Midnight Breed 05 - Gefaehrtin der Schatten-neu-ok-15.11.11
ein gesundes, normales Leben, das
Renata sich für das Kind wünschte. Ein vergeblicher Wunsch, wenn man so in
Sergej Jakuts schmutziger Küche stand, neben einem kaputten Gasherd, der
vermutlich nicht einmal dann funktionierte, wenn es eine Gasleitung gäbe, um
ihn anzuschließen.
Da Renata
und Mira die Einzigen im Jagdhaus waren, die Lebensmittel brauchten, hatte
Jakut es Renata überlassen, sich um ihre Ernährung zu kümmern. Renata
interessierte nicht sonderlich, was sie aß - Essen war Essen, eine funktionale
Notwendigkeit, nichts weiter -, aber sie hasste es, dass sie Mira nicht ab und
zu mit etwas wirklich Leckerem verwöhnen konnte.
„Irgendwann
gehen du und ich groß aus und bestellen uns ein richtiges Abendessen, eins mit
fünf Gängen, alle anders. Plus Nachtisch", fügte sie hinzu und schmierte
Erdbeermarmelade auf eine Weißbrotscheibe. „Vielleicht bestellen wir uns sogar
zweimal Nachtisch für jede."
Mira
lächelte unter ihrem kurzen, schwarzen Schleier, der ihr bis zu ihrer kleinen
Nasenspitze fiel. „Meinst du, wir können welche mit Schokolade haben?"
„Definitiv
Schokolade. Da", sagte sie und reichte ihr den Teller.
„Erdnussbuttersandwich mit Extraportion Marmelade und ohne Rinde, wie
gewünscht."
Renata
lehnte sich gegen den Tresen, als Mira in ihr Sandwich biss und es aß, als wäre
es so köstlich wie jedes Fünfgänge-Menü, das sie sich nur vorstellen konnte.
„Vergiss
deinen Apfelsaft nicht."
„Mhm."
Renata stieß
den Plastiktrinkhalm in die Safttüte und stellte sie neben Mira. Dann begann
sie, die Sachen wegzuräumen, und wischte die Arbeitsfläche ab. Jeder Muskel
ihres Körpers spannte sich an, als sie im Nebenraum Lex' Stimme hörte.
Er war seit
Sonnenuntergang fort gewesen. Renata hatte ihn nicht gerade vermisst, aber sie
hatte sich doch gefragt, was er wohl die ganze Zeit getrieben hatte. Die Antwort
auf diese Frage kam in Form von betrunkenem Gelächter einer Frau - mehrerer
Frauen, dem Gelächter und Gekreisch nach, das aus der großen Halle des
Jagdhauses drang.
Lex brachte
oft Menschenfrauen nach Hause, als Blutwirtinnen und zu seiner Unterhaltung.
Manchmal behielt er sie tagelang bei sich. Wenn er mit ihnen durch war, gab er
sie gelegentlich an die anderen Wachen weiter, und jeder von ihnen benutzte die
Frauen nach Lust und Laune in jeder nur erdenklichen Weise, bevor er ihre
Erinnerungen auslöschte und sie wieder hinauswarf, zurück in ihr altes Leben.
Es machte Renata ganz krank, unter demselben Dach zu leben wie Lex, wenn er in
Partystimmung war, aber was sie wirklich wütend machte, war, dass auch Mira -
wenn auch nur am Rande - etwas von seinen Spielen mitbekam.
„Was ist da
draußen los, Rennie?", fragte sie.
„Iss dein
Sandwich auf, befahl Renata, als Mira zu essen aufhörte, um dem Krach im
Nebenraum zu lauschen. „Bleib hier. Ich bin gleich wieder da."
Renata ging
aus der Küche hinaus und den Gang hinunter, auf den Lärm zu.
„Austrinken,
die Damen!", schrie Lex und ließ einen Karton voller Schnapsflaschen auf
das Ledersofa fallen.
Er selbst
würde weder den Alkohol konsumieren noch die anderen Partygeschenke, die er
besorgt hatte. Ein paar durchsichtige, aufgerollte Plastiktüten, jede prallvoll
mit etwas, was wohl Kokain sein musste, lagen durcheinander auf dem Tisch.
Gerade schaltete jemand die Stereoanlage ein, der Bass wummerte unter derben
Hip-Hop-Texten.
Lex packte
die kurvenreiche Brünette mit der albernen, gackernden Lache und legte den Arm
um sie. „Ich hab dir doch gesagt, dass wir uns heute Nacht amüsieren! Komm her
und zeig mir, wie dankbar du mir bist."
Er war in
selten guter Stimmung. Und kein Wunder, denn er hatte einen satten Fang nach
Hause gebracht: fünf junge Frauen in High Heels, knappen Tops und ultrakurzen
Miniröcken. Zuerst hielt Renata sie für Prostituierte, aber bei genauerem
Hinsehen entschied sie, dass sie zu sauber waren, unter ihrem schweren Make-up
zu frisch und unverbraucht, um vom Gewerbe zu sein. Wahrscheinlich waren sie
nur naive Cluberinnen, völlig ahnungslos, dass der charismatische, attraktive
Mann, der sie da abgeschleppt hatte, in Wirklichkeit eher einem Albtraum
entsprungen war.
„Kommt rein
und lernt meine Freunde kennen", sagte Lex zu der Gruppe kichernder Frauen
und winkte die anderen Stammesvampire zu sich, damit sie seine Ausbeute des
heutigen Abends begutachteten. Einen Augenblick lang lag greifbares Unheil in
der Luft, als die vier muskelbepackten, schwer bewaffneten Wachen
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