Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
internationalen Netzbetreibers war im besten Fall schwach. Dylan
hatte es in der letzten Stunde mehrmals versucht, mit demselben frustrierenden
Ergebnis. Alles, was sie damit erreichte, es wieder und wieder zu probieren,
war, kostbare Akkuminuten zu verschwenden. Das Ladegerät und den europäischen
Adapterstecker hatte sie schon nach wenigen Tagen auf der Reise verloren; jetzt
zeigte das Display nur noch zwei Balken Ladung an, und ihre gegenwärtige Tortur
würde wohl noch lange nicht vorbei sein.
Wie um diese
Tatsache zu betonen, öffnete sich jetzt mit einem metallischen Klicken das
Türschloss, und jemand drehte außen den Kristallknauf.
Hastig
schaltete Dylan das Handy aus und stopfte es unter das Kopfkissen, das hinter
ihr lag. Gerade zog sie ihre Hand darunter hervor, als die Tür ihres
Luxusgefängnisses aufschwang.
Rio kam
herein mit einem hölzernen Essenstablett. Der Duft nach frischem Sauerteigbrot,
Knoblauch und gebratenem Fleisch zog vor ihm her. Dylan lief das Wasser im Mund
zusammen, als sie einen Blick auf ein riesiges gegrilltes Sandwich erhaschte,
üppig belegt mit Hühnerbruststreifen, marinierter roter Paprika und Zwiebeln,
Käse und knackigem grünem Salat.
Oh Gott,
sah das wunderbar aus.
„Hier ist
Ihr Mittagessen, wie versprochen.“
Sie zwang
sich zu einem gleichgültigen Schulterzucken. „Ich hab's Ihnen doch gesagt. Ich
werde nichts essen, was Sie mir geben.“
„Wie Sie
wollen.“
Er stellte
das Tablett neben ihr auf dem Bett ab. Dylan versuchte, das verlockende
Sandwich und die Schüssel voll reifer Erdbeeren und Pfirsichschnitze, die
danebenstand, nicht anzusehen. Auch eine Flasche Mineralwasser stand auf dem
Tablett und ein niedriges Cocktailglas mit einer großzügig bemessenen Portion
einer blassen bernsteinfarbenen Flüssigkeit, die süß und rauchig roch. Sie
tippte auf teuren schottischen Whisky. Die Sorte, die ihr Vater sich Nacht für
Nacht hinter die Binde gekippt hatte, obwohl sie es sich nicht leisten konnten.
„Soll ich
mir damit die Betäubungsmittel runterspülen, die Sie ins Essen getan haben?
Oder sind die K.-o.-Tropfen im Schnaps?“
„Ich habe
nicht die Absicht, Sie unter Drogen zu setzen, Dylan.“ Er klang so ehrlich,
fast glaubte sie ihm. „Der Whisky ist zu Ihrer Entspannung da, wenn Sie ihn
brauchen. Ich werde Ihnen nichts aufzwingen.“
„Ach was“,
meinte sie, und sie bemerkte, dass sich sein Verhalten ihr gegenüber leicht
verändert hatte. Er war immer noch riesig und sah gefährlich aus, aber als er
sie jetzt anstarrte, umgab ihn eine nüchterne, fast schon schmerzliche
Resigniertheit. Als hätte er eine unangenehme Aufgabe, die er erledigen musste.
„Wenn Sie
nicht hier sind, um mir etwas aufzuzwingen, warum schauen Sie dann so, als
servierten Sie mir gerade meine Henkersmahlzeit?“
„Ich bin
gekommen, um mit Ihnen zu reden. Das ist alles. Es gibt da einige Dinge, die
ich Ihnen erklären muss. Dinge, die Sie wissen müssen.“
Nun,
allmählich war es auch an der Zeit, dass sie ein paar Antworten bekam. „Okay,
fangen Sie doch damit an, wann Sie mich hier rauslassen.“
„Bald“, sagte
er. „Morgen Abend fliegen wir in die Staaten zurück.“
„Sie nehmen
mich mit zurück nach Amerika?“ Sie wusste, dass sie zu hoffnungsvoll klang,
schließlich hatte er sich selbst in das Szenario eingeschlossen. „Werden Sie
mich morgen frei lassen? Lassen Sie mich nach Hause gehen?“
Langsam ging
er um das Fußende des Bettes herum, hinüber zur Wand mit den abgedunkelten
Fenstern. Er lehnte eine Schulter an die Wand und verschränkte seine
muskulösen, tätowierten Arme vor der Brust. Eine lange Minute sagte er gar
nichts. Er stand einfach nur da, bis Dylan ihn am liebsten angeschrien hätte.
„Wissen Sie,
ich hätte mich heute Vormittag mit jemandem in Prag treffen sollen - mit
jemandem, der meinen Chef kennt und ihn vermutlich schon angerufen hat, um zu
fragen, wo ich stecke. Ich bin auf der Passagierliste eines Fluges nach New
York heute Nachmittag.
Es gibt
Leute, die zu Hause auf mich warten. Sie können mich nicht einfach von der
Straße pflücken und denken, dass niemandem auffällt, dass ich fort bin ...“
„Jetzt erwartet
Sie niemand mehr.“
Dylans Herz
begann in ihrer Brust zu hämmern, als spürte ihr Körper, dass etwas Großes auf
sie zugerast kam, noch bevor ihr Verstand es erfasst hatte. „Was ... was haben
Sie da eben gesagt?“
„Ihre
Familie, Freunde und Ihr Arbeitgeber wurden alle informiert, dass Sie
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