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Milchbart (German Edition)

Milchbart (German Edition)

Titel: Milchbart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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erzählt, was geschehen ist, deshalb wollte ich nach Ihnen sehen.«
    Seibold nickte geradezu unwirsch. »Ich bin wieder völlig in Ordnung. Danke der Nachfrage.« Er machte Anstalten, die Tür zu schließen.
    Hastig sagte Fanni: »Ich würde Ihnen gern ein bisschen Gesellschaft leisten.«
    Sichtlich widerstrebend ließ Seibold sie eintreten, führte sie ins Wohnzimmer und dort an einen Esstisch mit vier Stühlen, der vor dem Fenster stand.
    Was für ein ordentlicher Mensch!
    Der gesamte Raum wirkte, als sei eben erst penibel aufgeräumt und sauber gemacht worden. Fanni wagte kaum, sich auf das akkurat ausgerichtete Stuhlkissen zu setzen.
    Seibold ließ sich ihr gegenüber nieder und sah sie verdrießlich an.
    »Sie müssen sich schrecklich fühlen«, sagte Fanni. Als keine Antwort kam, fuhr sie fort: »Der Professor wird sich dafür verantworten müssen, die Einkünfte der Klinik in derart krimineller Weise aufgebessert zu haben. Dass Ihre Frau ihn mit ihrem Wissen davon unter Druck gesetzt hat, gibt ihm ein starkes Motiv für den Mord.«
    Seibold, der zuvor den Kopf und die Schultern hatte hängen lassen, saß auf einmal kerzengerade da. »Wie kommen Sie dazu, den Professor zu beschuldigen?«
    »Wo war er denn zur Tatzeit?«, fragte Fanni dagegen.
    »In seinem Büro«, antwortete Seibold, ohne zu zögern. »Ich hatte ihn den ganzen Morgen im Blick.«
    »Ihn und Tillman, nehme ich an«, sagte Fanni deprimiert.
    »Wieso Tillman?«
    Er weiß nicht, dass der Junge da war! Er hat ihn weder kommen noch gehen sehen!
    Was bedeutet, dass Seibold sein Zimmer nicht nur kurzzeitig verlassen hat, dachte Fanni. Wann ist er gegangen? Wann kam er zurück?
    Während sie diese Überlegungen anstellte, hatte Seibold sie genau beobachtet. Nun verengten sich seine Augen, und er spannte die Muskeln an, als wollte er aufspringen.
    So verhält sich ein Tier, das gleich angreifen wird!
    Fanni öffnete den Mund, um etwas zu sagen, blieb jedoch stumm. Sie starrte Seibold fassungslos an.
    »Was denn?«, rief er. »Glauben Sie etwa, mir den Mord anhängen zu können? Sie haben nichts gegen mich in der Hand. Genauso wenig wie diese Aicha, die nicht aufgehört hat, mich mit allen möglichen Fragen irrezumachen.«
    »Es gibt mindestens drei Personen, die – wenn sie genau nachdenken – bezeugen können, wann Sie am Morgen des Mordes nicht in Ihrem Büro waren«, konterte Fanni. Alexanders, Tillmans und Hornschuhs Aussagen zusammengenommen, dürfte sich die Zeitspanne zwischen halb neun und halb elf ergeben – grob gerechnet. »Alexander hat Sie um neun nicht angetroffen. Tillman wird ein wenig früher gekommen sein und hat Sie sicherlich ebenso wenig an Ihrem Schreibtisch sitzen sehen – sonst wüssten Sie, dass er da war. Und als er ging, waren Sie immer noch nicht dort.«
    Ihr Blick wurde hart. » Sie waren es!« Ohne auf Seibolds Reaktion darauf zu achten, fuhr sie fort: »Sie haben sich – bevor Ihre Frau in der Klinik eintraf – mit einem Nachschlüssel Einlass in ihr Zimmer verschafft und haben dort hinter dem Wandschirm verborgen auf sie gewartet. Leider erschien Marita so knapp vor Alexander, dass Sie nichts mehr unternehmen konnten. Ihre Chance kam jedoch, als Alexanders Sitzung beendet war. Sie haben Marita erwürgt und sich dann wieder verborgen, bis Sie sich im Trubel nach dem Auffinden der Leiche gefahrlos zeigen oder schnell davonmachen konnten. Warum haben Sie das getan, Herr Seibold? Warum musste Ihre Frau sterben?«
    Seibold atmete tief ein und schien dabei zu wachsen. »Weil sie im Begriff war, alles zu zerstören. Das Leben des Professors, Tillmans Leben; unser aller Leben letztendlich.« Seine Stimme wurde bösartig. »Marita war zu einer Heimsuchung geworden. Man musste sie beseitigen. So, wie Sie eine Heimsuchung sind, die man schleunigst beseitigen muss.«
    Bei den letzten Worten war Seibold aufgesprungen und hatte Fannis Stuhl einen Tritt versetzt. Er kippte zur Seite, und in der nächsten Sekunde schlug Fanni am Boden auf. Bevor sie eine Bewegung machen konnte, kniete Seibold neben ihr und drehte ihr die Arme auf den Rücken. Sie spürte, wie ihre Handgelenke mit ihrem Schal, der lose um ihre Schultern gehangen hatte, zusammengebunden wurden. Sie begann zu strampeln und sich zu winden, was ihr einen Fausthieb an der linken Schläfe einbrachte.
    Eine Welle von Übelkeit ließ sie erschlaffen. Wie im Dämmer nahm sie wahr, dass Seibold sich erhob und das Zimmer verließ.
    Er ist weg! Mach, dass du auf die Beine

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