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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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relativ bald tauchten junge, hübsche Mädchen auf den Fotos auf. Allerdings war sich Kluftinger nicht sicher, ob sie sich alle wirklich zu dem durchschnittlich attraktiven jungen Mann oder zu seinem Sportwagen hingezogen fühlten.
    Das Album endete mit Fotos, auf denen sich Wachter vor der Freiheitsstatue und in wilden Canyons tummelte, auf anderen war er vor dem Eiffelturm und einem Palast zu sehen, von dem Kluftinger annahm, dass es der der englischen Königin war. Offenbar hatte Wachter nach seiner Bundeswehrzeit einige ausgiebige Auslandsreisen unternommen.
    Die folgenden dreizehn Jahre fehlten. Kluftinger versuchte sich vorzustellen, was die Fotos wohl zeigen mochten. Wachters Studium fiel in diese Zeit. Er rechnete nach: Die Töchter waren 30 und 26 Jahre alt, mussten also in dieser Zeit geboren worden sein. Sicher waren auch eine Menge Kinderfotos im verschollenen Album. Was noch? Die ersten beruflichen Erfolge? Weitere Frauen? Der Kommissar konnte es nicht sagen. Alles was er wusste war, dass der Schlüssel zu dem Mordfall offenbar in der Vergangenheit lag.
    Das nächste Album: 1987 bis 1995. Jetzt tauchten die ersten bekannten Gesichter auf. Ein Foto zeigte Schönmanger und Wachter vor dem Milchwerk, das damals nur aus einer großen Halle bestand. Kluftinger erinnerte sich noch gut an den Anbau, der damals im Dorf sehr umstritten gewesen war. »Das um’drehte Rieseneuter« hatten manche das neue Gebäude genannt, weil mehrere Schornsteine vom Dach in die Höhe ragten. Aber auf dem Foto, das, so schätzte Kluftinger, Ende der achtziger Jahre, Anfang der Neunziger aufgenommen worden war, war noch nichts von dem Neubau zu sehen.
    Wieder tauchten einige Frauen auf, allesamt sehr hübsch und durchschnittlich 20 Jahre jünger als Wachter. Das Album würde bei den weiteren Ermittlungen sicher noch gute Dienste tun, dachte sich der Kommissar. Die nächsten beiden Alben, von denen das letzte »1996 bis« überschrieben war, setzte die Fotoreihe wie erwartet fort.
    Das einzige Kapitel, das etwas aus dem Rahmen fiel, zeigte Wachter mit seiner jüngeren Tochter und einem Baby; die Aufnahmen waren offensichtlich in Italien entstanden. Von seiner älteren Tochter hatte er praktisch keine Bilder, fiel dem Kommissar erst jetzt auf. Aber das Ungewöhnliche war nicht die Tatsache, dass eine familiäre Szene unter den Aufnahmen zu finden war. Es war eher der Eindruck, den Wachter auf diesen Fotos auf Kluftinger machte. Es waren die einzigen Fotos, auf denen er glücklich wirkte.
     
    ***
     
    Beim Blick auf die Uhr zuckte der Kommissar zusammen. Es war spät geworden, das Essen zu Hause hatte bestimmt schon begonnen. Er schloss die Alben in seinen Schreibtisch ein und verließ eilig das Büro. Noch auf dem Weg die Treppen hinunter wählte er Strobls Nummer. Normalerweise hätte er ihn vom Büro aus angerufen, weil das Mobil-Telefonieren doch so teuer war. Aber er wusste, dass jetzt jede Minute kostbar war. Jede Minute, in der der heilige Zorn seiner Frau nicht weiter anwachsen konnte, wollte Kluftinger nutzen. Er erklärte Strobl, während er seinen Wagen aus der Einfahrt in Richtung Eisstadion lenkte, dass er unbedingt einen Termin mit den Töchtern für morgen Vormittag vereinbaren solle. »Die Sache duldet keinen Aufschub«, sagte Kluftinger in ungewohnt gestelzter Rede und meinte damit auch ein bisschen die prekäre Situation, in der er sich gerade befand.
     
    ***
     
    Mit einem mulmigen Gefühl schloss Kluftinger seine Haustür auf. Aus dem Wohnzimmer hörte er Besteck klappern, Gelächter drang an sein Ohr. Langhammers waren also schon da und das Essen hatte bereits begonnen. Priml, das machte seine Lage nicht gerade einfacher. Ein Teil von ihm freute sich sogar ein bisschen darüber, dass die Gäste schon da waren. So würde das Donnerwetter seiner Frau noch ein wenig auf sich warten lassen. Auch wenn es nur eine Galgenfrist war.
    Doch die Sympathie für seine Hausgäste währte nur kurz. Schließlich befände er sich nicht in einer so prekären Lage, wären sie dort, wo sie eigentlich hingehörten: bei sich zu Hause.
    Er legte seine Hand auf die Türklinke. Ihm wurde bewusst, dass er dringend auf die Toilette musste. Er ignorierte sein Bedürfnis, holte tief Luft und betrat den Raum. Schlagartig verstummten die Gespräche.
    »So, Abend!«, flötete Kluftinger betont locker in die Stille, gab seiner Frau einen Kuss auf die Wange und setzte sich auf seinen angestammten Platz auf der Ofenbank. Er fühlte sich wie als

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