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Milchmond (German Edition)

Milchmond (German Edition)

Titel: Milchmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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Krabbelphase heraus und begann, auf wackeligen Beinchen die zweibeinige Gangart zu üben, was seinen Aktionsradius sprungartig erweiterte.
   Julia machte es Freude, sich mit dem Kleinen zu beschäftigen. Karen und Johannes lebten ein beschauliches Leben auf dem Dorf, wie sie fand. Eines Tages sprach Karen aus, was Julia unbewusst schon lang im Kopf herumging.
   »Wie sieht es denn bei euch hinsichtlich der Familienplanung so aus?«, hatte Karen wissen wollen und entgeistert geguckt, als Julia einräumte, dass sie darüber eigentlich noch nie gesprochen hatten. 
   »Aber du musst doch eine Meinung dazu haben, willst du keine Kinder?« Ihre Schwägerin ließ nicht locker mit ihrer Fragerei. Julia versuchte, mit der Bemerkung auszuweichen, dass sie doch noch genügend Zeit hätten, sich später mit dieser Frage zu befassen. Karen hatte zweifelnd geschaut und gemeint, »Zugegeben, du hast schon noch Zeit, aber Jörg ist mittlerweile fünfunddreißig. Es ist für Kinder nicht schön, wenn die Väter schon so alt sind, hast du darüber auch mal nachgedacht?«
   »Ehrlich gesagt, nein! Aber wenn ich jetzt so darüber nachdenke... Mein Vater war fünfunddreißig, als ich geboren wurde. Die meisten meiner Mitschüler hatten jüngere Väter, das stimmt schon. Aber bei Jörg ist das anders, er wirkt immer noch wie ein großer Junge. Sicher hat das etwas damit zu tun, dass er täglich mit jungen Leuten arbeitet.«
   »Versteh mich nicht falsch, es geht mich natürlich nichts an, aber ich rate dir trotzdem, das Thema mit Jörg nun wirklich einmal anzusprechen. Ihr müsst über so ein wichtiges Thema reden. Ich kann gar nicht glauben, dass ihr das bisher ausgespart habt.« Karen hatte das in so erstauntem Ton gesagt, dass es Julia nun auch wunderte, dass sie darüber noch nicht miteinander gesprochen hatten. Sie nahm sich vor, das demnächst nachzuholen. Erst musste sie sich jedoch selber darüber klar werden, was sie eigentlich wollte – Karriere oder Kinder oder wäre es vielleicht sogar möglich, beides miteinander zu verbinden?
   Ihre weiteren Gedankengänge wurden jäh unterbrochen, weil Claudius schlagartig ihre volle Aufmerksamkeit erforderte. Julia sprang reflexartig hoch und war gerade noch rechtzeitig zur Stelle, denn der Lütte begann soeben, sich an der Tischdecke, des mit der Kaffeetafel gedeckten Gartentisches, emporzuziehen…

Der Winter kam dieses Jahr früh. Schon in der Adventszeit gab es mehrere Tage Bodenfrost, und eine Woche vor Weihnachten fiel bereits der erste Schnee. So, wie es aussah, würde es eine Weiße Weihnacht werden, und die Meteorologen behielten tatsächlich Recht. 
   Jörg kam die Treppe herunter und begann, die Kartons und Tüten in den bereitstehenden Wagen zu laden. Julia knöpfte sich den Mantel zu und blickte noch einmal prüfend in den Spiegel, ehe sie die Marzipan-Nuss-Torte vorsichtig, mit beiden Händen haltend, hinaus zum Wagen trug. »Machst du mir bitte die Tür auf? Ich habe keine Hand frei!« Jörg kam heran und hielt ihr die Tür auf. »Schnallst du mich bitte auch fest, Liebling?«
   Sie lächelte ihn an, während er den Gurt ergriff und sie anschnallte, gab er ihr einen flüchtigen Kuss. »Mir ist es lieber, wenn ich die Torte auf dem Schoß behalte. Bei deiner Fahrweise wäre sie sonst Matsch, bevor wir ankämen.«
   »Übertreib' nicht, ich bin der beste Fahrer, den man sich denken kann!« Er ging noch einmal zurück zum Hauseingang und verschloss die Tür. Dann fuhren sie los. Sie wollten den Heiligen Abend gemeinsam mit Julias Eltern bei Johannes, Karen und den Kindern auf dem Lande verbringen. Es sollte ein gemütliches Weihnachts-Fest werden und so hatten sie die Einladung, dort auch die Nacht zu verbringen, gerne angenommen.
   Karen hatte darum gebeten, rechtzeitig zum Kaffee da zu sein, damit die Bescherung für die Kinder im Anschluss daran stattfinden konnte. Als sie eintrafen, waren Julias Eltern schon da. Die Begrüßung fiel herzlich aus. Im ganzen Haus roch es festlich, eine Mischung der verschiedensten Aromen verströmte ihren weihnachtlichen Zauber.
Das Wohnzimmer war für die Kinder noch verschlossen. Anna-Lenas Wangen glühten schon vor Aufregung. Als die Kaffeetafel mit Kuchen und Stollen bestückt war und Kaffee und Kakao auch fertig waren, griff Johannes zur kleinen Glocke und läutete. 
   »Bescherung, der Weihnachtsmann war da!«
Johannes öffnete die Tür zum Wohnzimmer weit und mit einladender Geste.

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