Midnight Man (02) – Gefährliche Mission
hier bis da hat«, fuhr Todds Bariton träumerisch fort. »Mit kurzen schwarzen Haaren und angegrauten Schläfen, der ein bisschen aussieht wie der junge Gianni Agnelli, weißt du? Und mit Augen zum Dahinschmelzen.« Er seufzte schmachtend.
Suzanne riss die Augen auf und blickte Todd böse an, der süffisant grinsend auf seinem Sanderson-Sofa saß. Sie hätte am liebsten ein Kissen nach ihm geworfen, aber das war riskant; Teeflecke gingen aus Seide so schlecht raus.
Todd lächelte wissend. »Das Essen im Comme chez soi ist wirklich gut, nicht wahr? Das liegt an dem neuen Küchenchef. Aber das kannst du natürlich nicht wissen. Du hast ja keinen Bissen gegessen.«
6
Das Taxi setzte sie am Tor ab. Suzanne bezahlte, dann schaute sie die Straße entlang. Da stand ihr Wagen. Spontan ging sie hin und stieg ein, legte die Hände ans Lenkrad und drehte den Zündschlüssel. Der Motor sprang sofort an, ohne das Röcheln und Knirschen, an das sie gewöhnt war. Er schnurrte leise und kraftvoll. Sie saß da und lauschte erfreut.
Ihr Wagen klang besser denn je, und das hatte sie nur ihrem Mieter zu verdanken. Ihrem wahnsinnig aufregenden Mieter.
Sie hatte überreagiert. Ja, sie hatten Sex gehabt, und daran hatte sie genauso viel Schuld wie er. Es war nicht so, dass er sie überwältigt hätte. Sie war bei der ersten Berührung seiner Lippen dahingeschmolzen. Hart, aber erregend war es gewesen. Erregender als alles, was sie seit … was sie jemals erlebt hatte.
Wäre sie nicht panisch in ihre Wohnung verschwunden, hätte sie ihn mit hineingenommen, da hatte sie keine Zweifel, und er wäre mitgegangen. Sie hätten die ganze Nacht … was?
Sich geliebt, zweifellos. In einem Bett. Anstelle von Sex an der Wand. Und zwischendurch hätten sie geredet. Vielleicht ein bisschen gelacht, die Flasche Chablis geöffnet, die sie seit Wochen im Kühlschrank liegen hatte, die Dose geschmuggelten Kaviar aufgegessen, den ein Kunde ihr mitgebracht hatte.
John hatte es verpatzt, aber sie ebenfalls. Sie war vor ihm weggerannt wie ein verschrecktes Kaninchen.
Und er hatte sich am nächsten Tag nicht von ihr distanziert, sondern Verantwortung übernommen, gesagt, dass sie miteinander reden müssten.
Und der Knüller war, er war für sie zu Murphy gegangen und hatte ihren Wagen abgeholt. Der jetzt unter ihren Händen schnurrte. Zufrieden stellte sie den Motor ab und kam sich ein bisschen töricht vor, weil sie so panisch reagiert hatte.
Plötzlich sah sie John Huntington vor ihrem geistigen Auge, seine Größe, seine Kraft, seine Intensität, sein brutales männliches Durchsetzungsvermögen. Nein, sie hatte nicht überreagiert. Der Mann war furchterregend in jeder Hinsicht.
Während sie das Tor öffnete und zur Haustür ging, dachte sie darüber nach, was Todd gesagt hatte. Seiner Ansicht nach waren die Männer, mit denen sie bisher ausgegangen war, zu berechenbar, zu langweilig, zu … ungefährlich gewesen.
Was war verkehrt an einem ungefährlichen Mann?, fragte sie sich, schaltete die Alarmanlage aus, schloss auf und schaltete sie wie versprochen wieder ein. Ein ungefährlicher Mann war nett, warmherzig, beruhigend. Keine Eigenschaften, die ihr im Zusammenhang mit John Huntington einfallen würden.
Er brachte sie völlig aus dem Konzept.
Den ganzen Tag lang hatte er viel Raum in ihren Gedanken eingenommen. Während des gestrigen Tages auch. Jede Sekunde eigentlich, seit sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Das war nicht gut. Sie war Geschäftsfrau, ihre Arbeit war gefragt, und sie war im Begriff, in die Sphäre der Erfolgreichsten aufzusteigen. Da hatte sie keine Zeit für Obsessionen. Eigentlich hatte sie nicht einmal Zeit, abends auszugehen. Wenn sie also Freizeit abknapste, sollte sie sie mit Männern verbringen, die schön im Hintergrund blieben, wo sie hingehörten, und nicht jeden Augenblick für sich in Anspruch nahmen.
Wie jetzt zum Beispiel, als sie nach Hause kam und sich sofort fragte, ob er wohl da war, und dabei hoffte, er sei nicht da – nur um sich im nächsten Moment das Gegenteil zu wünschen.
Er war nicht zu Hause. Einen Moment lang blieb sie im Flur stehen. Er bewegte sich leise, fast unheimlich leise, aber sie kannte ihr Haus. Es war die Stille der Abwesenheit. Und da fiel ihr ein, dass der Yukon nicht draußen gestanden hatte.
Da sie sich dessen plötzlich so sicher war, begriff sie, dass sie unbewusst nach dem Wagen Ausschau gehalten hatte. John hatte gesagt, er sei ab dem Nachmittag weg und werde erst spät
Weitere Kostenlose Bücher