Milchfieber
natürlich auch kannte und die sie wohl beruhigen konnte. Nina schlief bis zum Frühstück und überraschte Allmers gut gelaunt mit ihrem Entschluss.
„Und heute?“, fragte sie, während sie das Geschirr in die Spülmaschine stellte.
„Ich bin nicht darauf eingestellt“, erwiderte Allmers genervt, „dir jeden Tag Programm zu bieten. Dafür habe ich zu viel zu tun.“
Nina war überrascht: „Mama sagt, du machst nur Milchkontrolle und hast sonst nix zu tun.“
„Und deshalb schickt sie dich zu mir, dass ich dir den Unterhaltungsonkel oder den Pausenclown mache?“, fragte Allmers wütend.
„Entschuldige“, erwiderte Nina kleinlaut. „Ich meinte ja nur.“
„Eigentlich wollte ich zu Klausi“, Allmers beruhigte die Situation, „und ihm ordentlich den Kopf waschen.“
„Das hat er bitter nötig“, lachte Nina, „so, wie der aussah.“
Humor hat meine Nichte, dachte Allmers, als er auf das Rad stieg, um zu Winklers zu fahren.
Klaus war alleine. Als er Allmers kommen sah, erwartete er ihn in der Haustür. Wenn Klaus Winkler ein schlechtes Gewissen hatte, oder auf frischer Tat ertappt wurde, winkelte er immer seine Arme an und knetete mit den Fäusten in seinen Seiten herum. Allmers bekam jedes Mal stellvertretend Schmerzen, so heftig schien Klaus sich zu bestrafen. Heute schien es mit Klaus’ Gewissen besonders schlimm zu stehen. Allmers kannte genau seine Schwächen und es dauerte nur ein paar Minuten, bis Klaus kleinlaut zugab, dass er hinter Nina hergefahren war und ihr Angst eingejagt hatte.
„Du lässt sie in Ruhe!“, befahl Allmers und Klaus nickte ergeben. „Und wenn sie mit drei Zentimeter Abstand an dir vorbeifährt: du regst dich nicht und fährst auch nicht hinter ihr her.“ Allmers sah Klaus durchdringend an. „Ist das klar?“
Klaus nickte wieder.
„Wo ist eigentlich Horst?“, fragte Allmers. „Ich kann bald wieder Kontrolle bei euch machen.“
„Weggefahren.“ Klaus konnte keine langen Sätze bilden.
„Und Lissy? Ist Lissy da?“
„Auch weggefahren. Schon vorher, ich glaube mit Alex.“
„Wann kommen sie wieder?“
„Weiß nicht.“
Kapitel 11
Das Feuer sah man kilometerweit. Die Feuerwehren aus Stade und Harsefeld kamen innerhalb einer halben Stunde. Die Stelle, wo es lichterloh brannte, war schwer zu erreichen. Mitten in einem Feld mit fast reifer Gerste stand ein Geländewagen, das Innere des Autos glühte und die Flammen schlugen meterhoch. Entsetzen ergriff die Feuerwehrleute, die den Wagen nur kontrolliert abbrennen lassen konnten, als die Flammen langsam kleiner wurden. Auf dem Dach des Autos lag eine Männerleiche nackt auf dem Bauch, die Arme und Beine waren mit Ketten an die Türholme gekettet und der Rücken war übersät mit Schnitten. Die Männer alarmierten die Polizei.
„Was wollen Sie denn spielen?“, fragte der Staatsanwalt spöttisch, als er die Feuerwehrleute sah, die mit ihren Feuerpatschen, die sie in den Händen hielten um ein Übergreifen der Flammen auf das Getreide zu verhindern, tatenlos und sprachlos herumstanden.
„Das sind Feuerpatschen“, erläuterte eine Polizistin, aber Staatsanwalt Werner Allmers begriff immer noch nicht, dass die Feuerwehrleute keine Witze hören wollten, „damit schlägt man Flammen tot.“
„Na, dann passt das ja“, Werner Allmers schien nicht im Geringsten von dem grausigen Anblick berührt zu sein. „Der ist sicher totgeschlagen worden. Sieht aus wie ein Spanferkel.“
Er wandte sich an die Kriminalpolizisten, die mit großem Aufwand aus Stade gekommen waren: „Ich will so schnell wie möglich die Ergebnisse der Spurensicherung. War das hier der Tatort, woran ist der Mann gestorben, war er bekleidet und wer war er überhaupt?“
Der zuständige Hauptkommissar nickte abwesend, er kannte Werner Allmers Art und hatte sich angewöhnt, so zu arbeiten, wie er es für richtig hielt und nicht, wie dieser Staatsanwalt es ihm vorschrieb.
„Haben Sie mir überhaupt zugehört?“
Der Hauptkommissar nickte: „Die Ermittlungen wird Frau Schreiber leiten, sie wird sich mit ihnen in Verbindung setzen.“
„Wer ist bitte Frau Schreiber?“, fragte Staatsanwalt Allmers erbost.
„Sie ist neu bei uns, Kriminalkommissarin zur Anstellung, wie es so schön heißt.“
„Dann soll sie sich mal nicht so anstellen“, meinte der Staatsanwalt. Er stieg wieder in sein Auto und merkte nicht, dass er der Einzige war, der über den mäßig lustigen Witz lachte.
Die Ergebnisse der Spurensicherung und der
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