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Milano Criminale: Roman (German Edition)

Milano Criminale: Roman (German Edition)

Titel: Milano Criminale: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Roversi
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auf.
    »Scheiße!«, schreit Dante. »Die Bullen sind da!«
    Auf dem Schalter hält Cavalieri dem Kassierer die Knarre an den Hals.
    »Hast du sie gerufen?«
    Die Sekunden verstreichen, der Mann wird zusehends bleicher.
    »Weg hier«, meint Voletto und schüttelt den Sack voll mit Geld. »Die Enteignung ist beendet, das hier sind bestimmt zehn Millionen.«
    Der Bandenboss blickt dem Kassierer in die Augen, der kurz vor einer Ohnmacht steht. Am Ende beschließt er, ihn zu verschonen, und springt in Richtung Ausgang davon. Während er in den Wagen steigt, nähert sich von hinten in rasender Fahrt ein Polizeiauto. Der Bandit beugt sich aus dem Fenster und gibt eine Salve auf den Streifenwagen ab. Er schießt und lacht, lacht und schießt. Als wäre er verrückt geworden. Der dunkelblaue Fiat 1100 braust reifenquietschend davon, während die Kugeln durch die Luft sirren.
    Santi sitzt am Steuer des Zagato. Sie sind die Ersten, die die Verfolgung aufnehmen. Auf dem Beifahrersitz streckt Nicolosi den Arm aus dem Fenster und zielt mit der Beretta auf die Reifen des Fluchtautos; auf der Rückbank die beiden anderen Beamten der Sondereinheit: Nicolò Martinez, achtzehn Jahre alt, eine nagende Angst im Herzen, außerdem Agente scelto Patrizio Rami, der schon genug Staub gefressen hat, um zu ahnen, dass die Sache nicht gut ausgehen wird.
    Binnen Sekunden ist die ganze Straße ein Lichtermeer aus Blaulicht: Dutzende Polizeiwagen aus allen Ecken Mailands strömen zusammen. Das Kreischen der Sirenen ist ohrenbetäubend. Die vier Verbrecher ballern auf alles und jeden, gnadenlos. Die Zeugen werden am nächsten Tag berichten, ihr Gelächter gehört zu haben, während die Salven über die Mauern der Stadt pflügten und die Geschosse sich in den Putz der Häuser bohrten.
    Selbstsicher, draufgängerisch und ohne jeden Skrupel: Die Cavalieri-Bande macht keine halben Sachen, um ihre Haut zu retten, sie schießen sich ihren Weg durch die Polizeistreifen frei. Eine wilde Fahrt: Via Pallavicino, Pier Capponi, Piazza Piemonte und Bande Nere. Antonio holt das Letzte aus dem Zagato heraus, dessen Motor unter seinen Füßen dröhnt. Wie durch Magie weichen die Wagen vor ihm aus, Projektile zischen durch die Luft, Adrenalin pur.
    »Bleib dran, Santi, Scheiße, bleib dran!«
    Nicolosi schwitzt, dreht sich wieder herein, lässt das leere Magazin in den Fußraum fallen und nimmt den 1100 sofort erneut unter Beschuss.
    Im Affenzahn biegen sie in den Viale Pisa ein, als wären sie auf der Rennstrecke von Monza. Eine von Cavalieris Salven trifft einen Gemüselaster. Der Fahrer sackt hinter dem Steuer zusammen. Blut spritzt auf Windschutzscheibe und Sitze. Blut, das bis auf den Asphalt tropft. Der erste Tote des Tages.
    An der nächsten Kreuzung wird die Straße plötzlich von zwei querstehenden Streifenwagen versperrt. Der 1100 muss bei voller Fahrt wenden und vollführt ein gewagtes Manöver über die Gegenfahrbahn. Eine Kugel gräbt sich in die Stirn eines Passanten. Auch für ihn endet das Abenteuer hier.
    »Ihr seid wahnsinnig! Wahnsinnige Mörder!«, schreit der Commissario.
    Ein wahrhaft verfluchter Nachmittag, seit fünfunddreißig Minuten währt die Schlacht, die irre Verfolgungsjagd. Sie führt über den Viale Serra, den Viale Certosa, die Piazza Firenze. Der Zagato stets wenige Meter hinter den Banditen. Zu nah.
    Eine Kugel durchschlägt die Windschutzscheibe des Autos und trifft Antonio in die rechte Schulter. Der schreit, flucht lauthals. Der Wagen vollführt einen Schlenker, bleibt aber in der Spur. So leicht gibt Santi nicht auf, das hat er von seinem Chef gelernt: Er beißt die Zähne zusammen und tritt das Gaspedal durch. Plötzlich wirft sich Nicolosi gegen ihn, drückt ihn nach unten und packt das Lenkrad. Im selben Moment zerschmettert eine weitere Kugel die Scheibe und gräbt sich in den Fahrersitz, genau in Höhe der Kopfstütze. Hätte der Commissario sich nicht nach links vor das Lenkrad geworfen, wäre Antonio dabei draufgegangen.
    Die zwei Beamten auf der Rückbank ducken sich angstvoll.
    Nur Nicolosi schießt weiter. Santi lenkt mit einer Hand, mit der anderen hält er seine Wunde. Die Kraft der Verzweiflung. Und der Wut.
    Der Motor des Zagato schnauft, dünner Rauch steigt aus der durchlöcherten Motorhaube auf. Auch an dem Fiat 1100 sieht man die Einschüsse von Nicolosis Kugeln. Antonio geht aufs Ganze. Mit Vollgas fährt er auf die Bösen zu wie ein Ritter aus alten Zeiten. In der Via Procaccini rammt er ihren Wagen, der

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