Miles Flint 01 - Die Verschollenen
Jamal bereits war.
Jamal schlug die Augen auf und seufzte. Seine Frau schlief auf dem Doppelbett; ihr Körper war um den von Ennis herum gekrümmt. Sogar im Schlaf nahm sie eine beschützende Haltung ihm gegenüber ein. Ennis umklammerte Mr. Biscuit, als wäre der Verlust des Stoffhundes schlimmer für ihn gewesen als der Verlust seines Zuhauses.
Der Junge hatte sich in den Schlaf geschnieft, und nichts, was Dylani getan hatte, hatte ihn beruhigen können. Vermutlich spürte Ennis, was seine Eltern fühlten, und ihre Furcht machte die seine umso schlimmer.
Es musste eine Lösung geben. Jamal musste sie nur finden.
Sein Gehirn arbeitete nicht in der gewohnten Manier, suchte nicht nach all den möglichen Winkelzügen, den verborgenen Schlupflöchern. Er war während des letzten Jahrzehnts zu einem passiven, stillen Mann geworden, und das hatte seine Art zu denken verändert.
Gerade jetzt aber brauchte er den Mann, der er früher gewesen war, den Mann, der ihn erst in diese Lage gebracht hatte.
Den Mann, der fünf gewaltige Bürogebäude auf den heiligen Boden der Wygnin gestellt hatte.
Jamal versuchte, die Erinnerung abzuschütteln, aber es funktionierte nicht. Wenn er die Augen schloss, konnte er sich selbst auf Korsve sehen, als der Shuttle gerade den Boden berührte. Er war frisch befördert worden, kletterte die Karriereleiter so schnell hoch wie keine andere Führungskraft in seinem Unternehmen und glaubte, er könnte jede Welt erobern, in die er entsandt wurde.
Jamal war den Wygnin sogar schon früher begegnet und gut mit ihnen zurechtgekommen, was auch der Grund dafür war, warum das Unternehmen gerade ihn nach Korsve geschickt hatte. Man dachte, er würde gut mit den Wygnin zusammenarbeiten können, glaubte, unter seiner Leitung würde die Zweigstelle seiner Firma auf Korsve zu einem Erfolg werden.
Stattdessen blamierte er sie alle, wurde von den Wygnin wegen strafbarer Fahrlässigkeit angeklagt und hatte verschwinden müssen.
Und sein Arbeitgeber hatte sich glücklich schätzen dürfen, denn dem Unternehmen war kein Vorwurf zu machen. Jamals Name hatte auf jedem Schriftstück gestanden. Die Spur hatte direkt zu ihm geführt, weil er die Anerkennung für seine Brillanz nicht hatte teilen wollen.
Oder für seine Dummheit.
Jamal sah Ennis an, der neben Dylani schlief. Er hatte sich nie vorgestellt, ein Kind zu haben, sich nie ausgemalt, wie es sein würde, ein Kind zu verlieren.
Die Beraterin bei Disappearance Inc. hatte ihm erklärt, er hätte seinerzeit Glück gehabt. Sie hatte ihm gesagt, seine Eltern seien zu alt, um für die Wygnin von Interesse zu sein, und da er das einzige Kind war, würde dieser Zweig der Familie mit ihm aussterben.
Alles, was er zu tun hatte, war, sich weiter zu verstecken und sicherzustellen, dass er niemals ein Kind zeugte.
Vielleicht war das der Grund, warum die Wygnin sich so verhielten, wie sie es taten. Einen Mann zu bestrafen, indem man ihn ins Gefängnis steckte oder ihm das Leben nahm, schien allzu einfach. Ihm zu nehmen, was er liebte, war weitaus eleganter und schuf eine Lücke, die niemals wieder gefüllt werden konnte.
So, wie Jamal es auf Korsve getan hatte.
Wieder schloss er die Augen und sah die unberührten Ländereien gleich außerhalb der einzigen Stadt der Wygnin. Der Besitz hatte in der Nähe eines Flusses gelegen, der rot von einem Gebirge herabströmte. Blumen wuchsen an seinen Ufern aus einem granitartigen Felsen, der stabiler aussah als alles, was Jamal je gesehen hatte.
Er war spät auf Korsve eingetroffen, und so hatte er die Warnungen nicht gehört. Die Wygnin verstanden das Prinzip des Eigentums nicht vollständig. Oft verkauften sie denselben Besitz immer wieder und ereiferten sich über die Dummheit der Menschen, die glaubten, Land könne verändert werden.
Und bis dahin hatte niemand wirklich begriffen, dass der einzige bewohnte Kontinent auf Korsve mit natürlichen Höhlen und ausgehöhlten Felsen übersät war, die großartige Behausungen abgaben. Die Stadt selbst bestand aus einem natürlich entstandenen Geröllfeld, das gerade so weit modifiziert worden war, dass es den Wygnin möglich war, dort in großer Zahl gemeinsam zu leben.
Die Wygnin stellten durchaus Dinge her, von Fensterglas bis hin zu einer Substanz, die Gestein sehr ähnelte und dazu benutzt wurde, die Felsbehausungen vor dem Wetter zu schützen; aber sie erbauten keine Wohnhäuser und Bürogebäude von Grund auf.
Als sie zum ersten Mal gesehen hatten, wie Menschen so
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