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Milchmond (German Edition)

Milchmond (German Edition)

Titel: Milchmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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poliertem Ebenholz grenzte mit seiner Schmalseite an den Herdblock und war mit einem hellgrauen Tischläufer geschmückt, auf dem die beiden sich gegenüberliegenden Gedecke lagen. Das schlichte weiße, hochfeine Porzellan machte sich gut auf dem dunklen Tisch. Die weiße Orchidee, die sie mitgebracht hatte, passte prima dazu. Sie nahm ihm die Blume wieder ab und drapierte sie nun auf dem Tisch neben der brennenden Kerze. 
   Im Flaschen-Kühler aus Chrom lag eine mit einem Tuch abgedeckte Flasche. Der Kühler stand neben dem Tisch, wie man es sonst nur in guten Restaurants zu sehen bekam. Sehr stilvoll!
   »Nimm Platz, Sylvia! Ich schenke uns sofort ein.« Tobias rührte noch einmal das Fleisch in der Pfanne durch und löschte es mit dem bereitstehenden Kochwein ab. Es musste jetzt ein paar Minuten einköcheln. Die Röstis in der zweiten Pfanne wendete er noch einmal mit gekonntem Schwung und regelte die Heizleistung des Induktionskochfeldes herunter.
   »So, jetzt braucht es noch fünf Minuten, dann ist das Essen fertig. Ich hoffe, du hast Hunger mitgebracht?« Tobias schenkte ihnen von dem gekühlten Wein ein. »Ein Grauburgunder aus der Pfalz, den magst du doch immer so gerne.« Sie stießen an und tranken. Sylvia blickte verträumt auf die beleuchteten Fensterquadrate der gegenüberliegenden Wohneinheiten. Im Wohnzimmer verzichtete Tobias auf Vorhänge, weil er das Gefühl des Eingeschlossenseins nicht ertrug, er brauchte Offenheit und Weite. Die teilweise unverputzten rohen Ziegelwände des Lofts waren von kleinen Lichtinseln, die aus verdeckt angebrachten Spots stammten, stimmungsvoll angestrahlt. Der Küchenblock und die dahinter liegende Arbeitszeile waren dagegen hell erleuchtet. Die Szene spiegelte sich im Glas der großen Fensterfront wider.
   Sylvia bewunderte Tobias Kochplatz. Wie in seinem Büro, so war auch hier nichts Unnützes zu sehen. Alles, was Tobias gerade nicht mehr benötigte, verschwand entweder sofort in der Spülmaschine oder wurde von Hand abgewaschen und weggeräumt. Er hatte die Angewohnheit, die benötigten Kochzutaten vor dem Kochen in der richtigen Menge portioniert bereitzustellen. Dadurch wirkte das eigentliche Kochen derart unangestrengt und stressfrei, dass Sylvia immer wieder sprachlos war. Wenn sie kochte, sah ihre Küche hinterher aus wie ein Schlachtfeld. Deswegen wäre sie auch niemals auf die Idee gekommen, sich eine offene Küche anzuschaffen. Das war nur etwas für Ordnungsfanatiker wie Tobias.
   »Wie war dein Tag?« Tobias saß ihr nun gegenüber und schaute sie konzentriert an.
   »Nichts Besonderes, Business as usual sozusagen. Wir hatten mal wieder eine endlose Redaktionskonferenz. Chris kommt manchmal einfach nicht auf den Punkt. Zudem sind Claudine und Manni krank. Deren Arbeit müssen wir natürlich ebenfalls übernehmen. Wir bekommen zwar ein wenig Unterstützung von der Nicole aus Piets Abteilung, aber es bleibt noch genügend Unerledigtes für uns nach. Am Wochenende habe ich einen vollen Dienstplan. Eine schöne Idee von dir, heute einen gemütlichen Abend für uns zu arrangieren. Wir haben uns seit dem Urlaub ja kaum richtig zu Gesicht bekommen.« Sie strahlte Tobias an. Er war schon wieder im Aufstehen begriffen, das Essen ließ ihm keine Ruhe. Er kontrollierte die beiden Pfannen und stellte das Kochfeld der Röstis ganz aus. Dann komplettierte er die Soße noch mit etwas Schlagsahne und schmeckte sie mit Salz und Pfeffer ab. 
   »Hm, ich glaube, jetzt ist sie gut. Hier, probier mal!« Er ging mit einem Probierlöffel zu Sylvia und ließ sie kosten.
   »Traumhaft! Der Geschmack ist jede Sünde wert! Ich habe heute Mittag extra nur ein Brötchen gegessen. In weiser Voraussicht«, setzte sie nach. Sichtlich zufrieden nahm Tobias die Teller vom Tisch, ging zum Herd und füllte sie kunstvoll. Zum Schluss dekorierte er die Teller noch mit etwas Kresse. Gekonnt trat er von hinten an Sylvia heran und stellte mit gewinnendem Schwung, die linke Hand in Kellnermanier auf dem Rücken, den dampfenden Teller vor sie hin. Sie schaute zu ihm auf und verlangte einen Kuss. Wie gut seine Lippen schmecken, dachte sie flüchtig. Dann stellte er sein Gericht auf seinen Platz und setzte sich ebenfalls.
   »Guten Appetit, Liebling!«
   »Danke, den habe ich bestimmt.«
Genießerisch spürten sie dem Geschmack der ersten Bissen nach. Sie sprachen wenig. Tobias war beim Essen sehr konzentriert. Er mochte sich dann durch Gespräche nicht

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