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Milchmond (German Edition)

Milchmond (German Edition)

Titel: Milchmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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liegen, fuhr ein Stück weiter und wendete an der nächsten Kreuzung, um sich dann dort auf den Parkstreifen zu stellen. Gut sichtbar, an seinen mit eingeschalteter Warnblinkanlage geparkten Wagen gelehnt, hoffte er, Julia würde ihn erkennen und irgendeine Reaktion zeigen. So verging die Zeit. Tobias hielt nach dem schwarzen Golf Ausschau, aber nichts geschah.
   Nach gut anderthalb Stunden, tauchte das ihm vertraute Insel-Taxi erneut auf - wahrscheinlich um Jörg wieder einzusammeln. Es nutzte nichts, Tobias würde gezwungen sein, dem Taxi erst einmal zu folgen, um herauszufinden, wo sie auf der Insel logierten.
   Er behielt recht mit seiner Vermutung: Das Taxi mit Jörg an Bord, brauste nach wenigen Minuten an ihm vorbei. Tobias fuhr in gebührendem Abstand hinterher.
   Die Fahrt ging bis ans andere Ende der flachen Insel. Auf den vielen Viehweiden sah er, neben Kühen und Pferden, auch Schafe stehen. Die Insel versprühte zu dieser Jahreszeit einen herben Charme, den Tobias aber nur im Unterbewusstsein wahrnahm. Dann bog das Taxi von der Inselringstraße ab, folgte gepflasterten Gassen, vorbei an Reet gedeckten, alten Friesenhäusern. Noch zweimal abbiegend, hielt das Taxi dann vor einem geklinkerten Doppelhaus an. Tobias zog langsam daran vorbei, der nächsten Abbiegung nach links folgend, um aus dem Blickfeld der beiden zu geraten. Er notierte sich Straßen- und Ortsnamen. Julias Golf war nirgends zu sehen.
   Er wusste genug; also fuhr er nach Wyk zurück und kontrollierte dort noch einmal die Reihen, der auf die letzte Fähre dieses Tages wartenden Autos. Nichts - kein schwarzer Golf! So blieb nur eine Möglichkeit: Er musste ihr eine SMS senden, alles andere hätte keinen Sinn, weil sie garantiert nicht abnehmen würde, wenn sie seine Nummer erkannte; es sei denn, er würde eine Telefonzelle benutzen. Das wäre eine Möglichkeit! Er sah sich um und ging zu einer offenen Sprechsäule in der Nähe, las Julias Handynummer von seinem Display ab und tippte dann die Nummernfolge in die Tastatur des öffentlichen Telefons.  
   Es knackte mehrmals geräuschvoll, schon kam das Freizeichen. Mit angehaltenem Atem lauschte er. Komm schon, nimm ab! Dann hörte er ihre Stimme so nah, als stünde sie direkt neben ihm. Erleichtert schloss er die Augen und biss sich auf die Lippen. »Julia, leg bitte nicht auf. Ich bin's, Tobias. Ich bin am Wyker Fährterminal. Wo bist du? Ich muss dich dringend sprechen, es ist etwas Furchtbares passiert!« Er hatte sich die Worte vorher präzise zurechtgelegt, um zu verhindern, dass sie sofort wieder auflegte. Nun horchte er in die stumme Leitung hinein. »Julia? - - - Hör zu! Ich versteh ja, dass du verstört bist. Ich will das alles aufklären. Deshalb bin ich ja hier auf der Insel. Wo bist du? Bitte, ich muss dich dringend persönlich sprechen - es ist wirklich etwas Furchtbares geschehen, das du wissen musst!«
   »Was?«, kam es tonlos zurück. Ihre Stimme klang erschreckend fremd und brüchig - jede Wärme und Wohllaut waren daraus verschwunden, quasi extrahiert, wie eine Fischgräte ohne Fleisch. »Julia, bitte! Ich kann dir das nicht am Telefon sagen, versteh das doch!«
   »Sag es jetzt, und dann lass mich ein für alle Mal in Ruhe, hörst du!« Ihre Stimme hatte sich zu einem schrillen Diskant gesteigert. Es ging um Sekunden, sie würde gleich unterbrechen, Tobias wusste es.
   »Es geht um deinen Mann und um meine Exfreundin!«
   »Ja?«
   »Oh mein Gott, Julia! Es ist zu kompliziert, das geht nicht am Telefon!«
   »Jetzt, oder nie mehr!«, schrie sie ihn nun unvermittelt an. Sie schien mit ihren Nerven und ihrer Geduld end-gültig am Ende zu sein.
   »Na gut, du hast es so gewollt! Wir beide sind Opfer einer gemeinen Intrige. Ich habe Beweise. Jörg ist nicht sterbenskrank; er hat dir nur etwas vorgespielt, damit du ihn nicht verlässt. Er war lediglich wegen einer Meniskusoperation im Krankenhaus und Sylvia, meine Ex-Freundin, hat dich augenscheinlich getäuscht und sich dir gegenüber als seine Ärztin ausgegeben. Ich liebe dich Julia. Lass uns das nicht kaputtmachen lassen!« Das anschließende Schweigen dauerte nur die Spanne, der es bedurfte, Julias Lungen wieder mit Luft zu füllen, dann explodierte ihre Stimme: »Sag mal, du scheust doch wohl vor wirklich nichts zurück! Spinnst du eigentlich!! Weißt du überhaupt, was du da sagst?« Markerschütternd drang der hohle Klagelaut am Ende des Satzes an Tobias Ohr. Er zuckte

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