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Milchmond (German Edition)

Milchmond (German Edition)

Titel: Milchmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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sprachen für Sinnlichkeit. Sein Kinn war glatt rasiert und seine dunkelblonden Haare trug er lässig aus der Stirn nach hinten gekämmt. Sie reichten ihm bis zum Kragenansatz. Er trug eine dunkelblaue, bis zu den Knien reichende Hose, aus der behaarte, kräftige Männerwaden schauten. Die nackten Füße steckten in blauen Mokassins.
   Julia entschloss sich, zunächst zu schweigen und abzuwarten, wie er weiter vorgehen würde. Jetzt fingen die Segel den Wind ein, das Boot legte sich auf die Seite, und ihr Ritter klemmte die Leinen der Segel fest. Sie konnte dabei seine Hände betrachten, die gepflegt und feingliedrig erschienen, wohl kaum an schwere, körperliche Arbeit gewöhnt. Er trug nur einen schwarzen Siegelring mit einem kleinen Brilli in der Ecke - es gab auch keinen Abdruck eines abgenommenen Eheringes. Nun wurde es spannend, richtete er doch seine Aufmerksamkeit auf sie.
   »Nun, haben Sie sich entschlossen, die Geheimnisvolle zu geben? Sie haben noch kein Wort gesagt.« Sie verzog ihr Gesicht zu einem Lächeln und schwieg. Sie wollte ihn ein wenig aus der Reserve locken, sehen, wie er reagierte. Sie hatte in Plädoyers und in Anhörungen gelernt, die Macht des Schweigens taktisch anzuwenden. Er stieg routiniert in das Spiel ein. »Oh, bitte entschuldigen Sie, ich muss Sie sprachlos gemacht haben. Sie brauchen erst ein wenig Zeit zum Eingewöhnen. Bis Sie aufgetaut sind, erzähle ich Ihnen ein wenig von mir. Wenn es zuviel wird, unterbrechen Sie mich bitte!«
   Sie fing an, die Situation zu genießen. Sollte er reden, sie würde zuhören. Sie zog ihre Knie an und umschlang sie mit ihren Armen, während sie den Blick nicht von ihm ließ. »Unter zivilisierten Leuten gehört es sich, dass man sich vorstellt. Ich bin Tobias Steinhöfel und seitdem ich Ihnen vor einer Woche auf dem Markt begegnet bin, ist mein Leben aus den Fugen geraten. Sie gehen mir seither nicht mehr aus dem Sinn. Der erste Blick, den Sie mir schenkten, hat sich in meiner Erinnerung fest eingebrannt. Ich hatte gehofft, dass Sie wieder auf dem Markt sein würden und hatte Glück. Ja, ich gebe zu, ich hatte das, mit der Puppe, vorbereitet, weil ich wusste, dass ich mich nicht trauen würde, Sie auf offener Straße einfach anzusprechen. Manchmal bin ich leider ein wenig schüchtern. Und ja, ich kann mir vorstellen, dass Ihr erster Gedanke beim Entdecken der Botschaft war, dass Sie glaubten, ich sei ein Routinier auf dem Gebiet. Es tut mir Leid, ich wusste nicht, wie ich Ihre Aufmerksamkeit sonst auf mich hätte lenken können.«
   Tobias sah sie auffordernd an und schien auf eine Reaktion ihrerseits zu warten. Nein, lass ihn zappeln!, dachte sie, und ihre Augen versenkten sich in seinen Blick.
   »Na schön, dann fahre ich fort: Ich bin noch völlig durcheinander, weil Sie mir jetzt gegenüber sitzen, das ist doch unglaublich! Es gibt Leute, die fest der Meinung sind, dass es keine Zufälle gibt, sondern nur Fügungen. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Es interessiert Sie vielleicht, noch ein wenig mehr von mir zu erfahren? Schön, schön! Also, auch wenn ich nicht so aussehe, aber ich bin sechsunddreißig Jahre alt und lebe allein. Und ja, ich bin auf der Suche nach der Frau meines Lebens. Und nein, bis vor einer Woche habe ich sie noch nicht gefunden.«
   Sie lauschte seinen Worten. Er ging gut mit der Situation um. Konnte es sein, dass ein solches Mannsbild wirklich frei und ledig war? Hieß es nicht immer, es gäbe keine ledigen Männer über dreißig, außer einigen Muttersöhnchen und vielleicht ein paar Beziehungs-Gestörten? Was mochte er für einen Beruf ausüben, ob er etwas mit der Börse zu tun hatte? Eigentlich neigte sie dazu, ihm nicht zu glauben, denn sie hatte den Namen des Bootes gelesen. Tobendra hatte sie gelesen und das deutete auf eine Namens-Zusammensetzung hin, wie zum Beispiel Tobias und Andrea? Sie beobachtete ihn weiter und lauschte seinen Worten.
   »Meine Hobbys sind dieses Boot, das schon beachtliche zweiundzwanzig Jahre auf dem Buckel hat, Kochen, Lesen und Winterurlaub in Österreich. Ich arbeite als Anwalt und ... «
   Plötzlich war sie ganz Ohr, er war Anwalt! Hatte sein Nachnahme sie deshalb stutzen lassen? Er war für die norddeutsche Region schließlich ungewöhnlich, klang eher süddeutsch. Ja, sie erinnerte sich, dass es einen Anwalt in Hamburg gab, der sich einen guten Namen wegen seiner klugen Strafverteidigungen in einigen großen Wirtschaftsprozessen gemacht

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