Milano Criminale: Roman (German Edition)
meinem Anteil in der Tasche brauche ich einen Monat lang keine Schwänze mehr zu lutschen!«
Die Blonde stößt einen Freudenschrei aus und drückt der Fahrerin einen Kuss auf den Hals.
Angie möchte mehr davon, möchte ihre Lippen schmecken.
Stattdessen fragt sie: »Und was hast du mit deinem Teil vor?«
»Investieren natürlich. Eine Waffe kaufen. Ab jetzt sind Überfälle unser Geschäft, meine Süße, da brauchen wir eine angemessene Waffe, meinst du nicht?«
Angie gibt wieder Gas, so dass ihre Freundin sich fest an sie pressen muss, um nicht hinunterzufallen.
3
Die P 38 drückt sich eisig an seinen Rücken. Vandelli hat das Gefühl, eine Klinge würde sich in sein Fleisch bohren, während er schnell auf die Bank zugeht. Erst einen Meter vor dem Schalter wird er sie hervorziehen, um sie dem Bankangestellten direkt in den Mund zu schieben.
Sein erster Raubüberfall, Feuertaufe. Schluss mit dem unergiebigen Fitzelkram. Für ihn ist der Moment gekommen, den Sprung in die echte Verbrecherwelt zu wagen. Und zwar als Boss.
Heute sind sie zu viert. Er, Vito Esposito und zwei Jungs aus der Comasina, mit denen er in der Vergangenheit schon ein paar Dinger gedreht hat. Sie heißen Romolino und Pietra und sind Violonisten, also Leute, die Lieferwagen voll mit Kleidern oder anderem Kram klauen, um sie dann weiterzuverkaufen. Esposito hingegen ist Vandellis einziger richtiger Freund. Sie sind gleich alt, beide im Giambellino aufgewachsen, aber ansonsten völlig unterschiedlich. Der eine gutaussehend und intelligent, der andere weniger gefällig und alles andere als aufgeweckt. Untersetzt, kräftig, grobschlächtig und stiernackig. Ein Äußeres, das zusammen mit dem zur Übertreibung neigenden Charakter ganz großartig funktioniert, wenn es darum geht, Opfer einzuschüchtern und ruhig zu halten.
Die Schießeisen haben sie sich bei Prestiné zu einem anständigen Preis besorgt, einen Berg Munition inklusive. Zum Training zogen sie sich für ein paar Tage in ein altes Gehöft zurück. Zu viert wären sie am Wasserflughafen zu sehr aufgefallen.
»Wenn du so ein Ding drehst«, erklärt Vandelli den anderen, »musst du immer mit der Möglichkeit rechnen zu schießen, sonst kannst du gleich zu Hause bleiben.«
Zurück in Mailand, besorgt Romolino ihnen einen Wagen. Einen weißen Fiat 1100, der vor dem Niguarda parkt. Ein Kinderspiel, der Dietrich zum Knacken, dann die Kontakte verbinden: Da wo er herkommt, gibt es keinen Jungen über zehn, der nicht wüsste, wie das geht.
Vandelli aber will mehr: Er möchte die Nummernschilder austauschen, die aus zwei verschiedenen Kennzeichen zusammengesetzt werden sollen, damit die Bullen im Falle einer Kontrolle keinerlei Anhaltspunkte bekommen. Um diese Aufgabe kümmert sich Esposito.
»Wir müssen an alles denken«, wiederholt er. »Wer von Überfällen leben will, muss sie sich zum Lebensstil machen.«
Die anderen stehen voll hinter ihm. Roberto Vandelli ist zwar noch minderjährig, hat sich aber in den entsprechenden Kreisen den Ruf eines knallharten Typen erarbeitet. In der Unterwelt hat es sich schnell herumgesprochen, dass er ein Ausbrecher ist, und auch seine Heldentaten im Becca sind bekannt. Er wird respektiert und gefürchtet.
Er plant den Raubzug bis ins kleinste Detail und wählt für die Feuertaufe eine Filiale ohne Wachdienst.
»Am besten vermeidet man von Anfang an alle Komplikationen«, erklärt er.
Der Himmel über Mailand ist ungewöhnlich klar an diesem Morgen Ende Juni, als Vandelli, Romolino und Esposito mit Sturmhauben zu ihrem Überfall starten und Pietra mit laufendem Motor draußen auf sie wartet.
Drinnen hält Vandelli die Fäden in der Hand: Mit lauter Stimme verkündet er, dass dies ein Überfall ist und alle sich auf den Boden legen sollen. Wer zögert, den bringen die zwei anderen Gangster mit Tritten und Schlägen dazu, den Anweisungen zu folgen. Ihr Boss springt derweil über den Schalter, presst dem Kassierer die Knarre an die Gurgel und lässt sich das Geld aushändigen.
Alles läuft glatt bis zum Moment der Flucht: Die drei Verbrecher springen mit der Beute ins Auto, und Pietra rast mit quietschenden Reifen davon – direkt über eine rote Ampel. Ein Verkehrspolizist, der zufällig in der Nähe ist, pfeift wie wild hinter ihnen her und schwenkt die Kelle, damit sie anhalten. Der Fiat 1100 hingegen gibt noch mehr Gas, und dem Vigile bleibt nichts anderes übrig, als sich das Kennzeichen aufzuschreiben. Mit dem er logischerweise nichts wird
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