Midnight Man (02) – Gefährliche Mission
»Seine Steuerabschreibungen.«
»Neeee. Das war bei dem von Dienstag, dem Rechnungsprüfer.« Er schauderte grazil. »Diesmal ist es schlimmer.«
»Genetisch veränderte Organismen?«
Todd lachte. »Nein, das wäre ja noch interessant gewesen. Einen Versuch hast du noch.«
»Die Politik der Republikaner.«
Er wackelte mit den Fingern. »Knapp vorbei ist auch daneben«, sagte er. »Das Wählerverhalten in Holland.«
»Wow.« Suzanne stellte sich vor, mit einem Mann essen zu gehen, der den ganzen Abend lang über seine herrschsüchtige Mutter und niederländische Politik schwadronierte. »Wirklich grässlich.«
»Der Abend war ungefähr so amüsant wie eine Magenspiegelung.« Er seufzte theatralisch. »Ich werde während der Fastenzeit wohl mal enthaltsam leben.«
Todd und enthaltsam leben. Suzanne lachte. »Die Fastenzeit beginnt erst in drei Monaten. Außerdem bist du gar nicht katholisch. Dann wirst du damit nicht punkten können. Aber vielleicht ist es gar keine schlechte Idee, dich mal eine Weile nicht mit Männern zu treffen. Gönn dir doch mal eine Verschnaufpause. Vielleicht für eine Woche?«
»Ja, vielleicht«, sagte er zweifelnd.
Suzanne schmunzelte verstohlen. Sie kannte ihn und seine romantische Ader. Er war dauernd auf der Suche nach dem Mann seines Lebens und absolut überzeugt, dass der im nächsten Nachtclub, Restaurant oder auf der nächsten Cocktailparty auf ihn wartete. Todd konnte diese Verabredungen so wenig sein lassen, wie er aufs Essen oder Atmen verzichten konnte.
»So«, sagte sie und stellte die Teetasse ab, nachdem sie einen Schluck getrunken hatte. Es war ein köstlicher Tee, eine besondere Mischung, die Todd aus England kommen ließ. Serviert in einer wunderschönen Tasse, Alt Luxemburg von Villeroy & Boch, auf einem wunderschönen silbernen Tablett von Christofle und auf einem ebenso wunderschönen Tisch, der aus einer Klostertür aus dem 16. Jahrhundert gemacht war. Mit Todd zu arbeiten war in jeder Hinsicht ein Vergnügen. »Sind wir so weit, uns heute Nachmittag dem Drachen entgegenzustellen? Ich mache dir einen Vorschlag. Du bringst den Stuhl und ich bringe die Peitsche mit.«
»Tut mir leid, Schätzchen.« Todd seufzte. »Ich fürchte, du wirst dich allein in die Höhle des Löwen wagen müssen. Mein Steuerberater sagt, dass er mich persönlich beim Finanzamt anzeigt, wenn ich heute nicht in seinem Büro aufkreuze. Marissa Carson gehört ganz dir. Du kannst das Verdienst einstreichen, sie überzeugt zu haben, dass ihr Bad mit viel Rot aussehen würde wie ein inneres Organ und dass die achtzig Meter blaue Schantungseide, die sie aus Peking hat kommen lassen, jetzt nicht gelb gefärbt werden können.«
»Und dass man keine tragende Wand einreißen sollte, nur weil sie den Hund stört. Wie heißen diese Hunde noch gleich, die nur aus Haaren bestehen und in einem fort kläffen? Lapsang Souchong?«
»Lhasa Apso.«
»Genau.« Suzanne verzog das Gesicht, als sie daran dachte, wie sie das Mrs Carson versucht hatte auszureden. »Und dass man in einem Schlafzimmer, das nach Osten geht, beim Aufstehen keine Sonne haben kann, wenn man sich erst am Nachmittag aus dem Bett bequemt.« Marissa Carson war unmöglich. Suzanne sah Todd böse an. Er wollte sie tatsächlich mit einer Frau allein lassen, bei der nicht mal mit Prozac Zufriedenheit zu erzeugen war. »Vielen Dank, dass du mich im Stich lässt. Wer weiß, welche irren Ideen sie diesmal wieder ausgebrütet hat?«
»Sie ist gerade aus New York zurückgekommen«, sagte Todd nachdenklich. »Und schwärmt von der Aida-Aufführung an der Met. Ich schaudere schon bei dem Gedanken. Wahrscheinlich steht sie jetzt auf –«
»Elefanten«, sagten sie beide gleichzeitig, und Suzanne lachte.
Sie trank ihren Tee und betrachtete Todd. Zum ersten Mal in den vergangenen vierundzwanzig Stunden kam sie zur Ruhe. Er war wirklich eine Augenweide, nicht viel größer als sie, gut gebaut, vornehme Gesichtszüge, lange, seidige blonde Haare und dunkelgrüne Augen. Er sah derartig gut aus, dass ihn manche Leute unterschätzten.
Sie lächelte ihn an, und er erwiderte es.
Todd war ein prima Kerl. Sie kamen wirklich gut miteinander aus, und das vom ersten Moment an. Sie harmonierten so gut, dass Todd ihre Sätze zu Ende sprechen konnte. Und sie brauchte nur vage anzudeuten, wie sie sich eine Einrichtung vorstellte, damit er sie detailliert vor sich sah. Er hatte einen feinen Sinn für Ironie, was ihrem Hang zur Ernsthaftigkeit entgegenwirkte, und
Weitere Kostenlose Bücher