Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
Ablenkung. Etwas, das seine
vollständige Konzentration verlangte, ihn wieder runterbringen würde. Das
hoffentlich den schlimmsten Hunger nach Sex, der selbst jetzt noch in ihm
nagte, etwas dämpfen würde. Er wollte Dylan mit einer Begierde, die immer noch
in einem tiefen, primitiven Rhythmus durch seine Venen dröhnte.
Immer noch
konnte er ihren Körper spüren, wie er sich unter ihm bewegte, so weich und
einladend. Wie sie so leidenschaftlich auf ihn reagierte. Sie nahm ihn so, wie
er war, auch wenn er nur noch dazu imstande war, neben ihrer Schönheit das
Biest zu spielen.
Es war eine
Fantasie, die er sich erlaubt hatte, als er Dylan küsste, als er sie unter sich
gedrückt und sich gefragt hatte, ob die intensive Anziehung, die er spürte,
nicht doch womöglich gegenseitig war.
Niemand
konnte so schauspielern. Eva hatte einst behauptet, ihn zu lieben. Die Tiefe
ihres Verrats war ein Schock gewesen, aber irgendwo in seinem Hinterkopf hatte
er gewusst, dass sie mit ihm und seinem Kriegerleben nicht so glücklich gewesen
war wie er.
Sie hatte
nicht gewollt, dass er dem Orden beitrat. Sie hatte nie sein Bedürfnis
verstanden, etwas Gutes und Nützliches zu tun. Oft hatte sie ihn gefragt, warum
sie ihm nicht ausreichte. Warum es ihm nicht genug sein konnte, sie zu lieben
und glücklich zu machen. Er hatte beides gewollt, aber selbst sie hatte sehen
können, dass der Orden ihm wichtiger war.
Rio konnte
sich immer noch an die Nacht erinnern, als er mit Eva in einem Park in der
Stadt umhergeschlendert war und auf einer kleinen Brücke über dem Fluss Fotos
von ihr gemacht hatte. In dieser Nacht hatte sie ihm gesagt, wie sehr sie sich
wünschte, dass er den Orden verließ und ihr ein Baby schenkte. Forderungen,
denen er nicht nachkommen konnte - oder vielmehr wollte.
Lass uns
Zeit, hatte er ihr gesagt. Die Krieger waren damit beschäftigt gewesen, die
zunehmenden Rogueaktivitäten in der Region unter Kontrolle zu bekommen, und so
hatte er sie gebeten, Geduld zu haben. Sobald die Dinge sich beruhigt hätten,
könnten sie vielleicht über eine Familie nachdenken.
Im
Nachhinein war er sich nicht sicher, ob es ihm damit ernst gewesen war. Eva
hatte ihm nicht geglaubt. Das hatte er in ihren Augen gesehen, selbst damals
schon. Zur Hölle noch mal, vielleicht war das genau der Moment gewesen, als sie
beschlossen hatte, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen.
Er hatte Eva
im Stich gelassen, und er wusste es. Aber sie hatte es ihm übel heimgezahlt.
Ihr Verrat hatte ihn in den Grundfesten seiner Seele erschüttert. Er hatte ihn
dazu gebracht, alles zu hinterfragen, einschließlich dessen, warum - verdammt
noch mal - jemand wie er überhaupt auf der Welt war.
Als Dylan
ihn geküsst hatte - als sie ihm direkt in die Augen gesehen hatte und in ihren
Augen nichts als die reine Ehrlichkeit zu lesen war -, konnte Rio glauben,
zumindest einen Moment lang, dass er nicht einfach nur ein jämmerlicher
Versager war, an den selbst die Luft zum Atmen verschwendet war. Als er in
Dylans Augen geblickt und ihre liebevollen Hände auf seinen Narben gespürt
hatte, konnte er glauben, dass das Leben vielleicht doch noch lebenswert war.
Und er war
ein egoistischer Mistkerl, zu denken, dass er einer Frau wie ihr irgendetwas zu
bieten hatte. Das Leben einer Frau hatte er schon zerstört und fast auch sein
eigenes; mit Dylans Leben würde er das nicht noch einmal riskieren.
Rio machte
die Augen schmal, als er die Zielscheibe am anderen Ende des Schießstandes
fixierte, und zwang die Hand, die die Pistole hielt, zu einem eisernen, ruhigen
Griff. Er drückte ab und spürte den vertrauten Rückstoß, als die Beretta
feuerte und eine Kugel in den innersten Ring der Zielscheibe jagte.
„Schön zu
sehen, dass du deine Treffsicherheit nicht verloren hast.
Voll ins
Schwarze, wie immer.“ Rio legte die Waffe vor sich auf dem Gestell ab. Als er
sich umdrehte, sah er, dass Nikolai hinter ihm stand, den breiten Rücken gegen
die Wand gelehnt.
Rio hatte
gewusst, dass er nicht allein war; er hatte Niko und die drei anderen
unverheirateten Krieger am anderen Ende der Trainingshalle reden hören, als sie
ihre Waffen reinigten und ihren spätnächtlichen Beutezug in dem Club
rekapitulierten.
„Wie war die
Jagd an der Oberfläche?“
Niko zuckte
die Schultern. „Wie üblich.“
„Heiße
Bräute, die nicht so viel Grips haben wegzurennen, wenn sie dich kommen
sehen?“, fragte Rio, ein zaghafter Versuch, das Eis zu brechen, das seit seiner
Ankunft
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