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Milchbart (German Edition)

Milchbart (German Edition)

Titel: Milchbart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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Espressomaschine. »Willst du noch einen Kaffee trinken?«
    Hans, der ihr gefolgt war, sah sie bittend an. »Ich dachte, wir könnten zusammen …«
    »Ein andermal«, unterbrach ihn Fanni. »Es ist ja schon fast halb, und um zwei beginnt in der Parkklinik das Nachmittagsprogramm: Wassergymnastik, Yoga, Feldenkrais …«
    An dem Fanni Rot nicht teilnehmen wird!
    Nein, dachte Fanni, weil ich nachdenken muss – dringend.
    Seit sie am frühen Morgen Frau Bogners Zimmer verlassen und den Riss im behördlichen Siegel mit Spucke zugeschmiert hatte, sodass er nicht gleich auf den ersten Blick zu sehen war; seit sie mit Rudolf Dorner (laut Alexander spielsüchtig) am Frühstückstisch gesessen und sich seinen Vortrag über Trabrennen angehört hatte; seit sie sich zurechtgemacht und auf Hans Rot gewartet hatte, war sie von dem Gedanken verfolgt worden, dass sie in Frau Bogners Behandlungsraum die Lösung des Falles direkt vor Augen gehabt hatte. Aber sie kam einfach nicht darauf, was sie – im Unterbewusstsein offenbar – zwar registriert, gleichzeitig jedoch abgetan haben könnte. Deshalb hatte sie beschlossen, sich so bald als möglich auf ihr Zimmer zu verziehen, um dort ungestört wieder und wieder all jene Eindrücke abspulen zu lassen, die sie am Morgen gewonnen hatte, und sie nach und nach mit den Informationen abzugleichen, die ihr bisher zugeflossen waren.
    Und wenn du damit fertig bist, wirst du immer noch keine Zeit für Feldenkrais und Co haben, stimmt’s?
    Das stimmt, dachte Fanni. Weil ich – egal, zu welchem Resultat ich komme – noch heute mit Sprudel sprechen muss.
    Hans Rot schaltete die Espressomaschine aus. Der Vorwurf in seinem Blick war schwerlich zu verkennen.
    Fanni griff nach ihrer Jacke, klemmte sie unter den Arm und verließ das Haus.
    Als sie gerade die Autotür öffnen wollte, sah sie einen Geländewagen von der Hauptstraße in den Erlenweiler Ring einbiegen.
    Besitzt nicht Jäger Böckl so ein Fahrzeug?
    Tatsächlich. Böckl hielt vor dem Rot’schen Grundstück an. »Frische Forellen gefällig? Vor zehn Minuten erst gefangen, abgemurkst und ausgenommen. Frischere kriegst du nirgends.«
    Hans Rot lief die Zufahrt hinunter.
    Böckl hatte das Seitenfenster geöffnet und reichte Hans eine pralle Plastiktüte, woraufhin sich zwischen den beiden eine lebhafte Unterhaltung entspann.
    Fanni konnte sich nicht recht dazu überwinden, ebenfalls an Böckls Wagen zu treten, obgleich die Höflichkeit es wohl erforderte. Noch unschlüssig ließ sie den Blick über die Strecke wandern, die sie bis zu dem Fahrzeug zurücklegen musste, als die Beifahrertür aufging und Böckls Sohn Jonas ausstieg.
    Er winkte und stakste auf Fanni zu. »Da sind Sie ja wieder. Erst hieß es, Sie seien fortgezogen, und neuerdings heißt es, Sie hätten vergessen, dass unser schönes Erlenweiler überhaupt existiert.«
    Fanni musste lachen. Sie fand die Art, wie Jonas Böckl mit der Sache umging, erfrischend und fühlte sich nicht im Mindesten gekränkt.
    »Aber an mich werden Sie sich doch erinnern?«, fuhr Jonas fort. »Ich habe sogar manchmal bei Bauer Klein Milch für Sie geholt.«
    »Und die Hälfte verschüttet«, erwiderte Fanni schmunzelnd, »weil du unterwegs Experimente mit der Zentrifugalkraft machen musstest. Wer könnte einen Spitzbuben wie dich schon vergessen?«
    Soweit Fanni mitbekommen hatte, war Jonas inzwischen verheiratet, hatte zwei Kinder und wohnte mit seiner Familie in Deggendorf. Und hatte Hans nicht auch erwähnt, dass er mittlerweile das Geschäft seines Vaters übernommen und vergrößert habe und außer Bedarf für Jäger und Forstarbeiter nun auch elektronische Spitzfindigkeiten wie Nachtsichtgeräte und dergleichen führte?
    »Ich hatte gar keine Ahnung, wie beliebt Sie in unserer kleinen Siedlung waren«, sagte Jonas gerade. »Jeder hier will Sie zurückhaben. Frau Praml, glaube ich, trägt sich sogar mit dem Gedanken, mit dem Frauenbund eine Pilgerfahrt nach Mariazell zu veranstalten, um für Ihre Rückkehr zu beten.«
    Fanni schlüpfte in ihre Jacke, weil es viel zu kalt war, um in einem dünnen Pullover herumzustehen. Als sie den Reißverschluss zuzog, spürte sie etwas Hartes in einer der Taschen. Sie tastete danach.
    Das ist der USB -Stick, den du vom Tatort geklaut und dessen Datei du auf deinem Laptop vergeblich zu öffnen versucht hast!
    Während sie die Finger um das kleine Gehäuse schloss, sagte sie zu Jonas: »Du hast dich kein bisschen gebessert. Kein Respekt, keine

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