Midnight Breed 02 - Gefangene des Blutes-neu-ok-10.11.11
lieber alle
Risiken ausgeschlossen.
Er musste sie dringend hierherholen.
Er musste ihr alles erklären, auch, wer er wirklich war - was er wirklich war.
Und er musste ihr beichten, dass, wie und warum er sie in diesen Krieg zwischen
dem Stamm und dessen Feinden hineingezogen hatte.
Er hatte geplant, sich heute
Nacht mit ihr auszusprechen, und das mit seiner Nachricht auf ihrem Nachttisch
bereits in die Wege geleitet. Aber jetzt wurde er das Gefühl nicht los, dass
die Zeit drängte. Er wollte es hinter sich bringen, und er fand es
unerträglich, so weit von ihr entfernt zu sein, während er darauf wartete, dass
die Nacht anbrach.
Mit Gebrüll stürzte er sich
wieder auf die Puppe und schwang seine Arme so schnell, dass sogar er selbst
die Attacke kaum mit den Augen verfolgen konnte. Er hörte, wie hinter ihm die
Glastüren zur Trainingseinrichtung aufglitten, aber er war zu sehr mit seinem
wütenden Frust beschäftigt und scherte sich einen Dreck darum, ob er Zuschauer
hatte. Er schlug, stieß, stach und metzelte auf die Puppe ein, bis er vor
Anstrengung keuchte und Schweiß auf seiner nackten Haut glänzte. Schließlich
hielt er inne, selbst verwundert über die Wucht seiner Wut.
Die Übungspuppe war völlig
zerstückelt, das meiste lag in zerfetzten Teilen um ihn herum.
„Nette Arbeit“, bemerkte Lucan
gedehnt von der anderen Seite der Halle. „Hast du was gegen Plastik oder machst
du dich nur warm für heute Nacht?“
Dante stieß einen Fluch aus. Er
wirbelte seine Klingen nochmals herum, ließ das gebogene Metall tanzen, bevor
er beide Waffen in die Scheiden versenkte, die um seine Hüfte geschnallt waren.
Dann wandte er sich dem Anführer des Ordens zu, der an einem Waffenschrank
lehnte und in seiner dunklen Kleidung sehr würdevoll aussah.
„Es gibt Neuigkeiten“, sagte
Lucan, der offenbar davon ausging, dass sie nicht gut ankommen würden. „Gideon
hat sich in die Personaldatenbank der Agentur gehackt und musste feststellen,
dass Agent Sterling Chase nicht mehr für sie arbeitet. Sie haben ihn letzten
Monat aus dem Dienst entlassen, nach einer fünfundzwanzigjährigen
Bilderbuchkarriere.“
„Er wurde gefeuert?“
Lucan nickte. „Wegen
Insubordination und eklatanter Weigerung, Anweisungen der Agentur zu befolgen.
So steht es in der Akte.“
Dante trocknete sich ab und
stieß ein humorloses Lachen aus. „Der gediegene Agent Sterling ist letzten
Endes gar nicht so gediegen, was? Verdammt, ich wusste, dass mit dem Kerl was
nicht stimmt. Er hat uns von Anfang an verarscht. Warum?
Worauf ist er aus?“
Lucan hob die Schultern.
„Vielleicht brauchte er uns, um an den Crimson-Dealer ranzukommen. Wer sagt,
dass er den Kerl letzte Nacht nicht einfach umgebracht hat? Irgendeine Art
persönlicher Vendetta.“
„Vielleicht. Ich weiß es nicht,
aber ich werde es herausfinden.“
Dante räusperte sich. Er fühlte
sich plötzlich befangen in der Gegenwart des älteren Vampirs, der schon seit
Langem sein Waffenbruder war - und sein Freund.
„Hör mal, Lucan. Ich habe in
letzter Zeit auch nicht immer ganz nach den Regeln gespielt. Es ist etwas
geschehen - in der Nacht, als die Rogues mir unten am Fluss beinah den Arsch
aufgerissen hätten. Ich … also, ich bin irgendwie im Hinterzimmer einer
Tierklinik gelandet. Eine Frau war noch da und machte Spätschicht. Ich brauchte
ganz entsetzlich dringend Blut, und sie war die Einzige weit und breit.“
Lucans dunkle Augenbrauen
senkten sich zu einem finsteren Blick. „Du hast sie getötet?“
„Nein. Nein! Ich war zwar nicht
ich selbst, aber so weit bin ich nicht gegangen. Allerdings weit genug. Ich war
mir nicht im Klaren darüber, was ich ihr antat, bis es zu spät war. Als ich das
Mal auf ihrer Hand sah …“
„O verdammt, Dante.“ Der große
Mann starrte ihn an, seine grauen Augen durchbohrten ihn. „Du hast von einer
Stammesgefährtin getrunken?“
„Ja. Ihr Name ist Tess.“
„Weiß sie es? Was hast du ihr
erzählt?“
Dante schüttelte den Kopf. „Sie
weiß bis jetzt überhaupt nichts. Ich habe ihr noch in derselben Nacht die
Erinnerung genommen. Aber ich habe … na ja … Zeit mit ihr verbracht.
Eine Menge Zeit. Ich muss ihr
erklären, was los ist, Lucan. Sie hat ein Recht auf die Wahrheit. Selbst wenn
sie mich dafür hassen sollte, was mich nicht überraschen würde.“
Lucans kluge Augen wurden
schmal. „Sie bedeutet dir etwas.“
„Gott, ja! Und ob.“ Dante
lächelte dünn. „Das habe ich wahrhaftig nicht kommen
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