Mieses Karma

Alex und Nina, die Liebe zu Lilly   …
     
    Lilly! Warum hatte Buddha so geblockt, als ich ihn gefragt hatte, ob sie glücklich bei Nina sein würde? Irgendetwas stimmte
     da nicht!
    Ich konnte nicht ins Nirwana gehen, ohne von Buddha die Gewissheit zu bekommen, dass Lilly glücklich sein wird! Ich war ihre
     Mutter und durfte sie nicht alleinlassen, wenn sie unglücklich sein würde. Um keinen Preis der Welt, selbst wenn es sich bei
     diesem Preis um ewiges Glück handelte!
    Und so kämpfte ich mit aller Macht gegen das Nirwana an.
     
    Aber das olle Nirwana kämpfte zurück.
    Und zwar indem es immer sanfter wurde.
    Immer liebevoller.
    Es wollte mich einfach nicht mehr loslassen. Ich hatte die Aufnahmekriterien erfüllt und sollte den Club nicht mehr verlassen.
    Ich hatte noch nie etwas erlebt, was so überzeugend mit den Waffen Sanftheit und Liebe kämpfen konnte wie das Nirwana.
    Ich aber konzentrierte mich auf Lilly: auf ihre traurigen Augen, ihre weiche Kinderhaut, ihre süße Stimme   …
    Das Nirwana hatte nicht den Hauch einer Chance gegen die Liebe zu meiner Tochter.
    Ich stieß das Nirwana ab, so wie es das so oft mit mir getan hatte.
    Jetzt wusste es mal, wie so etwas ist!
     
    |194| Als ich wieder aufwachte lag ich wieder in dem Vorhof des Nirwanas. Und bei mir stand ein schwer verwirrter Buddha: «Noch
     nie hat ein Mensch das Nirwana abgestoßen.»
    «Nirwana-Banana. Ich will meine Tochter nicht alleinlassen!»
    «Sie muss aber ihr Leben alleine leben.»
    «Nur wenn du versprichst, dass sie glücklich sein wird ohne mich.»
    «Das kann ich nicht versprechen», sagte Buddha.
    «Was wird mit ihr sein?», fragte ich alarmiert.
    «Lilly wird dich vermissen», gab er nach etwas Zögern zu.
    «Aber Nina verbringt mehr Zeit mit ihr, als ich es jemals getan habe.»
    «Das schon   … aber sie ist nicht die leibliche Mutter!»
     
    Wenn es überhaupt noch einen Zweifel gab, ob ich das Nirwana Nirwana sein lassen sollte, war er jetzt endgültig verflogen:
    «Dann muss ich zu ihr!»
    «Es ist Lillys Leben.»
    «Lass mich wieder als Hund auf die Erde», wütete ich.
    «Das geht nicht, dafür hast du zu viel Karma gesammelt.»
    «Wenn ich dir jetzt in die Hand beiße, verliere ich sicher wieder welches», erwiderte ich und versuchte Buddha zu beißen.
    Natürlich erwischte ich ihn nicht, denn weder er noch ich waren hier in diesem Nirwana-Vorhof von stofflicher Natur.
    «Mich wollte noch nie jemand beißen», sagte Buddha erstaunt.
    |195| «Das wundert mich», motzte ich.
    «Du willst wirklich nicht ins Nirwana», stellte er fest, und diese Tatsache verwirrte ihn ungemein.
    «Und du Schnellmerker solltest dir mal überlegen, ob du selbst gutes Karma sammelst, wenn du jemanden gegen seinen Willen
     da reinschickst.»
    Mit diesem Argument schien ich einen Nerv getroffen zu haben.
    Buddha atmete tief durch. Als er damit fertig war, sagte er: «In Ordnung.»
    «In Ordnung?»
    «In Ordnung.»
    «‹In Ordnung› klingt gut», fand ich und fügte nach kurzem Nachdenken hinzu: «Und was bedeutet es genau? Komm ich wieder als
     Hund auf die Welt?»
    «Nein.»
    «Als Meerschweinchen?»
    «Nein.»
    «O nein, bitte nicht wieder als Ameise.»
    «Du kommst als Mensch auf die Welt.»
    «Ich   … ich   … werde als ich selbst wiedergeboren?»
    Ich konnte es gar nicht glauben. Es war zu wunderbar, um wahr zu sein. Und wie es so ist mit Dingen, die zu wunderbar sind,
     um wahr zu sein, sie sind zu wunderbar, um wahr zu sein.
    «Nein, Kim Lange ist tot», erklärte Buddha, «und sie kann nicht einfach wiederauferstehen.»
    «Warum nicht?»
    «Zum einen würde so eine Wiedergeburt alle Menschen schocken, die dich kennen.»
    «Und zum anderen?»
    «Zum anderen verwest dein Körper schon längst. Er ist |196| schon halb verfault, die Maden fressen sich gerade durch die Augenhöhl   …»
    «Das reicht», sagte ich. «Das ist mir eindeutig zu plastisch!»
    «Deine Seele wird in dem Körper einer Frau wiedergeboren, die in diesem Moment stirbt», verkündete er. «So eine Chance gewähre
     ich dir nur ein einziges Mal.»
    Und das war das Letzte, was ich von ihm hörte, bevor ich mich erneut in Luft auflöste.

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    43.   KAPITEL
    Als ich wieder aufwachte, lag ich auf einem weichen Teppichboden und blickte an eine rosa tapezierte Decke. Ich spürte auf
     meinen Lippen Pizza-Geschmack (Hawaii) und versuchte mich aufzurichten. Das fiel mir nicht gerade leicht, hatte ich doch das
     gefühlte Gewicht eines Walrosses.
    Ich