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Milchmond (German Edition)

Milchmond (German Edition)

Titel: Milchmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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Schönheit der Landschaft und der Tiroler Häuser. Das war so richtig meins. Das wurde mir sehr bewusst und erinnerte mich an meine Zukunftspläne.« 
   »Tobias, ich fand es doch auch wunderschön, das weißt du.« Sie kuschelte sich dichter an ihn heran, und ihre Finger gingen zärtlich auf Wanderschaft....
   »Nein, Sylvia, lenk bitte nicht ab und höre mir zu Ende zu!« Enttäuscht hielten ihre Finger inne.
   »Was ich sagen will ist, wir müssen eine Entscheidung treffen, du und ich. Wir müssen unsere Lebenspläne besprechen. Ich will heiraten - dich heiraten, das weißt du! Du hast mich vor zwei Jahren schon einmal vertröstet. Ich will aber eine Familie haben. Ich verdiene genug, um das jetzt zu verwirklichen. Wenn nicht jetzt, wann dann?, frage ich dich. Ich weiß ja, dass du auch an deinem Beruf hängst. Ich weiß, was ich dir vielleicht zumuten würde, wenn ich dich bäte, das aufzugeben. Du hattest zwei Jahre Zeit, dir darüber Gedanken zu machen. Ich will es jetzt wissen: Was willst du, Sylvia?«
   Seine letzten Worte klangen eindringlich, sie bemerkte, wie seine sonst so feste Stimme ein wenig brüchig wurde, so als säße ihm ein Kloß im Hals. Ihr wurde mulmig zumute. Wie ein Traum erschien ihr nun die Szene, und sie schien den Ausgang des Traumes bereits zu kennen. Sie schloss die Augen und bemerkte, wie sie zu brennen anfingen.
    »Tobias, wir sind doch jetzt auch glücklich miteinander. Wir haben alles, wovon andere träumen. Wir sind finanziell unabhängig und haben interessante Berufe. Wir wohnen nicht zusammen, aber das ist doch auch ein Riesenvorteil. Sieh doch, wenn wir uns sehen und verabreden, dann knistert es. So ein schöner Abend wie heute ist doch in einer Ehe, in der man sieben Tage die Woche mit vierundzwanzig Stunden am Tag aufeinander hockt, gar nicht vorstellbar. Ich kann mir ein Leben als brave Hausfrau nicht vorstellen. Ich fühle mich jung, Hamburg ist aufregend, man kann so vieles machen und überall interessante Leute treffen und all das… Wenn wir Kinder hätten, dann würde sich alles nur noch um sie drehen. Ich würde zwischen Kinderarztterminen, Kindergarten und Schulbrote streichen erdrückt. Ich kann mir das nicht vorstellen, Tobias! Es tut mir Leid! So stelle ich mir mein Leben nicht vor!«
   Sie sah ihn mit tränengefüllten Augen an. »Verlang das nicht von mir, bitte!« Sinatra sang gerade, passend oder nicht, die Nummer What is America for me. Nein, sie konnte eine solche Stadtrandidylle, von der Sinatra sang und von der Tobias träumte, nicht leben.
   Sie sah sein enttäuschtes Gesicht. Er sah sie nicht an, verbarg die Augen hinter seiner an die Stirn gestützten Hand. Er atmete tief und schwer. Schweigen breitete sich aus, kroch langsam in alle Winkel des großen Raumes und füllte ihn aus. Die CD schien auch zu Ende zu sein, denn sie hörte den Verkehr von der Straße, wie aus weiter Entfernung, empor schallen.
   Wie würde es jetzt weitergehen?, fragte sie sich. Sie hatte sich vorgenommen, ihn von diesem Gespräch abzuhalten. Sie hatte wieder Zeit gewinnen wollen. Zeit – wofür? Sie war sich zu sicher gewesen, ihn mit einer erotischen Attacke auf andere Gedanken bringen zu können. Als sie seine ersten belegten Worte vernahm, wusste sie, dass es nicht funktionieren würde. Tobias würde sich nicht vertrösten lassen, also würde er sich entscheiden müssen, nicht sie. Sie wusste, was sie nicht wollte. Nun lag es an ihm zu entscheiden, wie es weitergehen sollte. Er schwieg noch immer, nur sein Atmen war zu hören. Weinte er? Sie war sich nicht sicher, weil er seine Augen verbarg. Sie konnte nur am Heben und Senken seiner Brust erkennen, wie unnatürlich er atmete. Sein Atem ging zu tief, zu ungleichmäßig. Sein Innerstes war in Aufruhr.
   »Ich koche uns einen Tee«, sie machte Anstalten aufzustehen, um die Situation zu entspannen. Er hielt sie am Arm zurück und schüttelte nur den Kopf - ihren Blick weiterhin vermeidend. Er nahm noch einmal einen tiefen Atemzug. »Bitte, lass mich jetzt allein, ich muss nachdenken, Sylvia. Ich bin so enttäuscht, ich weiß nicht, wie es mit uns weitergehen soll. Gib mir ein wenig Zeit. Danke, dass du da warst. Ich kann dich nicht zur Tür begleiten, bitte versteh das!« Ein unkontrollierter Schluchzer schüttelte ihn. »Geh, bitte!«
   Irritiert stand sie auf und angelte mit den Füßen nach ihren Pumps. Sie fühlte sich schuldig. Sie sah auf ihn hinunter, wie er in seinem Schmerz

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