Mika, Bascha
Ausweg. Wenn sie
beruflich nicht weiter wissen oder nicht weiter wollen und der überschaubare
Bereich zu Haus lockt und angenehm scheint. Irgendwann später, wenn sie mal
wieder Lust haben, wird sich doch eine vernünftige Arbeit finden, oder? Dieser
Hoffnung sitzen immer noch viele auf.
»Also, mir
wäre so etwas nicht passiert. Dazu hab ich meine Mutter zu deutlich vor Augen«,
erzählt Jutta Allmendinger, Soziologin, Sozialpsychologin und Präsidentin des
Wissenschaftszentrums Berlin. »Meine Mutter hatte ihr Studium abgebrochen,
als sie heiratete und die Kinder kamen. Dann starb mein Vater an einem
Herzinfarkt, sehr jung, mit siebenundvierzig Jahren. Niemand war darauf
vorbereitet. Meine Mutter hat dann ihr Volkswirtschaftsstudium wieder aufgenommen
und abgeschlossen, trotz der drei Kiddis. Aber ich hab ja mitbekommen, was das
für sie bedeutete, es war wirklich hart.« Wie soll man sicher sein, fragt Jutta
Allmendinger, dass der Mann nicht stirbt oder abhanden kommt? Schon deshalb
müsse man sich immer wieder sagen: »Hab acht! Du musst auf dich selbst
aufpassen!« 10
Zwei
Drittel der deutschen Mütter wollen nicht mehr beruflich zurückstecken,
verkündet das Bundesfamilienministerium stolz. 11 Schön zu hören.
Noch schöner wär's, wenn dieses Wollen sich auch in der Praxis zeigen würde.
Denn Millionen von Müttern setzen, sobald das erste Kind da ist, lange mit
ihrem Job aus. Und geben ihn damit nur allzu oft schleichend auf.
Dabei geht
es ja nicht nur um das erste Jahr nach der Geburt eines Kindes. Wenn es dabei
bliebe, wenn dann die Väter dran wären mit der Betreuung und sich das Paar die
Aufgabe teilte - die Frauen stünden viel besser da. Aber was mit dem ersten
Kind beginnt, setzt sich meist über viele Jahre fort. Und nach der
Vollzeit-Komfortzone geht's für die Frauen ab auf die Teilzeitstelle. Da kann
man sich auf eine überschaubare Stundenzahl beschränken. Das heißt zwar, sich
von Ambitionen zu verabschieden, vom eigenen Auskommen und von einer Rente, die
den Namen verdient. Aber dafür haben wir mehr Zeit, es uns gemütlich zu machen,
wo kein Chef drängelt und kein Kollege nervt. Wir sind unsere eigene Frau — na
ja, in unseren vier Wänden.
»Für den
Rückzug wird sich immer eine Begründung finden«, weiß Marion Knaths aus ihrer
Coaching-Praxis. »Wenn ich beruflich nicht durchkomme und meine Unterlegenheit
spüre, kann ich es überdecken, indem ich einfach meine Position überhöhe. Nach
dem Motto: Was die da machen, ist mir einfach zu doof. Das hab ich doch gar
nicht nötig. Darauf lass ich mich doch gar nicht erst ein.« 12
Die Zahl
der Mütter mit einem reduzierten Job ist enorm gestiegen: In den vergangenen
zehn Jahren um weit über dreißig Prozent. Fast drei Viertel der erwerbstätigen
Mütter mit Kindern unter achtzehn Jahren arbeiten Teilzeit. Umgekehrt sind es
bei den Vätern mal gerade fünf Prozent. 13 Inzwischen gibt es zwar
insgesamt mehr Frauen in Deutschland, die einer bezahlten Beschäftigung
nachgehen. Aber die Menge an Arbeit, die sie leisten, hat kontinuierlich
abgenommen. Was schlicht daran liegt, dass Frauen immer weniger Stunden in den
Beruf investieren. 14
Vor allem
in Westdeutschland nehmen Frauen den Beruf nicht sonderlich wichtig. Nur knapp
zwei Drittel sind überhaupt erwerbstätig. 15 Das Wohl der Familie
ist ein regelrechtes Totschlagargument, dem sie alles unterordnen, mit dem sie
alles rechtfertigen. In den Neuen Bundesländern sind Frauen stärker auf den
Beruf orientiert. »Die Frau im Osten ist immer arbeiten gegangen«, heißt es
dort, »wir haben es nicht anders gelernt.« 16
Immer sind
es angeblich individuelle Gründe, warum Frauen ihre Zukunft aufs Spiel setzen.
Doch diese Gründe sind nur gefühlt individuell — das Muster, das hinter dem
einzelnen Vorgehen steht, zeichnet sich deutlich ab. Es ist ein kollektives
deutsches Muster, denn Frauen in anderen europäischen Ländern entscheiden sich
en gros anders. Es ist eben nicht nur der Wunsch nach einem Kind und seiner
bestmöglichen Erziehung, der Mütter in die Komfortzone drängt.
Aus
soziologischer Sicht beobachtet Klaus Hurrelmann, dass Frauen die Vor- und
Nachteile des alten Rollenmodells abwägen und prüfen.
»Es ist
eine Kosten-Nutzen-Kalkulation. Einerseits finanziell: Lohnt sich mein Job,
wenn mein Mann besser verdient als ich? Aber auch sozial und kulturell: Wie
werde ich wahrgenommen - in meinem Umfeld, aber auch in meiner Beziehung?
Vielleicht besteht der Mann auf
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