Midnight Breed 05 - Gefaehrtin der Schatten-neu-ok-15.11.11
sie,
seinem intensiven Blick standzuhalten. „Darauf gebe ich dir mein Wort. Ich
werde auch nicht zulassen, dass dir etwas passiert, und deshalb werde ich dir
einen Arzt für deine Schulter besorgen, sobald heute Abend die Sonne
untergeht."
„Was?"
Sie versuchte sich aufzusetzen und verzog das Gesicht, als ein scharfer Schmerz
sie durchzuckte. „Ich bin okay. Ich brauche keinen Arzt..."
„Dir geht es
alles andere als gut, Renata. Dir geht es jede Stunde schlechter." Seine
Miene war ernst, als er von der entzündeten Schulterwunde aufsah und in ihre
Augen blickte. „Du kannst so nicht weitermachen."
„Ich werde
es überleben", beharrte sie. „Ich werde nicht aufgeben, solange Miras
Leben auf dem Spiel steht."
„Dein Leben
ist auch in Gefahr. Verstehst du?" Er schüttelte den Kopf und murmelte ein
paar derbe, düstere Worte. „Du kannst sterben, wenn diese Wunde nicht behandelt
wird. Das werde ich nicht zulassen, also bedeutet das, dass du heute Nacht ein
Date mit der nächstgelegenen Notaufnahme hast."
„Was ist mit
Blut?" Sie beobachtete ihn, sah, wie sich jeder Muskel in Nikolais Körper
anzuspannen schien, sobald sie diese Worte ausgesprochen hatte.
„Was ist
damit?", fragte er mit hölzerner, unergründlicher Stimme.
„Du hast
mich vorhin gefragt, ob ich je Sergej Jakuts Blut getrunken habe. Wenn ich das
getan hätte, wäre ich jetzt geheilt?"
Er hob vage
die Schultern, aber die Anspannung in seinem riesenhaften Körper blieb. Als er
den Blick hob, um sie anzusehen, brannten bernsteinfarbene Blitze im frostigen
Blau seiner Iriskreise, und seine Pupillen zogen sich unmerklich zusammen.
„Wäre ich
inzwischen geheilt, wenn du mir dein Blut geben würdest, Nikolai?"
„Bittest du
mich denn darum?"
„Wenn ja,
würdest du es mir geben?"
Er stieß
scharf den Atem aus, und als seine Lippen sich öffneten, um wieder Atem zu
holen, sah Renata die scharfen Spitzen seiner Fangzähne. „Das ist nicht ganz so
einfach, wie du denkst", erwiderte er, und seine Stimme klang rau. „Du
wärst dann mit mir verbunden. Genauso, wie Jakut durch dein Blut mit dir
verbunden war, wärst du dann an mich gebunden. Du würdest mich in deinem Blut
spüren. Du würdest mich immer in dir spüren, und es lässt sich nicht rückgängig
machen, Renata - nicht einmal, wenn du später von einem anderen Stammesvampir
trinkst. Unsere Verbindung würde stärker sein als alle anderen. Sie kann erst
gebrochen werden, wenn einer von uns tot ist."
Das war
allerdings keine Kleinigkeit, das verstand sie. Zur Hölle, sie konnte kaum
glauben, dass sie überhaupt ernsthaft darüber nachdachte. Aber tief in ihrem
Inneren, so verrückt es auch sein mochte, vertraute sie Nikolai. Und was das
alles sie selbst kosten würde, machte ihr am allerwenigsten Sorgen. „Wenn wir das
tun, wird es mir dann so gut gehen, dass ich heute Nacht hier raus kann, um
Mira zu suchen?"
Er krampfte
den Kiefer so fest zusammen, dass in seiner Wange ein Muskel zuckte. Er starrte
sie an, seine Züge wurden zusehends wilder, das Blau seiner Augen von einem
feurigen Glanz überschwemmt.
Als er keine
Anstalten machte, ihr zu antworten, streckte Renata die Hand aus und legte sie
fest auf seinen Arm.
„Kann dein
Blut mich heilen, Nikolai?"
„Ja",
sagte er, und das Wort kam erstickt aus seiner Kehle.
„Dann will
ich es."
Als er ihr
in einem intensiven Schweigen weiter in die Augen sah, musste sie an all die
Male denken, die Sergej Jakut aus ihrer Vene getrunken hatte. Wie entwürdigt
und benutzt sie sich gefühlt hatte ... wie sehr der Gedanke sie abgestoßen
hatte, dass ihr Blut solch eine grausame, monströse Kreatur nährte. Es wäre ihr
nie eingefallen, einen Teil von ihm in sich aufzunehmen, nicht einmal, wenn es
um ihr nacktes Überleben gegangen wäre. Ein Stück ihrer Seele wäre gestorben,
wenn sie ihren Mund freiwillig auf Jakuts Körper gelegt hätte. Von ihm zu
trinken? Sie war sich nicht einmal sicher, ob ihre Liebe zu Mira stark genug
war, um etwas so Abscheuliches für sie zu tun.
Aber Nikolai
war kein Monster. Er war ehrenhaft und gerecht. Er war sanft und beschützend,
ein Mann, der sich auf dieser gemeinsamen Reise mit ungewissem Ausgang immer
mehr wie ein Partner anfühlte. Er war jetzt ihr bester Verbündeter. Ihre größte
Hoffnung, Mira zu finden.
Und auf
einer noch tieferen Ebene ihres Selbst, auf der sie einfach nur eine Frau war,
mit Bedürfnissen und Wünschen, die sie sich gar nicht allzu genau anzusehen
wagte, sehnte sie sich
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