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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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die letzte auf.
    Es schien das zu sein, was seine Frau immer die »Kruscht-Schublade« nannte. So eine gab es ihr zufolge in jedem Haushalt: Vom Kleingeld in mindestens drei Währungen über Büroklammern, Kugelschreiber und Tesafilm bis zu Briefkuverts und rostigen Schlüsseln fand sich darin so ziemlich alles, was man meist nicht brauchte aber doch auch nicht wegwerfen wollte. Allerdings konnte er sie nur etwa bis zur Hälfte herausziehen. Irgendwas hatte sich wohl verklemmt. Er ging in die Knie und musste sich mit einer Hand am Boden abstützen, weil sich seine Verletzung, die er sich bei der Beerdigung zugezogen hatte, in dieser extremen Stellung wieder bemerkbar machte. Er befand sich nun auf Augenhöhe mit der Schublade und spähte hinein. Es war dunkel, aber er konnte erkennen, dass ganz hinten noch irgendetwas lag. Er streckte seine Hand hinein und bekam einen Karton zu fassen. Er war mit einem Gummiband umspannt. Kluftinger hakte einen Finger in dem Band ein und zog die Schachtel ans Licht.
    »Hast du was?«, fragte Strobl, der die intensiven Bemühungen seines Chefs um den Inhalt der Kommode bemerkt hatte.
    »Ich weiß nicht«, antwortete der und zog eine Schachtel aus schwarzer Pappe hervor. Kluftinger streifte das Gummiband hastig ab. Er öffnete den Deckel. »Ja, ich glaub, ich hab was«, sagte er halblaut beim Blick auf den Inhalt. Einen Moment war nur das Atmen der beiden Polizisten zu hören. Dann tat es plötzlich einen unerhört lauten Schlag, der die beiden zusammenzucken ließ. Sie brauchten einige Sekunden um zu realisieren, dass es ein heftiger Donner gewesen war, der sie so erschreckt hatte.
    »Da hat wohl irgendwo der Blitz eingeschlagen«, sagte Strobl Kluftinger nickte nur und blickte noch immer auf den Inhalt der Kiste. Sie war voll mit Papieren, teilweise handbeschrieben teilweise Ausschnitte aus Zeitungen. Ganz oben lag ein Foto. Es zeigte den alten Lutzenberg und Wachter.
    Kluftinger erkannte Wachter, weil er das Foto in dem zunächst verschwundenen Album schon einmal gesehen hatte. Sonst hätte er Schwierigkeiten gehabt, Lutzenbergs Nebenmann zu identifizieren. Denn Wachter hatte kein Gesicht. Es war weggekratzt.
    »Mein Lieber Scholli«, kommentierte Strobl mit einem ungläubigen Kopfschütteln den Fund.
    »Das kannst du laut sagen«, gab Kluftinger über die Schulter zurück. Mit vor Aufregung zitternden Händen nahm er den Papierstapel aus der Schachtel: Einige der Zeitungsausschnitte kamen Kluftinger bekannt vor, er hatte sie tags zuvor noch in seinem Büro studiert. Manche Artikel waren mit handschriftlichen Notizen versehen. Neben einem Interview mit Wachter stand mehrmals das Wort »Lüge« mit einem Ausrufezeichen versehen, andere Passagen waren einfach durchgestrichen, hinter manchen standen ein paar Ergänzungen.
    »Scheint so, als würden wir hier drin das Motiv finden«, sagte Strobl. Kluftinger dachte genauso. Er verschloss die Schachtel wieder, klemmte sie sich unter den Arm und fragte: »Hast du irgendwas? Sonst gehen wir. Ich möchte mir das so schnell wie möglich anschauen.« Strobl schüttelte den Kopf. Sie gingen die Treppe hinunter und wollten sich gerade von Lina Lutzenberg verabschieden, als das Telefon klingelte.
    Die Alte schlappte gemächlich zum Apparat, was Kluftinger gar nicht passte. Er wollte so schnell wie möglich ins Büro und sich die neuen Beweisstücke ansehen. Deswegen versuchte er, Blickkontakt mit Lina zu bekommen, um ihr wenigstens durch ein Winken ihren Abschied mitzuteilen. Er hob gerade die Hand, da hörte er die Alte ins Telefon sagen: »Andreas? Mei, wo bist denn bloß, Bub? Du besuchst mich ja gar nimmer. Komm halt mal wieder vorbei.«
    Kluftinger war wie vom Donner gerührt. Er drückte Strobl das Paket in die Hand, rannte zum Telefon und riss Lina Lutzenberg den Hörer aus der Hand.
    »Hallo? Herr Lutzenberg?«
    Keine Antwort.
    »Herr Lutzenberg? Hier spricht Kluftinger, Kripo Kempten. Herr Lutzenberg, sind Sie es?«
    Es blieb eine ganze Weile still am anderen Ende der Leitung. Kluftinger holte gerade Luft für eine neue Frage, da bekam er Antwort.
    »Ja.«
    »Herr Lutzenberg, um Himmels Willen, wo sind Sie denn nur?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen, Herr ….«
    »Kluftinger. Herr Lutzenberg, Sie machen doch alles nur noch schlimmer. Wir können doch reden. Sagen Sie uns, wo Sie sind, ich verspreche Ihnen …«
    »… Sie können mir gar nichts versprechen«, unterbrach ihn sein Gesprächspartner. »Wenn ich zu Ihnen komme, finden

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