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Milchmond (German Edition)

Milchmond (German Edition)

Titel: Milchmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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grandiosen Wochenende. Tobias checkte im Hotel in ihrem Zimmer mit ein. Sie brauchten keine Rücksichten zu nehmen, denn sie hatten nichts zu verbergen. Im Gegenteil: Alle Welt sollte an ihrem Glück teilhaben! Nach einem schönen Abendessen gingen sie noch einmal auf der Promenade spazieren. Ein milchigweißer Vollmond stand, vom Dunst leicht verhüllt am Nachthimmel und goss sein silbernes Licht über die stille Ostsee. »Als Kinder haben wir einen solchen trüben Vollmond immer Milchmond genannt, weil er sein Licht wie Milch über das Wasser zu gießen scheint. Kennst du diesen Begriff auch?«
    »Nein, den kenne ich nicht, aber das Wort gefällt mir: Milchmond – schön! Er soll unser Milchmond sein!«
Sie lachten beide unbeschwert über ihre gelungene Wortschöpfung und gingen eng umschlungen zurück ins Hotel. Es sollte ihre erste gemeinsame Liebesnacht werden. Bis jetzt waren die Tage einfach noch nicht reif dazu, aber dieser heutige Freitag sollte ihr Tag und ihre Nacht sein. Darüber waren sie sich beide im Klaren - als hätten ihre Seelen diese heimliche Verabredung bereits lange im Voraus unter sich ausgemacht.
   Diese Nacht versetzte sie in einen Taumel gemeinsamer Glückseligkeit. Für Julia schien der Brief an Jörg, der Schlussstrich unter ihrer Ehe zu sein. Dadurch hatte sie sich von ihrem eigenen seelischen Druck befreit und war nun erst in der Lage, sich Tobias auch körperlich hingeben zu können. Das tat sie in dieser Milchmond-Nacht voller Vertrauen und Gelöstheit.
   Am nächsten Morgen, beim Frühstück auf dem Zimmer mit Blick auf die blaue Ostsee, schien ihr Glück vollkommen zu sein. Die Weite des Meeres unter ihnen mit dem Blick bis zu jenem Punkt, an dem sich Himmel und Wasser berühren, erschien ihnen wie ein Sinnbild dafür, dass ihr ganzes Leben noch vor ihnen lag.
   Sie nutzten den schönen Vormittag, um noch einmal zu segeln. Julia erwies sich als gelehrige Schülerin, und so verbrachten sie die Zeit bis zum Nachmittag auf dem Wasser. Dann legte sich der Wind, am Horizont tauchten dunkle Wolken auf. Mit Motorkraft gelangten sie sicher zurück an die Steganlage, takelten das Boot wieder ab und vertäuten es sicher. Andere Segler taten es ihnen gleich, so herrschte ein reges Treiben bei den Booten.
   »Kann man auf dem Schiff eigentlich übernachten und Frühstück machen?«
   »Naja, aber das wäre dann doch schon ein wenig primitiv. Ich bin mir nicht sicher, ob das dein Fall wäre?«
   »Das könnte man doch vielleicht mal eine Nacht ausprobieren, oder?« Abenteuerlustig schaute Julia ihn an.
   »Na klar, das können wir demnächst einmal an einem Wochenende testen. Prof und ich haben das schon manchmal gemacht, aber unter uns Männern ist das natürlich auch eine ganz andere Sache, schließlich sind wir nicht so anspruchsvoll wie ihr Mädels!«
   »Alter Chauvi! Ich war in meiner Jugendzeit auch schon Zelten und soviel anders stelle ich mir das auf einem Boot auch nicht vor. Wir probieren das einmal in der nächsten Zeit, okay?« Ihre Aufgeschlossenheit für neue Unternehmungen war für ihn überraschend. Sylvias Spontaneität war ihm zuweilen sehr auf die Nerven gegangen, aber für das Segeln hatte sie nie Interesse gezeigt. Tobias freute sich, dass das bei Julia augenscheinlich anders war.
   Insgeheim erwischte er sich dabei, dass er anfing Vergleiche anzustellen. Das war nicht fair und er verbot es sich ein für alle Mal. Ihm war klar, dass man weder Menschen noch die Qualität zweier Lieben wirklich miteinander vergleichen konnte. Jede war von besonderer Art. Er wusste nur, dass er unglaublich glücklich und von neuer überbordender Energie beseelt war. Welch ein Glückskind er doch war!

Den Abend verbrachten sie in Timmendorfer Strand. Dort saßen sie mit vielen anderen Urlaubern unter der riesigen Markise des Kult-Cafés Engels Eck, am Timmendorfer Brunnen und genossen die Aussicht auf die, trotz des leichten Nieselregens vorbeiflanierenden Menschen. Die durch die Feuchtigkeit glänzende Promenadenpflasterung, in der sich alle Lichter widerspiegelten, schuf eine romantische, unwirkliche Stimmung.
   Sie hielten sich bei den Händen und besprachen Julias Umzug zu ihm. Bevor sie dem Umzug endgültig zustimmte, wollte Julia sich seine Wohnung erst einmal ansehen, er solle das nicht übel nehmen. Nahm er nicht, er hätte nicht anders gehandelt. Er würde ihr sein Zuhause am morgigen Sonntag zeigen. Sauber würde es sein, da freitags

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