Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
an
den geheimen Treffen aufgeilten, an denen man nur auf Einladung teilnehmen
konnte und wo menschliche Opfer in einer abgeschiedenen, eingezäunten Gegend
wie Wild gejagt, vergewaltigt, ausgesaugt und ermordet wurden. Wie hilfloses
Wild, denn selbst die stärksten Exemplare der Gattung Homo sapiens, ob Mann
oder Frau, hatten gegen ein Rudel blutdurstiger Vampire nicht die geringste
Chance.
Bei diesem
Mord in einem Blutclub handelte es sich offenbar um eine Auseinandersetzung
unter Vampiren.
„Haben sie
den Vampir erwischt, der das getan hat?“
„Nein. Der
Fall wird immer noch untersucht.“ Reichen räusperte sich und sprach weiter. „Da
es sich bei dem Toten um einen Ältesten handelte - einen Gen Eins, um genau zu
sein - und ein Mitglied der Agentur, besteht natürlich eine verständliche Besorgnis,
dass sich diese Angelegenheit zu einem Skandal auswachsen könnte. Es ist eine
sehr heikle Situation.“
Rio stieß
ein trockenes Schnauben aus. „Zweifellos.“
Nun,
immerhin war er nicht der einzige Stammesvampir, dem in der letzten Zeit das
Urteilsvermögen abhanden gekommen war. Selbst die geistig gesunden,
kultivierten Mitglieder des Vampirvolkes hatten ihre schlechten Tage. Nicht
dass Rio seine vielen eigenen Fehler deshalb weniger bereut hätte.
„Ich muss
mich mit Boston kurzschließen“, sagte er zu Reichen und fuhr sich mit der Hand
über die Stirn, um den kalten Schweißfilm abzuwischen, der sich dort gebildet
hatte. Eine Schwindelwelle wollte ihn erfassen, aber er drängte sie mit reiner
Willenskraft zurück.
Verdammt. Er
konnte hier nicht einfach zusammenklappen, zumindest bis Sonnenuntergang musste
er sich noch am Riemen reißen, dann konnte er eine Weile hinaus und Nahrung zu
sich nehmen.
Wenn die
Ohnmacht, die in ihm aufzog, ihn nicht schon vorher zusammenklappen ließ.
„Alles in
Ordnung?“, fragte ihn Reichen mit besorgt gerunzelter Stirn.
„Alles
bestens“, murmelte Rio.
Der andere
Vampir wirkte nicht im Mindesten überzeugt, doch seine guten Umgangsformen
hielten ihn davon ab, etwas zu sagen. Sein dunkler Blick fiel auf Rios Arme.
Die Glyphen unter seinen aufgerollten Hemdsärmeln füllten sich mit einem
dunkleren, intensiveren Farbton.
Auch wenn er
noch so hoch und heilig beteuerte, wie putzmunter er sich gerade fühlte, seine
Dermaglyphen würden ihn immer verraten. Die verdammten Dinger waren
Gefühlsbarometer, die die Befindlichkeit eines Vampirs visuell übertrugen -
Hunger, Sättigung, Wut, Freude, Lust, Zufriedenheit und alle Stimmungen
dazwischen.
Rios
Dermaglyphen nahmen gerade Schattierungen von tiefem Rot, Lila und Schwarz an -
ein klares Anzeichen dafür, dass er hungrig war und Schmerzen hatte.
„Ich brauche
eine gesicherte Telefonleitung“, sagte er zu Reichen.
„Sofort,
wenn Sie es einrichten können. Bitte.“
„Selbstverständlich.
Kommen Sie, benutzen Sie meinen Büroanschluss.“
Reichen
bedeutete Rio, ihm in den Raum zu folgen, wo er sich eben mit seinem Neffen
getroffen hatte. Das Arbeitszimmer war geräumig und reich ausgestattet, wie der
Rest des Anwesens atmete es die ganze Eleganz der alten Welt. Reichen ging um
einen monströsen Schreibtisch mit Klauenfüßen herum und öffnete eine verborgene
kleine Schiebeklappe, die in die Tischplatte aus poliertem Mahagoni eingelassen
war.
Er drückte
einen Knopf auf der darunter gelegenen elektronischen Schaltfläche, und sofort begannen
sich zwei der hohen Bücherregale auf der anderen Raumseite zu teilen und
enthüllten einen riesigen Flachbildschirm, der hinter ihnen an die Wand
montiert war.
„Videokonferenz,
wenn Sie möchten“, sagte er, als Rio in den Raum trat. „Drücken Sie die Acht,
dann schaltet unsere Telefonzentrale Ihnen eine gesicherte internationale
Leitung frei. Und lassen Sie sich alle Zeit, die Sie brauchen. Sie werden
ungestört sein.“
Rio nickte
zum Dank.
„Brauchen
Sie sonst noch etwas?“, fragte sein großzügiger Gastgeber. „Oder etwas für
unseren, äh, Gast da oben?“
„Ach ja“,
sagte Rio. „Ich hatte ihr noch gesagt, ich würde ihr etwas zu essen bringen.“
Reichen
lächelte. „Dann werde ich ihr etwas Besonderes zubereiten lassen.“
„Danke“,
sagte Rio. Und dann: „Hey, Reichen. Da gibt es etwas, das Sie wissen sollten.
Die Frau da oben ... sie ist eine Stammesgefährtin.
Bis vor ein
paar Minuten war mir das selber nicht klar, aber sie trägt das Mal. Im Nacken.“
„Ach.“ Der
deutsche Vampir dachte einen Augenblick darüber nach.
„Und
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