschüttet. Eine Stimme sagte aus der Ferne: »Ich schwöre bei allen Göttern und Dämonen, Salaya, du hast nicht einmal das Gehirn einer drei Tage alten Katze. Wenn ich nicht hier herausgeritten wäre, um dich zu treffen, hättest du den hier auch krepieren lassen, oder?«
Borric merkte, wie ihm Wasser in den Mund lief, und er trank.
Anstatt des bitteren halben Bechers bekam er jetzt eine ansehnliche Menge fast frischen Wassers. Er trank.
Salaya antwortete: »Die Schwachen bringen uns gar nichts ein. Wir sparen Geld, wenn wir sie unterwegs sterben lassen und sie nicht auch noch durchfüttern müssen.«
»Du Idiot!« schrie der andere. »Dieser hier ist ein erstklassiger Sklave! Sieh ihn dir doch mal an. Er ist jung, kaum zwanzig Jahre, wenn ich etwas von meinem Geschäft verstehe, und abgesehen von dem Sonnenbrand sieht er gesund aus – oder zumindest war er das noch vor ein paar Tagen,« Er gab ein Geräusch von sich, als ekelte er sich. »Diese hellhäutigen Leute aus dem Norden können die Hitze nicht so gut aushalten wie wir, die wir hier in
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