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Milas Lied

Milas Lied

Titel: Milas Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Keil
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Achim, und sah Achim unsicher an. Der würdigte Mila keines Blickes und verschwand ohne eine Antwort in der Küche.
    »Am Samstag ist Jamsession in der Katze «, sagte Mila. »Wenn du Lust hast.«
    Von der Katze hatte ich schon mal gehört.
    »Gute Stimmung, nette Leute«, fügte Mila hinzu. Ich starrte auf die Schwingtür zur Küche. »Also kommst du?«, hörte ich sie fragen.
    Als ich ihr antworten wollte, war sie schon an der Tür, den Gitarrenkoffer auf dem Rücken.
    Sie drehte sich kurz um, zuckte mit den Schultern und verschwand.

Es gibt kein…
    Es gibt kein Zurück. Auch wenn es Mamotschka das Herz bricht. » Duscha moja, duscha moja «, wird sie sagen und sich die Seele aus dem Leib weinen, wie immer, wenn sie eine ihrer Töchter verliert. Und jetzt auch noch ihre jüngste!
    Meine Seele ist schon fort. Jedenfalls kann ich sie nirgends finden. Nicht in meinem Gesicht, nicht in meiner Stimme und nicht in den Fingerspitzen, die die Saiten berühren. Ich bin so unlebendig wie der Holzkörper meiner Gitarre. Genauso tot und zerkratzt von Momenten des Glücks.
    Serjoscha, kleine Sonne, warum hast du mir das angetan?

Nach dem obligatorischen…
    Nach dem obligatorischen Samstagstelefonat mit meiner Mutter brauchte ich dringend eine Stärkung. Nichts ahnend suchte ich im Kühlschrank nach etwas Essbarem zum Abendbrot, da sah ich das Stück Käse. Es war bereits von einem silbergrauen Heiligenschein umgeben und lag in meinem Fach. Mit spitzen Fingern fischte ich es aus dem Kühlschrank und hielt es Theo, der am Küchentisch saß, unter die Nase. Theo ließ sich nicht beirren und biss genüsslich in sein Leberwurstbrot.
    »Was macht dein Ekelkäse zwischen meinem Salat?«
    »Hast du nichts Besseres zu tun?«, fragte er kauend und warf einen flüchtigen Blick auf den gammligen Käse in meiner Hand.
    »Du anscheinend schon«, erwiderte ich und schleuderte den Käse auf seinen Teller.
    »Sag mal, hast du deine Tage oder so?« Theo schob den Käse an den Tellerrand und widmete sich wieder seinem Leberwurstbrot.
    »Ich verstehe nur nicht, warum es so ein Riesenproblem für dich ist, mit mir in die Katze zu gehen. Alleine will ich nicht dahin.«
    »Und ich verstehe nicht, warum du mir wegen dieser Nina so auf die Nerven gehst.«
    »Mila.«
    »Mila, Nina, Ina, ist doch egal. Was schert dich irgend so eine trällernde Hippiebraut?« Theo schnappte sich den Käse, stand auf und ging zum Mülleimer. Er ließ den Deckel aufspringen. »Der Mülleimer ist voll.«
    Ich stapfte wortlos aus der Küche und ging in mein Zimmer. Es verschlug mir den Atem, so kalt war es da drin.
    »Scheißofen«, beschimpfte ich den Ofen.
    Ich zerrte die bunt geflickte Tagesdecke von meinem Hochbett, ging zum Schreibtisch, zog die oberste Schublade auf und biss dem Schokoladenweihnachtsmann in den großen Zeh. Dann wickelte ich mich in die Decke und legte mich in meine Hängematte. Ich schaukelte ein bisschen hin und her und starrte aus dem Fenster. Am liebsten hätte ich auf der Stelle Hannah angerufen, aber die Chancen standen schlecht, dass sie an einem Samstagabend an ihr Handy ging. Vermutlich hätte sie es vor lauter Lärm sowieso nicht gehört. Überhaupt kam es mir plötzlich so vor, als hätte ich in den letzten Wochen öfter mit ihrer Mailbox geredet als mit ihr. Vielleicht wich sie mir aus. Vielleicht fand sie es ja insgeheim doch ein bisschen ungerecht, dass ich in Berlin war, während sie immer noch in unserem Kaff rumhing, wo sie wahrscheinlich gerade Mordsspaß ohne mich hatte. Hannah hatte echt keine Ahnung, wie kacke es hier sein konnte ohne beste Freundin.
    Nach einer Weile angelte ich nach der Zeitschrift, die unter mir auf dem Boden lag. Es musste doch möglich sein, heute Abend noch etwas zu unternehmen! Im Kino lief nur Schrott. Aber vielleicht spielte ja irgendwo eine nette Band?
    Mädchen, die allein losziehen, sind entweder verzweifelt oder hässlich oder beides, sagt Theo. Aber Theo sagt viel, wenn der Tag lang ist. An seine bescheuerten Regeln wollte ich mich jedenfalls nicht mehr halten. Doch in die Katze traute ich mich trotzdem nicht ohne ihn. Was, wenn Mila gar nicht da war?
    Im Hans im Glück spielte eine wenig vielversprechende Band namens »Exfreundin«, im Schlechten Versteck war Bad-Taste-Party, außerdem hätte ich zwischen zahlreichen Ü-30- und Ü-40-Partys wählen können.
    Ich schleuderte die Zeitschrift in die Ecke und schaute wieder aus dem Fenster. Im Haus gegenüber waren alle Fenster dunkel bis auf eines.

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