Midnight Breed 06 - Gesandte des Zwielichts-neu-ok-16.11.11
ihn“, fuhr
er sie giftig an. „Gib mir jetzt den Agenten wieder. Du wirst mit den Männern
zu ihrem Hauptquartier fahren und ihnen behilflich sein, dieses... Tier
aufzuspüren.“
„Wilhelm, nein...“
„Gib mir den Agenten, verdammt noch mal!“
Es war nicht nötig, die bewaffneten Wächter auf
sie aufmerksam zu machen. Beide starrten sie mit offenem Mund an, als Wilhelms
wütender Aufschrei durch den Raum hallte. Einer der Agenten kam zu ihr herüber
und entwand ihr das Handy aus ihrem widerstrebenden Griff. Er lauschte nur
einen Augenblick, dann gab er dem anderen Agenten ein Zeichen, zu Claire
hinüberzugehen, und wies ihn an, sie nicht entkommen zu lassen.
Claires Herz hämmerte in ihrer Brust, als der
Agent das Gespräch beendete.
Sie konnte Verwirrung und Mitgefühl in den
Augen des Stammesvampirs sehen, als er das Handy zuklappte und mit der Ruhe
eines Soldaten, der an schwierige Situationen gewöhnt ist, auf sie zukam.
„Sie müssen jetzt mit uns kommen“, sagte er
sanft, aber bestimmt. „Wir haben Befehle, Frau Roth. Tut mir leid.“
„Nein.“ Er griff nach ihr, und Claire geriet in
Panik.
„Ich gehe nicht mit Ihnen. Lassen Sie mich
los!“
Jetzt schaltete sich auch der zweite Agent ein,
seine Miene war ernst. „Zwingen Sie uns nicht zu härteren Maßnahmen, in
Ordnung?“
Claire wand ihren Arm aus dem schmerzenden
Griff. Sie machte zwei schnelle Schritte von ihnen fort, hatte ernsthaft vor,
zu fliehen, sofern sie es irgendwie bis zur Tür schaffte.
Sie schaffte es nicht. Bevor sie auch nur die
Chance hatte, zu blinzeln, war der eine Agent schon dort. Der andere trat
hinter sie und stieß ihr etwas Hartes und Kaltes ins Kreuz.
Sie spürte den sengenden Biss der
Elektroschockpistole nur einen Sekundenbruchteil, bevor der Schock die Beine
unter ihr nachgeben ließ.
Mit einem gebrochenen Aufschrei fiel sie zu
Boden, Schmerzwellen durchzuckten sie.
„Trag sie raus“, hörte sie den einen Agenten
über ihr sagen. „Ich gehe vor und mache die Wagentür auf.“
Harte, riesige Hände zerrten sie auf die Füße.
Sie hörte die Haustür, spürte, wie kalte Nachtluft über den Boden
hereinströmte. Dann ein tiefes Grunzen und ein abruptes, widerlich nasses
Geräusch. Jemand keuchte, schnappte gurgelnd nach Luft.
Der Agent, der Claire festhielt, ließ sie los
und wappnete sich gegen das, was da auf der Schwelle der offenen Tür stand.
„Was zum Teufel...!“
Claire hob den Kopf und konnte einen
überraschten, erleichterten Aufschrei nicht zurückhalten.
Andreas.
Oh Gott... er war zu ihr zurückgekommen. Sein
riesiger Körper blockierte den Eingang, seine Augen sprühten Feuer, Fänge
glänzten weiß und gefährlich.
Zu seinen Füßen lag die blutende Leiche des
Agenten, der ihr den Elektroschock versetzt hatte, sein Hals war mit einer
schwarzen schmiedeeisernen Stange, die Andreas vom Treppengeländer abgerissen
hatte, brutal aufgespießt und praktisch abgetrennt worden. Als der zweite Agent
seine Waffe zog und Anstalten machte, zu schießen, stapfte Andreas hinein und
feuerte mit der Waffe seines Kameraden auf ihn, tötete ihn mit der schnellen,
tödlichen Zielsicherheit eines Scharfschützen.
Dann war er an ihrer Seite, als existiere auf
der Welt nichts anderes mehr für ihn.
„Claire... um Gottes willen“, sagte er, seine
Stimme schroff, seine Miene so ernst, wie sie ihn noch nie gesehen hatte. Er
strich mit den Händen über ihr Gesicht, berührte jeden Zentimeter von ihr, als
fürchtete er, sie könnte zerbrochen sein. Seine starken Finger zitterten an
ihrer Haut. Einen Augenblick lang dachte sie - hoffte sie verzweifelt - , dass
er sie wieder küssen würde.
„Bist du verletzt?“
Sie schüttelte den Kopf, fühlte sich zittrig
und wacklig auf den Beinen, bis Andreas ihr den Arm um die Schultern legte und
sie von all dem Blut und Tod auf dem Boden wegführte. „Wir sind hier in der
Stadt nicht mehr sicher“, sagte sie zu ihm. „Ich habe eben mit Wilhelm
gesprochen. Er weiß, dass ich mit dir zusammen bin. Er weiß, dass du heute
Nacht von mir getrunken hast.“
Andreas presste die Lippen zusammen. Etwas
Düsteres blitzte in seinen Augen auf. Reue vielleicht?
Oder Bedauern?
„Ich glaube, jetzt sind wir beide nicht mehr
sicher vor ihm“, sagte sie.
Er starrte sie lange an, intensiv und
forschend.
Dann nickte er knapp. „Du kommst mit mir,
Claire.
Egal, was passiert, bei mir bist du in
Sicherheit.“
10
Reichen nahm den toten Agenten ihre
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