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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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beide pfeifen dann auf den Altersunterschied
     und können nochmal richtig von vorn beginnen und alle Fehler vermeiden, die wir gemacht haben, und dann ist unser ganzes Leben
     so schön wie damals, als wir geheiratet haben, und dafür lohnt es sich doch, so lange auf mich zu warten und   … und   … und   … und   … und während ich das so belle, merke ich, dass das keine gute Alternative für dich ist. Du kannst nicht zwanzig Jahre auf
     mich warten.»
    Alex blickte mich irritiert an.
    «Und auch keine realistische», winselte ich traurig hinterher.
    Ich blickte in Alex’ trauriges Gesicht. Und mir war klar, dass ich nicht das Recht hatte, sein Leben zu torpedieren.
    Und ich wusste jetzt auch, was die Lektion war, von der Buddha gesagt hatte, ich müsse sie noch lernen.
    Sie lautete: Man muss als Tote auch loslassen können.
     
    Und so führte ich Alex zu den Ringen.

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    |187| 41.   KAPITEL
    Diesmal lief die Hochzeitszeremonie ohne große Hindernisse ab. Casanova hatte getobt, dass ich Alex die Ringe wiedergegeben
     hatte, und wollte nun alleine die Hochzeit verhindern. Doch er tat es nicht, nicht zuletzt, weil ich ihm einige von Marthas
     Pillen in sein Futter mischte. 19
    Alex nahm mich gegen den Protest von Nina mit zu der Hochzeit. Natürlich glaubte er nicht wirklich daran, dass ich seine wiedergeborene
     Frau Kim war, aber er war der Ansicht, dass ich nun zur Familie dazugehörte.
    So sah ich, wie Alex und Nina an den Altar traten. Sie war eine wunderschöne Braut in ihrem wieder hergerichteten Kleid.
    Ich hörte, wie der Pastor den beiden erneut die «Willst du»-Frage stellte.
    Erst antwortete Alex: «Ja, ich will!»
    Dann hauchte Nina: «Ja, ich will   … von ganzem Herzen.»
    Sie sah ihn total verliebt an.
    In diesem Augenblick wurde mir klar: Nina würde ihre Chance nutzen und ein glückliches Familienleben leben.
    Eine Chance, die ich als Mensch auch mal hatte.
    Die ich aber nicht genutzt hatte.
    Ich hatte mein Menschenleben verschwendet.
    Und bei dieser Erkenntnis machte es «krrk».
     
    Na ja, es machte nicht wirklich «krrk» – aber wie soll man das Geräusch beschreiben, das ein Herz macht, wenn es bricht?
    |188| Vielleicht am besten so: Es ist das furchtbarste Geräusch, das es gibt.
    Und mit Abstand der brutalste Schmerz.
    Ein tödlicher Schmerz.
     
    19
    Aus Casanovas Erinnerungen: Ich habe nach einem Mahl noch nie so viele bunte Farben gesehen.

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    42.   KAPITEL
    Ich dachte immer, «am gebrochenen Herzen sterben» wäre ein Mythos so wie «die einzig wahre Liebe». Aber ich brach tatsächlich
     vor dem Altar zusammen. Und da man für einen Hund nur höchst selten einen Notarztwagen mit Defibrillator anfordert, verstarb
     ich noch in der Kirche. Damit gab ich der Trauung für ein paar Minuten eine – wie ich fand, auch irgendwie passende – tragische
     Note.
     
    Wieder zog mein Leben an mir vorbei, aber ich versuchte nicht zuzuschauen, denn nochmal zu sehen, wie Alex und Nina heirateten,
     war mehr, als ich ertragen konnte. Allerdings ist es unglaublich schwierig, ein inneres Auge zu schließen. Um genau zu sein:
     Es ist völlig unmöglich. Und so durchlitt ich diesen furchtbaren Moment noch einmal, inklusive Herzschmerzinfarkt.
     
    Und dann sah ich das Licht.
    Es wurde immer heller.
    Es war wunderschön.
    Ich hoffte, dass ich von ihm diesmal endgültig aufgenommen würde   …
     
    Natürlich wurde ich es nicht.
     
    |189| Ich wachte stattdessen in einem strahlend weißen Raum auf. Oder war es eine weiße Landschaft? Ich konnte absolut nicht erkennen,
     wo die Wände sein sollten, oder die Decke.
    Und diese Landschaft, dieser Raum, dieser Planet – oder was das auch immer sein sollte – war komplett leer. Nichts, aber auch
     rein gar nichts war zu sehen, außer dem leuchtenden, die Seele wärmenden Weiß.
    Ich war ganz alleine.
    Und dann stellte ich etwas Unglaubliches fest: Ich lag nackt da   … in meinem Menschenkörper.
    Er fühlte sich nach all der Zeit ungewohnt an.
    So   … so   … limitiert.
    Meine Beine waren nicht so flink wie die eines Meerschweinchens, mein Gehör nicht so gut wie das eines Hundes, meine Arme
     nicht so kräftig wie die der Ameise.
    Ich rief: «Hallo?»
    Keine Antwort.
    «Hallo?!?»
    Wieder keine Antwort.
    «Ist das hier das Nirwana?»
    Dabei dachte ich mir: Und wenn es das ist, ist es ganz schön unterwältigend.
    «Nein, das hier ist nicht das Nirwana», sagte eine mir allzu bekannte wohlige Stimme. Ich

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