Milchschaum
rinnen.
»Da plädiere ich doch für ›Eierpfannkuchen‹«, kam Lenis Stimme aus dem Flur.
Max warf einen erschrockenen Blick in die Teigschüssel. »Oma, für wie viele reicht das? Leni ist so ein Vielfraß.«
Leni stürmte mit gefletschten Zähnen in die Küche. »Am liebsten fresse ich kleine Buben!«, schrie sie, packte Max und tat, als wollte sie ihm ein Ohr abbeißen.
Fanni verzog sich aus der Küche.
»Ha«, hörte sie Leni rufen, als sie die Tür hinter sich zumachte, »die Köchin türmt. Aber Max und Leni sind die besten Eierpfannkuchen-Brater von Erlenrohrheim.«
Sprudel nahm beim ersten Klingeln ab. Als sich Fanni meldete, sagte er: »Oh Fanni!« Es hörte sich geradezu euphorisch an.
Aber kaum hatte ihm Fanni erklärt, wie dieser Freitagabend, wie der Samstag und der Sonntag verlaufen würden, klang seine Stimme ernüchtert.
»Verstehe.«
Fanni fragte ihn, ob er schon mit Togo-Franz gesprochen habe.
Sprudel verneinte. Er hatte Togo-Franz zwar nach der Seniorenmesse abgefangen, doch der Priester war in größter Eile gewesen. Er habe dringend nach Buchenweiler fahren müssen, denn dort wartete ein Sterbender auf seine letzten Sakramente.
»Meinst du, er wollte sich drücken?«, fragte Fanni misstrauisch. »Unbequemen Fragen aus dem Weg gehen?«
Sprudel verneinte. »Ich hatte vielmehr den Eindruck, dass sich unser Gastpriester sehr gefreut hat, eine vertraute Sprache zu hören. Er hat spontan für morgen Nachmittag ein Treffen vorgeschlagen, kleiner Plausch auf Französisch – um vier Uhr, zwischen Ministrantenunterricht und Abendmesse.«
»Na dann«, meinte Fanni, und es klang so lahm, als hätte sie »Staubfluse« gesagt.
Schweigen breitete sich aus.
Hatten sie sich nichts mehr zu sagen? Doch, eine ganze Menge Wörter, die nicht ausgesprochen werden durften: Schade, was gäbe ich für ein Stündchen, es wäre so schön …
Fanni hörte Sprudel leise seufzen.
Sie biss die Zähne zusammen.
Flennst du, Fanni?
»Am Montag?«, fragte Sprudel.
»Ja, am Montag. Ja, in der Hütte. Ja, so bald als möglich.«
Leni und Max machten sich im Esszimmer gerade über die ersten beiden Pfannkuchen her, als Fanni in die Küche zurückkam. Sie füllte einen Schöpflöffel voll frischem Teig in die Pfanne, schwenkte sie herum, bis der Boden dünn bedeckt war, sah zu, wie die Masse stockte, wendete den Pfannkuchen und ließ ihn eine Minute später auf einen Teller gleiten. Nachdem sie noch vier weitere Stück gebacken hatte, war die Teigschüssel leer.
Fanni schenkte sich ein Glas Rotwein ein, nahm den Teller mit den fertigen Pfannkuchen und gesellte sich zu den beiden an den Esstisch.
»Leni hat gesagt, nach dem Essen darf ich mir einen von ihren Videofilmen anschauen«, verkündete Max.
»Dschungelbuch«, warf Leni ein, bevor sich ihre Mutter aufregen konnte.
Fanni nickte beruhigt. »Gut, Max, Dschungelbuch, nach dem Duschen und dem Zähneputzen.«
Eine halbe Stunde später hockte Max mit Kopfhörern über den Ohren auf dem Sofa vor dem Fernsehapparat. Fanni und ihre Tochter saßen sich nebenan am Esstisch gegenüber. Die Flügeltür zwischen den beiden Räumen stand offen.
Leni erzählte von ihrer Arbeit im Labor, von Freunden, mit denen sie in Nürnberg ihre freien Abende verbrachte, von einer Kollegin, mit der sie am Wochenende manchmal Wanderungen in der fränkischen Schweiz unternahm.
Fanni berichtete von dem Ereignis, das vor zwei Wochen die gesamte Birkdorfer Gemeinde in Aufruhr versetzt hatte.
»Den Dorfpfarrer erschlagen«, murmelte Leni, »dazu gehört eine Menge …«
»Hass?«, fragte Fanni.
»Wut«, sagte Leni, »Verbitterung.«
»Hass, Wut, Verbitterung«, wiederholte Fanni. »Ist Togo-Franz – aus welchem Grund auch immer – wütend genug gewesen für eine solche Tat? Oder Rosie Hübler? Hatte ihr der Pfarrer Grund gegeben, ihn zu hassen? Oder Elsie Kraft? Ist ihre Zuneigung plötzlich in Abscheu umgeschlagen?«
Was faselst du von Elsie und Rosie? Sie waren Winzigs Schoßkinder. Außerdem saßen wohl beide im Wirtshaus, als der Pfarrer erschlagen wurde. Hieß es nicht, Elsie sei eine der Ersten gewesen, die dort ankamen?
»Gibt es denn Verdächtige?«, fragte Leni.
»Alle sind verdächtig«, antwortete Fanni, »und keiner.«
»Harte Nuss, Miss Marple«, meinte Leni, »aber du und Sprudel …« Sie unterbrach sich und starrte das Mosaiktischchen an, auf dem ein aufgeschlagenes Gesundheitsmagazin und Fannis Brille lagen. Plötzlich fragte sie: »Hast du
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